CHEN KOHUA: GEDICHTE 陳克華詩作

Chen Kehua: Gedichte

 

China. Ausstoß und Einnahmen

1) Einsaugen, ausspucken

Einsaugen Himmel und Erde

Sämtliche Reichtümer, Wissen und Macht;

Gefühle, Gedächtnisse, Wunden, Erwartung;

Hoffnungen

Einsaugen

Unablässig

Nachher erst beginnen zu lernen (auf einmal)

Wie man es ausspuckt.

2) Pi-Hsiu

Auf der ganzen Reise seh’ ich zwei schwierige Zeichen

Und hoffe

Dass alle Schoßtiere bei ihnen

Wie dieser teure verehrte Tiergott

Nur fressen, nicht kacken.

3) Tiergarten

Sie schlagen fest an die dicke Scheibe.

Über Zäune und Zäune werfen sie Futter,

Um sie aufzuschrecken,

Jene müden Tiere,

Die liegen wie tot

Als wären sie Vorfahren.

Chen Kehua:

 

Apokalypse

Übersetzt von Martin Winter

 

1. Das letzte El Niño-Jahr

Nach dem Hochwasser kam die Dürre.

Heute morgen ist es sehr still. Still wie im Aug’

Des Taifuns- im Spiegel

Schwillt auf deiner Haut ganz still ein Klumpen. Wie wenn du sagst, besorgt: Anscheinend bin ich krank …

Mit einem Eiswürfel im Mund. Machst einen Kopfstand.

Kostest deinen Urin. Oder die Heilung durch Versenkung –

Im Kopf fährst du zu einem einsamen Wasserfall

Tauchst hinein

Klares Wasser, viele Fische.

Eins, zwei, drei … nicht doppelt zählen!

Ein Schwarm identischer Fische. Du musst alle zählen

“Dann vergisst du, dass du krank bist”, sagen die Fische.

Dann bist du geheilt,

Kehrst zum Festland zurück. Schlüpfst aus den Schuppen,

Häutest dich vollständig, mit diesem Klumpen –

Du schäumst aus dem Mund

Ziehst den Bauch ein

Mit aufgesperrten Feueraugen durchschwimmst du die Luft der Phantasie

Bis zum Zentrum des Bösen im Universum,

Der Sonne. Die ultraviolette Strahlenkanone des Sonnenkonzerns

Vernichtet die Samenpatronen, die Bakterienbrigade in den Arterien

Verstreut in die Erde die Zellen der Schwellungen

Der Biohof der guten weißen Blutkörperchen gegen die Truppen der bösen weißen Blutkörperchen

Ein Vernichtungskampf. Rasend türmen sich Leichen,

Den Leichen entweichen Massen von leuchtendem Phosphor.

Der giftige Phosphor dringt dir ins Bewusstsein ins Unbewusste ins Unterbewusstsein

In alles Bewusstsein …

Und so schwillt dir ein kleiner Klumpen.

Wie ein neugeborener Vulkan

Von asphaltartigem Eiter:

„Sie dürfen weder schwimmen noch ihre Kreditkarte benützen, schon gar nicht unter der Dusche urinieren.“

Du nickst, als fasstest du einen Milleniumsvorsatz.

Wirst nur noch wohnen wo dich die Wogen erreichen,

wo aus dem Ozonloch wie die untergehende Sonne

leuchtend der Atem der Erde entweicht ….

Und das Meer im Hochsommer denk dir

Voller brütender Fischeier, Sperma, versunkener Schiffe

Abwässer, Atommüll, der Ozean

Heute morgen ist das Meer angeschwollen,

Ein Taifun.

Du siehst die kreisende rasende Energie,

Entschlossener als die Evolution, ungeduldiger als der Tod,

Mehr beseelt von Naturkraft als deine Haltung.

Unzerstörbarer als deine Heilung durch Meditation

(Und die Menschheit muss vor der Ankunft

Des Taifuns im leichten violetten Wind abschließen

Alle Überlegungen zum Problem des Lebens ….)

„Es ist entzündet…“, sagt der Arzt ungerührt. Es ist nur ein Hautklumpen

In Form eines heiligen Kindes, ein

El Niño-Phänomen

Das heilige Kind im Bauch der Sonne wird immer kräftiger

Der Sommer auf der Erde wird heißer und heißer

Gott in den Wolken weint, seine Träne verdampft auf halbem Wege

Die Luft kocht wie Wasser

Identische eins zwei drei

Unzählige panische Fische vertrieben

(Auf der Erde erscheint der erste Leichenfleck)

Und deine Haut entzündet sich und verfault.

2009/11/23

1. Komm, ich lehre dich die Liebe

Komm, ich lehre dich die Liebe –

Obwohl du vielleicht mit ihr vertraut bist oder dir ganz

Das Gen dafür fehlt – seit auf der Erde

Der millionste Panda erfolgreich geklont wurde

Und nicht mehr vegetarisch ist

Geht meine Uhr mit Satelliten synchron,

Was dazu führt dass ich auf dem Weg zur Arbeit

Dreimal im Kreis gehe damit ich nicht verfolgt werde –

Ja, in dieser Stunde muss man die Liebe verheimlichen

Oder verkleiden, wie Samen in der Urne des Lamas,

Samen von ausgestorbenen Gingkos, wir graben sie ein auf der Terrasse

Wie Hanf, den man heimlich zieht in der Wohnung,

Er sprießt mit der Zeit, Zweige schwellen nach oben wie fette Blätter,

Grüne Adern bis in den Himmel, ins Zentrum der Erde –

Es ist wahr, wie Metalle nichts spüren von Pflanzen,

Kannst du auch nichts wissen von menschlicher Liebe.

Doch alle Gingkos rund um die Erde hallen wider von einem Zauber,

Und wenn du von Liebe widerhallst

Sprichst du das erste Wort in der Sprache der Klone:

Om…

Deinen Körper spür’, dem Erinnerung an die Gebärmutter fehlt,

Wie ein Planetensystem ohne Stern,

Sanft, paralysiert und zerstreut

Zwischen Rippen des Himmels

Und einer sanftwarmen Scham voll schöner Gräser.

Ich les’ immer wieder, es fehlt ein Zeichen.

Ich bin voreingenommen:

Ich liebe dich.

Konkret und tatsächlich

Wie mein Bedauern:

Dein fehlender Nabel.

Notwendigkeit des Analverkehrs

 

Erwacht aus dem Glanz der Nacht als der Anus aufging,

Entdeckten wir, er war nicht verschlossen.

Gedärm und Gebärmutter sind im selben Raum,

Nur durch eine warme Wand getrennt.

Wir tanzen durch die geöffneten Blüten der Lust,

Rekeln wohlig die Glieder, wir fühlen uns

Als eine völlig neue Art

Vor der Geschichte, vor der Ankunft fataler Ereignisse,

Gar nicht erwähnt in den Unglücksworten aus der Kehle von Freud.

(Wir sind eine ganz neue Art, ausgenommen

Von Armut, Sportverletzungen, Aids.)

Bieten wir unser nacktes Gewissen, unsere nackten Hintern der Inspektion,

Unter einer Lupe können wir sehen

Wie wir zucken wie Ratten und rasen

Vor Freude und Schmerz, das Fell blutgetränkt

wie von Kübeln mit Farbe. Wir –

kann es uns gelingen in den Jahren die uns noch bleiben

die Notwendigkeit des Analverkehrs zu beweisen…

Bevor der Anus versperrt wird, werden wir daheim sein.

Unser Bett kommt direkt ins Grab auf dem Friedhof.

Wieder haben die betrügerischen Tugendverräter

einen glorreichen Tag zu Ende gebracht,

niemand weiß was in den Wunden unter den Nähten

versteckt liegt an verdorbenen Gründen.

Warum sollen wir nicht einfach verbluten?

 (Der Mensch, der angeblich die Tugend verdirbt, hat die Truppe als erster verlassen, wo die Blüten dicht stehen hat er getanzt mit seinem Heiligenschein, wenigstens, wenigstens hat er nicht bewiesen die Unnötigkeit des Analverkehrs…)

Vorstellung des Übersetzers:

3条回应 to “CHEN KOHUA: GEDICHTE 陳克華詩作”

  1. Chen Kohua und Lai Hsiangyin « 中国大好き Says:

    […] https://erguotou.wordpress.com/chen-kohua-gedichte-%E9%99%B3%E5%85%8B%E8%8F%AF%E8%A9%A9%E4%BD%9C/ […]

  2. Taiwan-Dichterlesung in Hamburg « Brennpunkt Taipeh – News aus Taipei, Taiwan Says:

    […] Link: Gedichte mit Übersetzungen […]

  3. drache ade 别龍年 « 中国大好き Says:

    […] dreissiger jahren. vor 49. jetzt gibts in deutschland liao yiwu aus taiwan kamen lai hsiangyin und chen kohua unlaengst nach wien in taiwan ist viel hoffnung da in china ist die luft recht dick der mond ist […]

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