注:2024年留守上苑艺术馆的艺术家:李念奴、詹明昭、石详宇、刘冰凌、韦安、汤军、潇潇、姚丽双、罗应龙、段维国、布木布泰、禾子、赵家漩、李海英、朱鹏飞、孙榕宁、王晓燕、张宗希、芳华、何戚明、道日娜、涂海燕、孟志、行云、维马丁(奥地利)Goran Stakic(塞尔维亚) 、David Brubaker(美国)。
潇潇诗与画作品系列:
潇潇《哀歌》2020年12月布面油画60cmX90cm德语、英语译者: 维马丁 Martin Winter
Xiao Xiao AUF DEN RUINEN
– für die verbliebenen Künstlerinnen und Künstler von 2024 im Shangyuan Art Museum
Hier auf den Ruinen
war eine grosse Ausstellungshalle.
Jedes Jahr hing drinnen ein Universum
aus Bildern, Skulpturen, Gedichten,
aus den Seelen der Menschen.
Unter ohrenbetäubendem Donner im Juni
wurde die Kunst verschluckt und zerstört.
Seit Juli wuchert auf den Ruinen
Tollkraut, giftige Blüten
und in der Nacht Lagerfeuer.
Wir sind im fliegenden Staub geblieben
und stehen hier am 21. Oktober um 3:30 Uhr
auf den Ruinen des Shangyuan Art Museums
und salutieren! Kunst und Poesie,
sie werden so leicht noch nicht sterben.
Oktober 2024
Übersetzt von Martin Winter im Oktober 2024
Die verbliebenen Künstlerinnen und Künstler von 2024:
Li Liannu, Zhan Mingzhao, Shi Xiangyu, Liu Bingling, Wei An, Tang Jun, Xiao Xiao, Yao Lihua, Luo Yinglong, Duan Weiguo, Bumubutai, Hezi, Zhao Jiaxuan, Li Haiying, Zhu Pengfei, Sun Rongning, Wang Xiaoyan, Zhang Zongxi, Fang Hua, He Qiming, Dorina, Tu Haiyan, Meng Zhi, Xing Yun, Martin Winter, Goran Stakic, David Brubaker
Xiao Xiao ON THE RUINS
– for the remaining artists at Shangyuan Art Museum in 2024
Here, on the ruins,
there used to be an exhibition hall.
Every year, the walls inside
were crammed with pictures, sculptures, poetry
from the souls of people,
a small universe.
Come June, this tall building
was swallowed and chewed
in an earsplitting racket
and by July these ruins
were growing with jimsonweed,
poisonous flowers, and fires at night.
We who remain have been breathing dust,
and now we stand here,
on October 21 at 3:30 pm,
on the remains of Shangyuan Art Museum
to salute you! Poetry and art,
here is a name that refuses to die.
Translated by Martin Winter in October 2024
The remaining artists at Shangyuan Art Museum in 2024 are:
Li Liannu, Zhan Mingzhao, Shi Xiangyu, Liu Bingling, Wei An, Tang Jun, Xiao Xiao, Yao Lihua, Luo Yinglong, Duan Weiguo, Bumubutai, Hezi, Zhao Jiaxuan, Li Haiying, Zhu Pengfei, Sun Rongning, Wang Xiaoyan, Zhang Zongxi, Fang Hua, He Qiming, Dorina, Tu Haiyan, Meng Zhi, Xing Yun, Martin Winter, Goran Stakic, David Brubaker
Der offene Brief von der Sprachkunst ist sehr gut. Gestern hab ich ihn gelesen und gedacht, jetzt möcht ich doch etwas schreiben. Vorgestern hab ich mir die Rede das erste Mal herausgesucht, angeschaut, angehört. Sehr, sehr sehr gut. Sehr, sehr wichtig. Selten. Nicht feig, wie er selbst sagt. Das ist in Österreich schon viel.
Er wollte nicht reden, das glaube ich ihm. Weiß nicht, wer das auswählt. Aber wenn er redet, sagt er, macht er es sich nicht einfach. Das glaub ich ihm auch. Österreich hat ein unheilvolles Bedürfnis nach Harmonie. Klingt mir selbst zu pathetisch, wenn ich das sage. Oder ist es auch Kalkül? Es ist vielleicht beides. Sag etwas Positives. Etwas Konstruktives, Aufbauendes. Das hat Köhlmeier dann im Interview auf ORF2 gemacht. Ich glaube schon, dass er glaubt, was er sagt. Er will es tun. Er will Herrn Schrecken beim Wort nehmen. Natürlich, das sollten wir alle, Politiker beim Wort nehmen.
Wenn du es ernst meinst, bin ich bei dir. Sagt Köhlmeier. Ich will dir erst einmal vertrauen, sagt er. Wenn du sagst, die Partei muss sich ändern. Soll ich mir jetzt die Rede von Herrn Schrecken bei diesem Deutschnationalen Ball heraussuchen? Ich mag keine Videos. Ich mag auch keine Podcasts. Youtube ist etwas Tolles, auch etwas Demokratisches, aber ich mag es nicht. Ich mag Musik auf Platten. Kassetten. Filme im Kino. Reden live, ab und zu. Trete gern selber auf. Genommen werden, ausgewählt werden. Wer hat Köhlmeier ausgewählt? Danke! Tausend Dank! Ich könnte nicht sagen, ich vertraue Herrn Schrecken. Ist das eine Schwäche von Köhlmeier, wenn er sagt, dass er vertrauen will? Vielleicht nicht. Es ist nur im Interview. Die Rede war und ist sehr, sehr, sehr wichtig.
Bei Youtube kommt man vom Hundersten ins Tausendste, auch wenn man sagt, Herrn Schrecken hör ich mir sicher nicht freiwillig an. Aber gleich neben der Köhlmeier-Rede ist die von Arik Brauer. Auch schön. Auch sehr persönlich. Wenn er sich erinnert, an das Kriegsende in Wien. Am Flötzersteig. Hinauf zum Steinhof. Schrebergärten, wo sich Arik Brauer versteckt hat. Als sechzehnjähriger Jude. Noch ein Kind, vom Aussehen und von der Stimme. Ein schöner Sopran, sagt er. Sehr, sehr sympathisch. Das ist Österreich. Wien. Diese Sprache. Jüdisch gefärbtes Wienerisch. Selten. Sehr sehr kostbar, unsere Sprache. Es tut weh. Das Erinnern. Es ist sehr schön. Auch dass er gleich sagt, die meisten Leute haben sich nicht befreit gefühlt. Die Frauen. Die Leute in den Trümmern.
Die Demokratie. Ein zartes Pflänzchen. Man passt auf die anderen auf. In Europa. In der EU. Die Ironie, mit der er das sagt, ist auch sehr schön.
Die Einwanderung, sagt er, sei schuld. Am Rechtsruck. Die Einwanderung aus arabischen Ländern, wo so viele Leute die Juden zurück ins Meer werfen wollen. Da fühlt er sich bedroht. Sagt er. Von der Einwanderung. Die Einwanderung sei schuld am Rechtsruck, auch in Polen, Ungarn und so weiter. Das sagt er dann im Interview. Und Ex-Bundespräsident Ernst Fischer sitzt konsterniert dabei. Fischer war Flüchtling, im Zweiten Weltkrieg. Es tut weh. Die Kameras zeigen, wie die Politiker schauen. Das ist sehr gut.
Arik Brauer wird ganz besonders geliebt und bejubelt. Auch von der Regierung. Und Arik Brauer verbeugt sich mehrmals und schüttelt Herrn Schrecken freudig die Hand.
Welche Einwanderung? Es gibt nach wie vor keine Araber in Polen. Oder in Ungarn.
Welche Einwanderung? In Polen gibt es viele ukrainische Gastarbeiter. Stalin hat ja die Ukraine und Polen nach Westen verschoben. Also dort, wo die ukrainischen Gastarbeitern teilweise herkommen, war vorher Polen.
Wandern die Gastarbeiter ein? Manche, wenn sie können. Glaube ich.
Noch einmal, es gibt keine Einwanderung aus arabischen Ländern in Polen, Ungarn, Tschechien, Slowakei. Überhaupt keine. Vielleicht ein paar ganz wenige SyrerInnen, die es doch irgendwie geschaftt haben. Arbeit. Heirat. Wenige. In Polen ganz sicher noch viel weniger als in Ungarn. Geographie.
Warum sagt Arik Brauer so einen Blödsinn?
Soll ich es analysieren? Warum fallen die Leute auf Schrecken herein?
Es ist alles sehr kompliziert. Sagte Sinowatz, sagt Arik Brauer. In der Demokratie, in Europa. Das ist ja das, was so weh tut. Dass er so gut redet. Bis auf den Blödsinn, bis auf den Schrecken.
Jetzt könnte ich aufhören. Warum fällt jemand auf Schrecken herein?
Moslems gibt es mehr als früher. Muslime. In Österreich. Türken. Tschetschenen. Innen. Frauen. Frauen, Männer, Kinder. Viel mehr Muslime als Juden. Dass es beides gibt, Muslime und Juden, in Österreich, ist sehr, sehr wichtig. Musliminnen, Jüdinnen. Identität. Gehört zu uns, seit über hundert Jahren. Seit ewig. Seit immer. Österreich ist Europa.
Unlängst war im Standard ein Kommentar, der an das Arabische im Römischen Reich erinnert hat. Einige Kaiser, aus Syrien und so weiter. Lukian. Etwas bei Lukian. Europa gabs nie ohne Araber.
Harmonie. Hab ich jetzt auch Harmoniebedürfnis?
Moschee und Kasino. Eines meiner besten Gedichte. Chinesisch, ursprünglich. Geschrieben in Malaysia. Handelt auch von Singapur. Da gibt es Fotos. Wie ich Moslem spiele. Sozusagen. Es war sehr schön.
Jetzt hab ich doch sehr viel geschrieben. Kein Gedicht. Einmal. Friede sei mit Euch, mit uns. Amen.