Der Hirte Tashi hat die ganze Nacht nicht geschlafen.
Er muss Kühe und Schafe in den Windschutz bringen.
Auf der Schulter hat er ein großes Lamm,
das nicht weiter kann.
Sein ganzer Körper ist silbrig weiß,
Mütze und Haare sind zusammengefroren.
Der Wind ist so stark,
Tashi taumelt über die eisige Erde.
Bevor es hell wird, ist es am kältesten,
er muss die Tiere in Sicherheit treiben.
In den letzten Jahren in Formularen
wo sie fragen was wir mit uns tragen
da füll ich aus Apple
Meine Frau Samsung
Meine Tochter Xiaomi
Manche Freunde schreiben Huawei
Die Konkurrenz wird immer schärfer
In China und außerhalb
müssen Personalabteilungen
vor diesem Hintergrund überlegen
welche von den erwähnten
in Notsituationen
zuerst den Geist aufgeben
Als Kind hat er Rossknödel gesammelt.
Als Jugendlicher die Schule geschmissen und Holzarbeiter gelernt.
Hat in der Kreisstadt Arbeit gesucht,
mit 24
war er zweifacher Vater.
In den 90ern ist er in den Nordosten arbeiten gegangen.
Im Winter im Zug hat er Zeitschriften
mit Geschichten gelesen.
Er hat mich in der Schule besucht
und mir Shangrao-Hendlhaxen gebracht.
Er hat einmal lange Haare gehabt,
hat Lieder gegrölt.
Die Bücher über den Bürgerkrieg
hat er stehengelassen,
aber jeden Abend Nachrichten geschaut.
Einmal am Abend
hat er ein Ausweisfoto genommen
und zu sich selber gesagt:
Wie bin ich so alt geworden?
Er hat gesagt, er kümmert sich nur, bis ich fertig bin mit der Ausbildung,
aber er hat nie wirklich aufgehört.
Er hat im Dorf ein neues Haus gebaut
und mich gedrängt, bald zu heiraten.
Mit 50 im Kreiskrankenhaus
war er irrsinnig froh, Opa zu sein.
Er hat sogar noch mehr gearbeitet,
damit ich mich draußen einrichten kann.
Mit 53 Leberkrebs, Endstadium,
hat er mich vom Bett ermahnt:
“Kauf keinen zu großen Sarg,
die Träger habens sonst schwer,
bitte nicht weinen…”
Um Mondneujahr, von einem Essen zum nächsten,
fällt mir beim Fahren ein Lied ein, vom Flaschensammeln.
80er Jahre, ich hab eine Armeetasche,
mit Notizbuch, Feder, Zigaretten, Zündhölzer
und eine Kassette von Su Rui.
Das Titellied, vom Flaschensammeln.
Ein paar Jahrzehnte sind vergangen.
In meinem Herzen bleibt ein Bild,
eine alte Frau ist unterwegs, kauft leere Flaschen,
sie hat ein Kind daheim, das auf sie wartet,
das Kind bin ich.
Ich schwing meinen Stift,
hock am Schreibtisch,
blas meinen Chef auf.
Der Neffe bläst die Suona
bei der Hochzeit, beim Begräbnis,
mit vollen Wangen so stark er kann.
Ich sag: “Bläser sein
ist gar nicht so leicht.
Ich blas Kleines groß,
ich blas Schlechtes gut,
ich blas Böses heilig,
bis ganz gute Augen
auf einmal blind werden.”
Der Neffe sagt: “Ah,
Onkel, wenns dus schwer hast,
ich habs sicher schwerer.
Du sitzt in der Stube,
brennst nicht in der Sonne,
spürst keinen Wind,
wirst im Regen nicht nass.
Aber beim frohen oder traurigen Anlass
obs stürmt oder regnet,
ich muss draußen blasen.
Ich bin zwar noch jünger
aber überall zwickts mich.
Einmal in Wuxiang im Tal von den Wangs,
hab in der Nacht bei den Gräbern geblasen,
auf einmal schneits große Flocken.
Mir war so kalt,
ich hab mich ins Grab gezwängt
und hab mich eingerollt bis in der Früh.”
Benben S.K. MENSCH IN DER FLASCHE, MENSCH IN DER TASCHE
Daheim isoliert,
Wohnungstür versiegelt mit Klebestreifen,
Kamera installiert.
Als steckt dich wer in eine Flasche,
macht den Korken zu
und starrt dich an,
24 Stunden.
Es klopft an der Tür,
ich mach auf,
es ist ein Tester mit vielen Taschen behängt,
schwarz und gelb, weiss, grün und lila.
Er sagt er hat 16 Stunden nichts gegessen.
Ich will ihn fragen, ob er Wasser mag,
aber das Wort bleibt mir stecken,
ich schlucks
wieder runter.
Die Leute, die normalerweise
von dem, was passiert, was der Fall ist,
nichts hören,
nichts sehen,
nichts sagen:
In dieser Stunde
tun ihnen allen
die Ohren weh,
die Augen weh,
die Kehlen weh.
Als ob Omikron
sie erinnert,
sie haben
Ohren
und Augen
und Münder.
Man sagt, Omikron
lässt in jedem Haushalt
jemanden mit leichten Symptomen,
um für die anderen zu sorgen.
Aber in vielen Familien
sind das dann halt
dreijährige Kinder.
Die alte Mami ist eine Löwin
und füttert vier Münder.
Papa ist der Älteste,
dann komme ich,
dann meine Schwester,
die jüngste ist meine Tochter.
Sie schnappt sich jede Arbeit
und macht sie zuerst,
bedient alle vier,
wir sind ihre Babies,
die gar nichts tun als aufs Essen warten.
Jetzt gerade
ruft meine Schwester an,
lädt Mami zu sich übers Wochenende ein.
Papa kommt grad von der Nachtschicht,
verdreht die Augen: „Das geht nicht!
Du gehst und was wird aus mir?“
Unter der Sonne stehen,
stehen, stehen wir,
stehen und dann sind wir die Mörder.
Wir schauen einander an,
schauen, schauen
schauen und dann sind wir Polizisten.
Übersetzt von MW am 1. Dezember 2022
Zhang Haoran SEA OF PEOPLE
Standing, standing,
standing, standing under the sun,
standing until we are the murderers.
We are watching each other,
watching, watching
watching until we are the police.
Translated by MW, 12/2/22
Zhang Haoran BEINE
Zehntausende
Beine
fallen
vom Himmel
ganz ohne Ziel,
rennen nach Osten, hasten nach Westen.
Ich schnapp mir zwei,
zieh sie schnell an,
flieh in die U-Bahn.
Übersetzt von MW am 1. Dezember 2022
Zhang Haoran LEGS
Must be ten thousand
legs
falling
from the sky,
running east, speeding west
without any target.
I grab onto two,
put them on fast,
dash to the subway.
Translated by MW, 12/2/22
Zhang Jingcheng SUGGESTION
After National Day
I have something to say
that cannot quite wait.
It’s like this,
please don’t stick
little flags
and little red hearts
on my daughter’s cheeks.
When she gets home,
I have to use soap
to get the sticky stuff
from her face.
Washing it hurts her,
so she cries.
She is too small, only five!
Translated by MW, 12/2/22
Zhang Jingcheng VORSCHLAG
Nach dem Nationalfeiertag
hätt ich einen Vorschlag,
wenn ich nichts sag, werd ich nicht froh.
Es ist so,
bitte klebt meiner Tochter
keine kleinen Fahnen,
keine kleinen roten Herzen
auf ihre Wangen.
Wenn sie heimkommt,
wasch ich mit Seife
die klebrigen Stellen
in ihrem Gesicht,
ihr tut es weh
und sie weint.
Sie ist zu klein, erst fünf.
Übersetzt von MW am 1. Dezember 2022
Ye Zhen 11 FINGERS
My younger cousin finds work in a factory,
the machine twists off her left little finger.
The factory pays eighty thousand.
With those eighty thousand,
her older brother gets enough money to marry.
In the wedding night,
her brother holds the woman he loves,
five fingers on his right hand.
He holds the woman he loves,
five plus one fingers on his left hand.
Translated by MW on Nov. 30, 2022
Yang Li WOLKENSCHLAF
Eine Regennacht.
Kein Tröpfeln,
ein Prasseln!
Ich hör ein altes
Lied voller Sehnsucht,
hör schon sehr lang,
bin ganz verträumt.
Da kommt er am Morgen zurück,
der andere Yang Li.
Was soll das,
fragt er? Ich hör ein Lied, sag ich.
Er schaut sich um,
neigt lauschend den Kopf,
fragt mich, welches Lied?
Ich bin verschreckt, frag ihn,
ob es draußen noch regnet?
Nein. Heute hat es
gar nicht geregnet!
Oh, sag ich, das war
in der Nacht.
Ich habs noch im Sinn,
das Lied aus der Nacht,
es hat mich bewegt,
ich war noch verträumt.
Der Onkel, der liefert,
nimmt den Helm nicht ab.
Er sitzt im Fastfoodrestaurant,
wartet bis der Chef eingepackt hat.
Sein aufgeschlagenes Knie,
die Farbe der Wunde
ist wie das Hackfleisch
in meinem Sandwich,
sieht genau so aus.
Ich kam ins Abriss- und Umzugsbüro,
hab über ein halbes Jahr ausgeholfen.
Hauptaufgabe: “ABREISSEN” hinschreiben,
vom Osten bis zum Westen,
vom Süden bis zum Norden der Stadt.
Eines Tags in der Caijia-Gasse
sollt ich auf ein “Nagelhaus” ABREISSEN schreiben.
Untertags hab ich mich nicht hingetraut.
Im Dunklen schleich ich mich zu dem Haus,
bin grad beim Schreiben,
da kommt ein Wolfshund
aus der Tür geschossen,
bellt wie verrückt
und stürzt sich auf mich.
Ich werf Pinsel und Farbe hin,
renn panisch weg.
Seither war ich oft
in der Caijia-Gasse,
jedesmal hab ich
das Haus noch gesehen.
Das Zeichen, dass ich geschieben hab,
ABREISSEN – aber nein, UNTERBRECHEN – das steht noch dort.
Es fehlt eben der rote Punkt,
der Unterschied zwischen den beiden Zeichen,
der Hund hat den Punkt
zur Hölle gejagt,
er ist noch nicht wieder
auf die Mauer gekommen.
Heut schreib ich, dass Bai Juyi
beschuldigt wurde und degradiert,
und hab das Gefühl,
dass Gedichte da sind,
das ist für den Dichter so,
du streckst vier Beine
hilflos zum Himmel,
doch wenigstens greifst du nicht in die Leere.
Keine Alten da,
nur Vorfahren halt.
Kannst klettern gehen,
in Wind und Regen?
Na, heut vielleicht nicht.
4. Oktober 2022
Übersetzt von MW am 5. Oktober 2022
《今又重阳》
伊沙
无老可敬
但可祭祖
可以登高
风大雨疾
那就免了
2022.10.4
Yi Sha TRAUM 1999
Im wirklichen Leben
hab ich sicher nicht
die Geduld.
Aber im Traum
hab ichs gemacht.
Auf einem Nachtmarkt,
ein Stand,
ein Stand,
einen nach dem anderen anschauen.
Am Ende auswählen,
ein Teller gebratener Reis mit Ei,
eine Schüssel Reissuppe.
Sie kommt nach Deutschland.
Zuerst reißt sie sich Kopftuch und Mantel herunter.
Dann will sie die Scheidung.
Sobald ihr Mann Siamak
ihr oder dem Kind
zu nahe kommt,
ruft sie die Polizei.
Als Drittes geht sie zur Schule.
Ich hab sie dort kennengelernt.
Sie ist schöner als alle, Lippenstift,
Lidschatten, Nagellack, alle Farben.
Siamak kann sie noch heimlich Hure schimpfen.
Aber er ist sehr bald nur der Ex.
Dann war ich in Fulda
und bin ihr begegnet,
mit Baby im Bauch.
Sie erzählt mir von ihrem Neuen,
er ist Franzose,
ein Koch.
Gestern frag ich per Message wie es ihr geht.
Sie antwortet erst am Abend: “Sehr gut, wann kommst du mich besuchen?”
Farsana,
Farsana, geflohen aus dem Iran,
Farsana, meine Mitschülerin,
Farsana, die Kurdin,
Farsana mit hohem gekräuseltem Haar
ist jetzt am Schalter bei MaxMara.
Wenn ich nach Frankfurt komm,
geh ich sicher zu ihr,
gleich bei der Katharinenkirche.
Half a year ago
when the trumpets sounded,
someone asked me,
then no-one asked anymore.
Now these few days
things have changed quite a bit.
Today in the canteen
someone asked me
that same old question.
I said I stand
on the side of justice.
He started to laugh,
as if I was making
a joke.
Actually when
you’re shoveling rice,
spitting out “justice”,
how could it sound real?
Ich hab als Reporterin
eine biopharmazeutische Fabrik besucht.
Der Direktor kam aus Dänemark,
er hat bemerkt, dass an der großen Glastür
immer wieder Vögel dagegen flogen,
dann waren sie tot oder verwundet.
Das Glas hat den Himmel gespiegelt,
die Vögel haben das für echt gehalten.
Sie haben sich von hoch oben hineingestürzt,
es war praktisch Selbstmord.
Er bat sämtliche Mitarbeiter um Hilfe,
alle dachten nach, und am Ende
hat man zwei täuschend echte Bilder
von Adlern auf die Glastore geklebt.
“Seither hat kein Vogel mehr mit dem Kopf
oder mit dem Körper das Glas angegriffen.”
Mutter hatte schütteres Haar.
Bei der Feldarbeit
trug sie das ganze Jahr
ein weißes Kopftuch.
“Weißes Tuch,
weißes Tuch,
im Sommer gegen die Sonne,
im Winter gegen den Frost,
an klaren Tagen gegen den Staub,
und im Regen wird es ein Schirm.”
Das hat mir Mutter
vorgesungen
als ich klein war.
Am Krematorium
hab ich Mutter
ein rotes Kopftuch gebunden.
Als junger Mann hab ich von berühmten Leuten gelesen.
Hätte nie gedacht, dass ich selbst
mich abrackere fast das ganze Leben
nur für diese
paar Dutzend Quadratmeter Schneckenhaus.
Pasta gegessen, Zeit für die Rechnung.
Die kleine Tochter der Wirtin
malt etwas in ihr Aufgabenheft.
Ich neck die junge Dame:
“Du hilfst deiner Mama schon mit der Rechnung!”
Die Wirtin wischt sich den Schweiß ab und lacht.
“Ich glaub, wenn sie mit Yuan rechnen kann,
dann kann sie helfen.”
Ich nehm das Heft,
da steht ganz schief:
9 jiao + 5 jiao
9 jiao + 5 jiao = 14 jiao
[90 Cent + 50 Cent = 140 Cent]
Oben ohne
knallt Tante Zhi ihren Nudelteig.
Ihre flachen trockenen Hängebrüste
schaukeln und schlenkern,
manchmal nehmen sie ihr die Sicht. Sie flippt die Brüste auf ihre Schulter, knetet und zieht,
dann fallen sie wieder herunter.
Vom Radio schallt
Ma Jinfeng in der Henan-Oper Hua Mulan
durch die klebrige Luft.
Tante Zhis Pobacken krachen gewaltig im Takt.
Mein Papa nimmt meine
zwei frischen Ausweise,
Elektriker
und Freileitungsmonteur.
Er neckt mich,
unser Dichter
spielt also nicht nur mit Strom,
er klettert auf den Strommast!
Ich geb zurück,
ein Dichter muss mit dem Strom spielen,
mit dem Strom der Sprache,
mit dem Strom der Poesie.
Ich leg die Schalter um,
Reihenschaltung, Parallelschaltung.
Ich lass die Seele klettern,
den Strommast hinauf,
ein bisschen höher,
noch ein bisschen höher,
dann mit den Eisenschuhen
ganz in Ruhe hinunter.
“Es ist Zeit,
fang an mit den Nadeln!”
“Bin gleich fertig mit dem Spiel.”
“Verdammter Arsch,
was ist wichtig, dein Spiel oder ich?”
Der Patient mit den Schulterschmerzen
schimpft und pudelt sich auf,
aber ich habs überhaupt nicht eilig.
Es ist Sonntag daheim,
er ist mein Vater.
sein berufsleben geht wirklich
mit online-unterrichtet
zu ende er hat nicht erwartet dass
jemand anmerkt hab viel gelernt danke herr professor
hoffe nächstes semester hab ich sie wieder
er weiß nicht wie ernst das gemeint ist
sagt auch nicht im juli geht er in pension
er schickt nur ein emoji mit fäuste zusammen, gruß nach dem kampf oder so,
das kann man so und so interpretieren
Mein Vater kommt aus einer armen Familie,
es gibt kein Kinderfoto von ihm.
Erst von der Arbeit
kommt ein Schwarzweiß-Bild.
Als er in Pension ging,
hat er ein strahlendes Farb-Foto geschossen.
Voriges Jahr hab ich dieses Foto genommen,
daraus ein Schwarzweiß-Bild gemacht,
für sein Grab.
Am Totentag zum Grab,
Opfergaben hingestellt,
aber da war ein Haufen Totengeld,
was sollen wir machen?
Anzünden –
und wenn wir erwischt werden?
Nicht anzünden –
und die Vorfahren enttäuschen.
Mein großer Bruder, Schwerarbeiter,
sagt, eure Jobs gefährden wir nicht,
ich zünd es an.
Auf dem Rückweg
hat mein großer Bruder, der sonst wenig sagt,
den ganzen Weg geredet.
Als erfahrene Therapeutin
hat sie damit vielen geholfen.
Liebeskranken,
Schulversagern,
Alleinerziehenden,
Taxifahrern,
Leitenden Managern,
Streunern…
Sie hat auch durch Hypnose
jemanden, der wegen eines Fehlers
für immer die Augen geschlossen hatte,
lebendig gemacht.
der geheimnisvollste ort in der stadt
ist unter den kanaldeckellöchern.
da schau ich in die unterwelt,
seh überhaupt nichts
und glaub umso eher
dass da unten was lebt.
wenn ich es anschau,
werd ich auch angeschaut.
endlich kommt der tag,
der deckel geht auf,
da stehen zwei
menschliche gestalten
mit helmen.
die augen, die nasen, die hände, die kleider,
alles pechschwarz.
ich weiß,
das sind ureinwohner
von unten,
vertreter der unterwelt,
mit leuten von oben durch heirat verbunden.
also jemandes sohn,
jemandes ehemann,
jemandes vater.
Zu Neujahr spazier ich am Ufer des Ting.
Ein paar alte Junge Intellektuelle
erzählen von der Landverschickung.
Wo sie gewohnt haben auf dem Land,
der Hausherr war Haus Ost,
die Hausfrau haben sie Haus West genannt.
Zuerst war das für mich sehr neu.
Am nächsten Tag im Yancheng-Gebäude
kauf ich ein Buch mit Geschichten von solchen Leuten,
es heißt “Der Taiba-Walzer”.
Die erste Geschichte ist von Shu Ting,
genau über Haus-Ost und Haus-West.
Ich habs auf dem Weg ein paarmal gelesen
und für mich geschmunzelt und geseufzt.
Die jungen Verschickten waren sehr weise.
Ost-West, das heißt Ding, alle Dinge:
Essen, Trinken, Frauen, Männer
unter einem Haus.
Übersetzt von MW am 1. April 2022
Anmerkung: In der Kulturrevolution wurden ‘junge Intellektuelle’ oder “gebildete Jugendliche” (“zhiqing”) in Massen aus den Staedten in entlegene Gebiete aufs Land verschickt, um dort zu arbeiten. Hausherr, Vermieter oder Vermieterin heißt auf Chinesisch Fang-dong, wörtlich Haus-Ost (der Hausherr wohnte im Osten des Hofes).
Dong-xi, wörtlich Ost-West, ist ‘Ding’ oder ‘Dinge’.
Während der Pandemie
hab ich von Kolleginnen und Kollegen
eine Scheibe Brot bekommen,
eine halbe Mandarine,
einen verschrumpelten Apfel.
Eier von meiner Nachbarin Lao G.
Bilder von Kindern im Hof.
Handwärmer von Fremden.
Bücher von weit entfernten Freunden.
Deng’s Corona-Kräuter von Landsleuten im Süden.
Sellerie, Rettich und Koriander von der Regierung.
Und auf dem Heimweg um Mitternacht auf der Straße,
von einem aufmerksamen Polizisten
einen Salut.
damals hat es mich überrascht,
erst viele jahre später
hab ich die bewegung kapiert.
er raucht nicht,
hat aber immer ein feuerzeug in der hand,
um einem chef
die zigarette anzuzünden.
Reis
senkt wie Mutter den Kopf
Mutter
beugt sich hinunter wie Reis
Mutter
schneidet den Reis mit der Sichel
Reis
schneidet mit Halmen Mutter ins Gesicht
Ich sag ihm ich fühl mich nicht gut.
Er sagt, der Mensch isst Körner und Bohnen, jeder wird einmal krank.
Nachher sag ichs ihm nicht mehr.
Ich sag ihm, im Büro hat es jemand auf mich abgesehen.
Er sagt, fang bei dir selber an.
Nachher sag ichs ihm nicht mehr, wenn was passiert.
Nachher klagt meine Mama, sie fühlt sich nicht gut.
Ich sag, Menschen essen Körner und Bohnen, jeder wird einmal krank.
Meine Mama sagt mir nichts mehr.
Nachher sagt mir meine kleine Schwester, sie wird in ihrer Ehe gekränkt.
Ich sag, du musst bei dir selbst beginnen.
Meine Schwester sagt mir nichts mehr.
Enttäuscht sein, Verzweiflung lassen mich spüren,
dass sie von mir enttäuscht und verzweifelt sind.
Aber ich kann nichts machen, es wird halt nicht wärmer.
Vor vielen Jahren in Bangkok
hab ich in einer Autowaschanlage gejobbt,
und ein dunkelhäutiger Kollege, alt wie ein Stein, hat mir gesagt:
Poetische Künste bedenken,
das ist etwas für Studenten
der Humanwissenschaften,
das hat mit uns nichts zu tun,
wir sind draußen vorm Tor.
Ich hab stumm zugestimmt.
Nachher
schnaubt neben mir der alte Esel,
vor mir ist der Nebel sieben Jahre später.
Hinter den sieben Bergen, den ganzen Tag
im grauen Regen, unterm Blech
alle möglichen Körner und Bohnen
ins Dunkle schütten,
in die endlosen Mahlsteine,
wie unter wütende Kriegselefanten.
Und so
press ich mich den ganzen Tag aus,
möglichst ruhig sein innen beim Füttern der dunklen Elefanten:
Dann wird mir die Kunst
die rollenden Mahlsteine
mehr und mehr vertraut,
der Saft
von den Mandeln ist endlich
so bitter und taub wie der Mond.
wenn er nicht mehr arbeiten kann
setzt er sich auf seinen
elektrokarren zum schweineverkaufen
fährt durchs ganze land über berge und täler
verkehrt mit den besten der poesiewelt
er bringt seinen gedichtband
abgezogen in
der volksschule des dorfes
Ich geh selten zur Firma,
heute ruft mich die Gruppe,
ich komm halt vorbei.
Im Hof kenn ich die Bäume,
nicken mir die ganze Zeit zu.
Im Büro kenn ich die Pflanzen,
die lächeln mich die ganze Zeit an.
Die Leute, die ich kenne,
sind mir fremd.
Der Hocker, auf dem ich gesessen bin,
mag mich nicht mehr,
hat mir die Knie verletzt,
großer blauer Fleck!
Einer kommt eine Anzeige machen,
er hat etwas verloren.
Was hat er verloren, fragt der Polizist.
Er sagt, er hat Flaschen verloren,
Alkohol und Getränke, weit über 100.
Und er hat eine Spur!
Es waren Kollegen, die haben sie gestohlen!
Das war ein ganzer Arbeitstag!
Der Polizist sagt müde:
Ihr Müllsammler müsst schon selbst
auf eure gesammelten Sachen aufpassen.
Wenn du weggehst,
glauben die anderen, du willst es nicht mehr.
Da können wir wirklich nichts machen.
Der Müllsammler dreht sich stumm um
und geht grimmig weg.
Mit einem Kollegen im Chat über Arbeit,
er schickt einen Satz,
zieht sofort zurück.
Schickt eine Zeile,
zieht sofort zurück.
Ich kann nur den Schirm anstarren.
Trau mich gar nicht, den Kopf zu heben,
sonst versäum ich gleich was,
und wenn ich antworte,
wird das ein Stierkopf mit Pferdemaul.
Am Ende ist auf meinem Handy
außer seiner Reihe von
“Nachricht zurückgenommen”
nur was ich gesagt hab, der ganze Schirm.
Jedesmal nur
Solo-Kabarett.
vor 20 jahren
war ich im dorf einigkeit angestellt
einmal gehen vizebürgermeister wu und ich
zur kreisverwaltung
er geht in der früh auf den kreisvorstand warten
ich wart unten auf ihn
zu mittag gegen dienstende
kommt er erst heraus
er hält sich die ganze zeit sein gesicht
ich geh schnell zu ihm
frag ihn was los ist
er sagt der kreisvorstand
liebt witze erzählen
wenn man was von ihm will
viele witze sind gar nicht lustig
aber du musst mitlachen
da waren noch zwei die was von ihm wollten
wir drei haben um die wette
aus vollem hals gelacht
den halben tag gelacht
bis uns das gesicht geschwollen ist
heute
ist vizebürgermeister wu
zum vizekreisvorstand geworden
nach einem halben leben lachen
sind seine wangen glänzend und dick
Vater war Armeearzt.
Er war in Hebei stationiert,
in der alten Stadt Xingtai.
Nur wenn er Urlaub hatte,
kam er zu Mutter zurück nach Beijing.
Ich war drei,
wir wohnten in der Qianmao Hutong,
Xinjiekou.
Meine Mutter war im Xiehe-Spital,
sie hatte meine Schwester geboren.
Vater ging sie mit mir zusammen besuchen.
Wir nehmen den Bus,
auf einmal drückt er
ganz fest meine Hand.
Die ganze Fahrt ist er bedrückt,
er ist mir sowieso fremd.
Und dieses finstere Gesicht.
Im Spital sehen wir Mama,
die ganze Bedrückung muss jetzt heraus,
ich fang laut an zu heulen.
Mama weiss, Papa weint mit,
weil sie mir
keinen kleinen Bruder geboren hat.
ich krieg den anruf,
hab mich noch nicht gemeldet,
da unterbricht sie mich schon:
bruder, du kriegst kein kindermädchen,
du kriegst keine frau auf dem land.
weißt du wie alt mein sohn ist,
er ist 29,
hat noch keine freundin.
nicht dass er nichts besonderes wär,
nicht, dass es daheim nicht so gut wär,
es gibt einfach keine frau
auf dem land.
auch eine wie ich in meinem alter
kommt nur zum frühlingsfest für ein paar tage
und ist dann wieder weg.
so eine alte mama
kann ich ihn auf jeden fall nicht
suchen lassen.
Heuer regnet es viel,
die Dachrinne im zweiten Stock ist verstopft,
ein großer nasser Fleck auf der Mauer.
Der Mann regt sich auf,
Er findet keinen für die Reparatur,
niemand kommt für diese Lappalie.
Die Frau sagt, mach es doch selbst!
Der Mann sagt, der Giebel ist hoch und eng,
ich kann dort nicht stehen.
Die Frau sagt, ich geh schon! Ich bin dünn.
Auf dem Dach sind ein paar Ziegel kaputt, die gehören ersetzt.
Der Mann sagt, da mach ich noch gute Ziegel kaputt.
Die Frau sagt, ich geh! Ich bin dünn und leicht.
Ein Freund lädt zur Hochzeit, man trifft sich davor für Geschenke.
Der Mann hält die Einladung und sagt,
ich geh! Du bist dünn, du isst ja so wenig!
San Pang war ein Schafhirt.
San heisst drei, das dritte Kind.
Pang heisst dick, er war sehr dick.
Er schlief beim Stall und trieb die Schafe aus für seinen Bruder.
Jeden Tag in der Früh aß er eine Schale Reissuppe und fünf Maisbrötchen.
Zu Mittag auf dem Berg bei den Schafen auch fünf Brötchen mit Quellwasser.
Am Abend bekam er von der Schwägerin nur Reissuppe, wenn er nicht zu müde war.
Aber San Pang war dick.
Ich hab gehört, er hat auf dem Berg die Milch von Mutterschafen getrunken.
Übersetzt von MW im September 2021
Miao Xiaomi, eigentl. Li Xiaoyan, geb. 1976 in der Provinz Shanxi. Schreibt erst seit kurzem Gedichte in Alltagssprache, publiziert in Zeitschriften. 《新诗典》小档案:喵小咪,山西人,本名李小艳,1976年生,2021年开始接触口语诗。有诗作发表在报刊杂志及《诗快报》、《大山选诗》、《诗快递》《当代文艺》等网络媒体。
Vorher hat er weiße Hemden verlangt.
Jetzt sitzt er links von mir,
er ist der Vizedirektor,
aber er trägt ein graues Hemd.
Nach der Sitzung beim Plaudern frag ich,
warum er Grau trägt.
Er sagt, denk daran,
unser Direktor hat sicher ein weißes Hemd an.
Ich sitz neben ihm
und trag grau,
dann ist er schön weiß.
in seinem Bergwerk
gibt es die Frau von einem Bergarbeiter,
die ist arroganter als er selber.
Am Mahjong-Tisch
stellt sie die Steine auf,
“Was? Ich Alte kann mir nicht leisten,
50 Yuan zu setzen?
Mein Mann fährt hinunter, an einem Tag
bringt er 300 Yuan heim.
Wenn er zum Hundsfott nicht zurück kommt
krieg ich in spätestens drei Tagen
600.000 Yuan Entschädigung
auf die Hand!”
meine mutter hat uns mit einem obststand durchgebracht.
sie sagt mir nichts, zeigt mir nur,
wie sie mit dem blitzenden messer
schlechte und faule stellen, narben
rausschneidet,
das süße fruchtfleisch freilegt.
1998 war ich im Filmstudio Peking Statist,
es war große Oper.
Zwei Tage, zwei Nächte,
dreitausend Statisten mit dem Rücken zur Kamera
klettern auf den Berg des Glücks.
Im Millieniumsjahr,
auf einmal ein Anruf von meiner Mama:
Sohn, ich hab dich im Fernsehen gesehen!
Mama, wie hast Du meinen Hinterkopf rauserkannt?
Ich bin deine Mama,
deinen Quadratschädel kenn ich auch unter
drei Millionen Hinterköpfen!
Übersetzt von MW im August 2021
Liu Buwei, geb. 1969 in Anshan, Provinz Liaoning. Lebt in Hohhot.《新诗典》小档案:刘不伟,本名刘伟,诗人,1969年出生于辽宁鞍山,祖籍辽宁辽阳,现居呼和浩特。
diese paar strassen
die bin ich viele jahre gegangen
da sind viele fussspuren
von mir.
in diesen tagen
werden die bauarbeiter
die strassen teeren
und meine spuren
sind bald asphaltiert.
11. 6. 2021
Uebersetzt von MW im August 2021
Lan Feng, geb. in den 1970er Jahren in Xiangyang, Provinz Hubei. Hat zwei Gedichtbände publiziert. 蓝风,70后,湖北襄阳人,著有诗集《彼岸》《俗世的光芒》
Die Schauspieler sind längst gegangen.
Die Produzenten sind längst gegangen.
Die Kameraleute sind längst gegangen.
Die bildende Kunst ist längst gegangen.
Die Cutter sind weg.
Die Beleuchtung ist weg.
Die Special Effects sind gegangen.
Die Musik ist grad weg,
der Sound Engineer am Mischpult
wird grad verabschiedet.
Als Letzter
kriech ich lahm zur Leinwand
und geb ihr mühsam
für jeden Film
einen von Rotz und Tränen verschmierten
einsamen Kuss.
Ich, jetzt, sechs in der Früh, beweg mich im Wasser wie eine Welle.
Davor hat sich mein Wagen bewegt wie eine Welle auf der leeren Straße.
Danach bewegt sich meine Figur wie eine Welle im Büro, im Sitzungsraum, Akten, Bestätigungen, Handybildschirm, Computerschirm, Anzeigeschirm…
Dazwischen nach dem Mittagessen am Fluss, Gras, Laub, Schiffe, Frachter, Tuten, Vogelrufe, Möwen, Klappbrücke, die Brücke nach Anzang in Bau, das Zittern im Wasser unter den Pfeilern, deine Augen starren auf die Striche im Wasser, Wellenbewegungen…
Ganz davor schwimm ich wie eine Kaulquappe, mach Wellen in Mamas Bauch.
Ganz danach beweg ich mich in Wellen in der durchsichtigen Luft.
Ich war das erste Mal bei der Arbeitsstelle von meinem Mann bei einem Symposion. Wollt einen guten Eindruck machen, hab geschwankt zwischen vielen Sachen zum Anziehen, dann etwas gewählt, ich glaub, attraktiv und seriös. Dann wieder daheim beim Ausziehen seh ich, unter der leicht durchsichtigen Bluse trag ich zwei BH, schwarz und weiß. In der Hitze in dieser Sitzung den ganzen Nachmittag hab ich gar nichts gemerkt.
Bevor sie gewählt wurde
hab ich sie gefragt, erinnerst du dich
wie vielen Patienten hast du von deinem eigenen Geld Essen gekauft
wie viele Feiertage hast du im Krankenhaus verbracht
wie oft haben sie dich in der Nacht zurück gerufen
wie oft hast du auf dem Weg in den Urlaub
auf dem Weg zum Familientreffen
den Anruf gekriegt, dass du sofort zurück musst
Sie hat nicht überlegt,
nur scharf gesagt
wenn ich satt bin
was soll ich mich erinnern
ich hab gelacht,
du weißt sicher nur dass dein ex-freund
angst gehabt hat dich zu küssen
du hast ihn beatmet wie einen notfall
Sie sagt
das geht noch
ich war selber schuld, war zu jung
in meinem kopf waren lauter patienten
wenn ich von einem mann sein ding gesehen hab
hab ich gedacht er kann nicht pissen
ich muss einen katheder legen
Auf der Staudammbaustelle
sagt der Chefkoch,
wenn ich ihm eine Armeekappe
borge,
dann trägt er für mich jeden Tag
zehn Punkte ein für volle Arbeit.
Die Versuchung war zu groß.
Ich konnt nicht widerstehen,
mein Onkel hat Verwandte besucht
und hat seine Kappe dagelassen,
die hab ich hergeborgt.
Und so
hab ich die ganzen Sommerferien
mit einer Armeekappe
mühelos geerntet,
ohne zu säen.
Ein Freund arbeitet in der Akademie für Chinesische Medizin,
das ist wo Tu Youyou
arbeitet.
Ich bitt meinen Freund wenn er sie trifft,
dass er mir ein Autogramm verschafft.
Aber über ein Jahr ist vergangen
und er hat sie nicht getroffen.
Ich hab gesagt, vielleicht hast du sie gesehen,
nur nicht erkannt.
Mein Freund sagt, unmöglich!
Wenn sie jemand im Lift trifft,
egal wer,
der verbeugt sich vor ihr.
Es ist kein Tag zum Gräberbesuch,
am Friedhof sind nicht viele lebende Leute.
Niemand kommt wie ich mit leeren Händen,
hebt ein Gingkoblatt vom Boden auf
um eines Freundes zu gedenken.
Auf dem Grabstein ist sein Foto eingefasst,
da ist Zhang Baji in besten Jahren.
Baji war technisch auf höchstem Niveau.
Gib ihm ein Bruchstück von einem Zahnrad,
er findet ein neues, das passt.
Was nützt ihm das, gar nichts.
Tüchtige, untüchtige, alle hat man nach Haus geschickt,
die Fabrik geschlossen,
den Boden verscherbelt.
Essen, essen, schlafen, schlafen noch ein paar Jahre,
dann ist er hier eingezogen.
Zhang Baji,
du lebst jetzt drinnen in meiner Brust.
Eher links, nu, hier.
Ich verstreu ein paar Gingkoblätter,
zum Beispiel als Schild, dort oben
steht nämlich gar nichts.
Auf den Steinen sind nur große Namen.
Vielleicht hat sie ihren ein paar Mal verwendet,
ich weiß nur, alle nannten sie Fähige Zhou,
eine fähige Hand, ihre Füße waren entscheidend,
acht Stunden war sie auf ihren Füßen,
Webstühle kontrollieren, wer weiß wieviele Schritte sie geht
in ihrem Leben, wieviele Enden sie zusammendreht.
Das Große Shanghai braucht keine Baumwollfabriken mehr,
Webstühle zerbrochen,
Fabriken abgerissen.
Sie kehrt zurück ins Neue Baumwolldorf,
geht gar nicht mehr vor die Tür.
Auf dem Foto, ein armes Kindergesicht,
zwinkert und lacht.
Zhou Nengshou, fähige Zhou,
du lebst jetzt in meinen Rippen.
Rechte Seite, nu, hier.
Ich verstreu ein paar Gingkoblätter.
Kein einziges Zeichen bleibt über dich.
Was soll ich dir sagen!
Alles wär nicht genug.
Noch jemand, ein trotziges Gesicht.
Xiao Jiangbei von der Schiffswerft,
er baut auf dem Ofen ein hohes Gerüst,
ein Ruck mit der Zange, glühend rote Nieten
fahren zischend in Stahlplatten und in die kleinen Löcher am Kiel,
dann schwingt der große Hammer gleich nach.
Diese Arbeit, die gibt es nicht mehr.
Xiao Jiangbei, das war seine Spezialität,
Umschulung zahlt sich auch nicht mehr aus,
Wanderarbeiter sind billiger.
Er kann nur daheim mit zwei Walnüssen spielen,
im Traum schlägt und tritt er noch.
Xiao Jiangbei,
du wohnst jetzt in meinem Kopf auf der linken Seite,
nu, hier.
Die andere Seite bleibt für den ältesten Wang.
Er war der beste Maurer unter dem Himmel.
Die jetzigen Hochhäuser, warum
sind das nur lauter Glaspaläste?
Richtige Mauern und Fassaden,
die kriegen sie gar nicht mehr zusammen.
Zum Beispiel die Häuser am Bund in Shanghai,
die kriegen sie nicht mehr zusammen.
Tüchtige Maurer, gibts nicht mehr.
Wang Laoda ist nicht mehr da.
Du hast dich gemeldet beim Krematorium
jetzt lebst du in meiner rechten Kopfhälfte,
nu, hier.
Lauter Gingkoblätter, ein goldener Boden.
Wenn der Wind kommt, werdens gleich komische Zeichen.
Zurückgestellt, in Reserve, abgebaut,
potentielle Arbeitskraft, wieder einzugliedern, Plan 4050:
Frauen ab 40, Männer ab 50,
in Rente gehen, von der Wirtschaft in die Gesellschaft,
sozalisierte Menschen, ehrenwerte verdammte Gesellschaft,
früher hieß das Kandidaten fürs Arbeitslager.
Einen Ausdruck hasse ich am meisten,
das heißt, gesunden Leuten die Hand abhacken.
Warum hackst du nicht einfach deine eigene Hand ab,
was machst du mit meiner Hand?
Zhang Baji,
Zhou Nengshou,
Xiao Jiangbei,
Staub zu Staub,
Erde zu Erde.
Sie wohnen alle in meinem Körper,
in meinen Knochen,
im Blut,
in meinem Atem.
Mein Körper ist jetzt ihr Grab.
Sie können nichts sagen,
aber ich darf nicht schimpfen?
Eine Handvoll Gingkoblätter,
der Freunde gedenken.
Es ist kein Tag zum Gräberbesuch,
am Friedhof sind nicht viele lebende Leute.
Niemand kommt wie ich, mit leeren Händen,
greift in die Luft, als wollt er jemanden würgen.
AUF WIEDERSEHEN – 唐欣 Tang Xin
6月 17, 2022Tang Xin
AUF WIEDERSEHEN
sein berufsleben geht wirklich
mit online-unterrichtet
zu ende er hat nicht erwartet dass
jemand anmerkt hab viel gelernt danke herr professor
hoffe nächstes semester hab ich sie wieder
er weiß nicht wie ernst das gemeint ist
sagt auch nicht im juli geht er in pension
er schickt nur ein emoji mit fäuste zusammen, gruß nach dem kampf oder so,
das kann man so und so interpretieren
Mai 2022
Übersetzt von MW im Juni 2022
伊沙推荐:不知道此轮唐欣提供的照片是否他的光荣退休照,我只是作为同行算他正在站最后一班岗上最后半月课,本诗是他向他的学生他的学校他的职业生涯的告别辞,看起来什么都没说,又什么都说了,祝贺唐老师平安到站功德圆满!这一轮推荐和一个半月亚军就是《新诗典》为你举行的欢送会:从此祖国的教育事业不需要你了,但文学事业更需要你!
况禹点评《新诗典》唐欣《同学们再见》:老唐退休,又一个好老师告别讲席了。这是学生之憾,也是教育之憾,但对诗人,或许倒是复归健康和大自由的一个契机。本诗一如既往地克制,再次显示出了“唐氏口语”节制、意蕴无限的魅力。
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