Es wird dunkel,
Kraut zieht in der Schüssel,
die Küche ist still.
Licht kommt auf die Erde, still.
Ein Prophet auf langem Weg, still.
Er sagt mir,
nach dieser Tasse Tee
soll ich Nachtmahl kochen.
Obwohl ich hoffe
dass sie nie gebraucht werden
bin ich doch in den Papierladen
bei unserem Tor gegangen
und hab mir fünf Pfeifchen gekauft.
Ich bewahr sie
im Auto, in meiner Tasche und daheim auf.
Wenn ich von Strom und Information abgeschnitten bin
und immer weniger
Sicherheit spüre
dann kann ich jederzeit nach der Außenwelt
pfeifen.
Komischerweise
hab ich an dem Abend
zum ersten Mal wieder gut geschlafen.
Die Fahrt ist zu schnell, die Sonne geht auch zu schnell unter. Wenn ich auf den Schnappschuss im Handy schau, wieso kommt mir vor, ich hab eine Sonne gerettet, die hat alles zu ernst genommen.
18. November 2020 Übersetzt von MW im Dezember 2020
Die kleine Maus liegt im Teller verpackt,
der Gast nimmt glühende eiserne Stäbchen
und pickt die Maus auf.
Quiek!
Ein schriller Schrei, die Haut ist verbrannt.
Die Maus wird in die Soße getunkt.
Quiek!
Ein Schrei aus Überraschung und Angst.
Der Gast steckt die Maus in den Mund.
Quiek!
Ein verzweifelter Schrei.
Die ganze Szene,
wie wenn ich selber
verbrüht werd,
in Soße getunkt
und zerkaut.
Ich bin schon gewöhnt an Mamas rechter Hand spazieren zu gehen. Einmal hast Du mich an Deine linke Hand genommen. Es hat sich angefühlt wie verkehrte Schuhe, unangenehm.
In Wien liebt man das Bier wie in Deutschland so sehr wie das Leben und zwar bei jeder Mahlzeit. Zehn Tage in Wien, österreichisches Bier ein bisschen Heineken dazu, ein Dutzend verschiedene Marken; Durst ausgelebt, mehr als genug.
Auf der Rückreise mit China Southerm gibt es auch Bier im Flugzeug, aber nur eine Marke: „Snowbeer – Globe Trekker“ Der Geschmack, eine alte Geschichte, beim Gefühl im Mund fehlt noch sehr viel.
Im Vergleich zum Mundschutz hab ich die Infrarot-Messpistole zuerst akzeptiert. Schon beim ersten Mal der Pistole gegenüber hab ich gar nichts gespürt. Als wär ichs gewöhnt, als hätt man mir eh die ganze Zeit die Pistole vorgehalten.
Alcohol disinfectant, 75% Thermometer Facemask hangs by the entrance, ready for re-use Steamed bread, failed three times Fresh flowers from Yunnan, bought online from Taobo Cat hairs in the rug, always Unwashed dishes, several days 50 installments of a trite soap opera Uncontrolled feelings Three o’clock in the morning, tears on my pillow Six lamps turned on together News of people who died News of people waiting to die News of people dying in vain More and more in this apartment A kind of gloom I never felt before A heavy heart A heavy heart like in Du Fu (Ballad of Army Wagons) Spring rain outside, unceasing cold „Dark skies, rain wails and wails“ Layer on layer They weigh on my chest.
I have something as old as the earth,
as old as the stars.
you feel it when you feel god,
or when you miss
him or her.
some time or other
someone called it poetry.
take two in the morning,
whenever you have one.
Wenn sich der Zug in Bewegung setzt
zittert er immer.
Wenn er zittert
schaudern viele Leute mit.
Aber mein einziger Schauder
kommt von einem
mageren dunklen Mädchen
das seinen kleinen Bruder hält
wie eine Mutter
Vater und meine zwei Onkel,
meine zwei Cousins von den zwei Onkeln und ich.
Sechs Mann von unserer Familie
im Kampf auf dem Friedhof.
Unsere Gegner sind jedes Jahr
zum Gräbertag, zum Geisterfest
zu Neujahr im Mondkalender
das Grab vom Opa,
die Gräber von drei Großonkeln,
von Oma und Opa auf Vaterseite.
Letztes Jahr
ist Vater zum Gegner übergewechselt,
unser Hauptmann ist im neuen Grab.
Ich zieh aus zum Kampf
und spür sogar etwas wie Stolz.
Einer unter den Feinden
gehört mir allein.
i grew up in the mountains
maybe part of that feeling
went into my son
he proved it today
he took part in a study project
designed a robot
all by himself the first time
it only has one function
climbs up a slope
all relaxed
slides up and back down
with a load
about as useful
as a donkey
Translated by MW, March 2018
Yuan Yuan ROBOTER IM GEBIRG
ich bin in den bergen aufgewachsen.
mein gefühl für die berge
hab ich vielleicht ein bisschen
an meinen sohn vererbt.
heute gibt es einen beweis.
er hat an einem praktikum teilgenommen
und seinen ersten roboter
ganz alleine entworfen.
der kann nichts anderes
als hänge erklettern.
hinauf und zurück,
ganz entspannt
gleitet er mit seiner last.
ungefähr so nützlich
wie ein esel.
Mit der Erschütterung, wenn du platzt
werd ich von deinen Splittern gerettet.
In deiner Verachtung
zeigt sich meine Seele.
Sie fleht nur um ganz bisschen Licht,
um einen Augenblick von Vergebung.
Niedertracht breitet die Arme aus
in Erwartung der Wölfe.
Der Tod ist durchsichtig und so durstig
wie bei der Geburt.
Er zwingt die Welt um die ich trauere
einen Grabstein zu finden
für abgelaufene Sprache.
Die Worte kommen als Müll in den Himmel,
dort lassen sie Vögel die Federn verlieren.
Dein Platzen kommt aus weiter Ferne.
Der Endpunkt der Reise ist nicht der wirkliche.
Direkt vor dir steigt der Altar auf,
ein großes und glänzendes Opfer des Fleisches.
Deine Füße hängen fast in der Luft.
Nachdem du gegangen bist
ist mein Heimweg
das Meer geworden
mit dem Fluch einer Dichterin:
“So viel Platz, aber gehen kann man nirgends.”
Streichle mich mit deinem Platzen.
Das Tor der Hölle schlägt krachend zu.
Schluchze, wenn ich schluchze,
sehen Geckos in der Nacht
deine Fußnoten zur Schande.
Wenn die Lieder der Hexen aufsteigen,
hab ich schon meine Ohren verloren.
Geschichte ohne Anfang und Ende.
Ah, geplatzte Zeit.
Nur die Helden bekommen Denkmäler,
auf den Gräbern der Verlierer
pflanzt niemand Blumen.
Meine Liebe, es ist Zeit, aufzustehen.
Die Brücke in Richtung Abgrund stürzt ein.
Wenn du platzt, beiß dich fest an meinem Willen.
Zweifel beginnt mit dem Stein des Sisyphos.
Glaube fängt an mit dem Hausschlüssel, den du verloren hast.
All meine Panik und meinen Hass
geb ich dir, dir allein.
So kann ich noch einmal,
ganz kostbar,
meinen Kopf hoch halten
bis zur dunkelsten Stunde.
Du platzt in meiner Allegorie.
Sedimente der Sprache erzählen
Kafkas geheimnisvolle Testament.
Glaub nicht an die Klugheit,
besonders nicht an die geilen Weisheiten.
Wissen ist ein Bastard des Schreckens,
sucht immer Vater heim, den Philosophenkönig;
während Mutter. die weiß, was Not heißt,
sich an die Schandsäule lehnt, bis sie stirbt.
Meine Erinnerung steht als letzter Schatten
auf den Ruinen, am Eingang zum Albtraum.
Eine glänzende Eidechse
kriecht zwischen Blutflecken.
Mit ihren Tatzen macht sie dich,
obwohl du mittendrin stehst,
zum kühlen Beobachter
Mit einer scherzhaften Neugierde
genießt sie würdevoll eine Kippe.
Jemand poltert an der Tür,
zwingt durch den Türspalt
einen Anruf der ewig nicht durchkommt.
Meine Liebe,
ich brauch dein Platzen.
Die Klagemauer
braucht ihre Tränen.
was mach ich ganz zuerst in der früh
aufwachen
aufs klo gehen
wieder aufwachen
dich spüren
wecker ignorieren
aufstehen
kinderfrühstück
milch, brote
müsli, in china reisbrei
gestern wollte er pizza
für dich tee, malzkaffee
für mich auch irgendwas
unten vorm haustor am eck an der mauer
wächst etwas mit blauen blüten
sie haben ein altes theater abgerissen
sie haben einen ahnentempel demoliert
sie haben den hof ausradiert, wo der urgroßvater geboren wurde
wo sein urenkel hochzeit halten wollte
sie haben das ganze dorf abgerissen mit dreihundert haushalten
und stammbäumen von 400 jahren
und die alten gräber die keiner mehr kennt
sie wollen ein vergnügungsviertel errichten
sie wollen ein kaufhaus erbauen
und noble wohnhäuser
das kann ich verstehen
was ich nicht verstehe
tut was ihr halt tut
aber dass ihr hier wo das dorf der familie shen war
ein großes schild hinstellt
“slumviertel-umgestaltung”
ihr stößt leute nieder
und spuckt auch noch drauf
the camera on nigel mansell’s car
recorded how senna and prost
crashed into each other:
simple and perfect,
such a clear picture
enticing
this stinking intellectual with his big head:
a bout of poetry – death
just like this
a stroke of lightning
— but what the fuck!
that crazy mansell
steps on the gas. up from behind,
crushes my poetry.
no death at all. one million pairs
of spectator’s eyes see only victory!
die kamera auf dem wagen von nigel mansell
hat mitbekommen wie prost und senna
zusammengekracht sind
es war ganz einfach
ein klares bild
eine versuchung
für einen intellektuellen wie mich
für mein stinkendes hirn
ich mach gleich ein gedicht – über den tod
so schnell geht das
wie der blitz
– aber scheiße!
der verrückte mansell
steigt voll aufs gas, holt auf und ist vorn
mein schönes gedicht ist kaputt
es gibt keinen tod. in millionen
zuschaueraugen zählt nur der sieg
jetzt
stehe ich vor
einer schachtel
ich fische eine zigarette heraus
steck sie mir in den mund
reibe streichhölzer an
das zweite fängt feuer
nach sieben minuten
ist die sache zu ende
hat es einen sinn
ich fühle mich besser
in chang’an
hab ich angst dass ich zwinker
und im nächsten moment
sind dieser himmel sind diese stadtwälle
wildganspagoden und der fluss wei
noch einmal versunken für tausend jahre
so kann ich nur die augen zukneifen
die fäuste ballen
stehen im sand in der zeit
bis sie mich begraben und in tausend jahren
wieder entdecken:
kulturmonument!
1994
Übersetzt von MW im Mai 2016
《记忆》
爸爸 小时候
你给我把尿
让我以那种姿势
而对尘世
你口中嘘嘘不止
然后我尿柱掣天
如今 儿已是
口哨大王
在ADO乐队干
爸爸 记忆
是一种欲尿的感觉哇
1994
Yi Sha 《记忆》 ERINNERUNG
papa! als ich klein war
hast du mir beigebracht
ohne windeln zu pinkeln
als ich in dieser haltung
dem staub der erde
entgegenhing
hast du gepfiffen
bis mein strahl an den himmel ging
heut ist dein sohn
weltberühmter pfeifer
in der rockband ADO
papa! erinnerung –
das gefühl ich will pinkeln!
Zuo You ICH WILL DEN VERDAMMTEN KLANG ENDLICH HÖREN
20 Jahre gehörlos.
Nie Hörgeräte verwendet.
Vor ein paar Tagen geh ich mit meiner Schwester
zum Institut für traditionelle Musik und Akustik,
die machen Versuche mit Hörgeräten.
Ich bin so lange taub,
weiß gar nicht was ein Klang ist.
Auf einmal macht das Gerät ein ganz schrilles Geräusch.
Ich hab geglaubt, ich hör einen Ton.
Ich umarm meine Schwester.
“Nicht so schnell”, sagt der Mann,
“das ist nur die Erschütterung.”
in der nacht
geh ich raus aufs klo
sehe
die schaukel
an der weinranke
schwingt noch
mondlicht
sitzt
und freut sich
2015
Übersetzt von MW im Januar 2016
Ma Fei ZWEIFEL
manche sagen dieses land
gleiche einem pissoir
andere meinen sogar
es sei eine latrine
ich hege nicht dieselbe meinung
auf einer latrine
hab ich immer das gefühl
alle innereien treten heraus
sonst im leben
ist das
nicht immer so
the sun needs a little time
I have always loved you
I shouted and cursed
fog and frost
everything hidden in fog in the morning
kids are in school
my bicycle’s gone
my mother’s bicycle, blue, rather old
my father’s bike disappeared also
when I was small you brought me on your bike
I haven’t written much about you
my father my mother
I am a writer
I wrote many poems
most of the time
we could not stand each other
I and my father most of the time
I rode a bicycle
austria taiwan china the cities
sometimes the mountains
along the danube when I was small
with my father
it was very good
in romania I drove a car
it was a vw looked rather broken
like an old bicycle ran rather well
the sun needs a while
I should be translating
should be writing letters
call one or two people
take care go on working
chongqing has fog every day
no-one rides a bicycle
there are lots of stairs
nowadays there are highways
nato bombed serbia
it was on tv
the land and the roofs
I come from austria
I loved yugoslavia as a small child
I watched and I cried
then I rode my bicycle
up and down chongqing
nato bombed the chinese embassy
no-one knew why
you can try to explain
maybe if they had bombed them in bosnia
the yugoslav army not the chinese
no srebrenica no war in kosovo
I only knew this is where I come from
and now there is war
you can try to explain
come you masters of war
I hope I can write a little more
the sun needs a while
MW December 2015
DIE SONNE BRAUCHT EIN BISSCHEN ZEIT
die sonne braucht ein bisschen zeit
ich hab dich immer geliebt
ich hab dich beschimpft und angeschrien
raureif und nebel
in der früh liegt alles im nebel
die kinder sind in der schule
mein fahrrad ist weg
das blaue fahrrad von meiner mutter
auch das fahrrad von meinem vater
auf dem blauen fahrrad bin ich als kind
warum hab ich nicht von euch geschrieben
von meinem vater von meiner mutter
ich kann doch schreiben
ich hab so viele gedichte geschrieben
ich hab mich nicht vertragen
mit meinem vater
fast immer haben wir uns nicht vertragen
ich bin viel rad gefahren
in österreich in taiwan in china
in rumänien mit einem wagen
der wagen sah aus wie ein altes fahrrad
es war ein vw sie ist gut gefahren
autos sind weiblich in vielen sprachen
die sonne braucht ein bisschen zeit
ich sollt übersetzen
sollt korrespondieren
sollt leute anrufen
sollt mich kümmern
in chongqing ist immer viel nebel
fast niemand hat in chongqing ein fahrrad
es gibt viele stufen
jetzt gibt es auch viele stadtautobahnen
die nato hat serbien bombardiert
ich hab es im fernsehen gesehen
das land und die dächer
ich komme aus österreich
und war als kind in jugoslawien
ich hab geweint
dann bin ich mit dem fahrrad
in den straßen gefahren
hinauf und hinunter
die nato hat die chinesische botschaft
niemand wusste warum
ausländer waren auf einmal verdächtig
man kann versuchen den krieg zu erklären
vielleicht hätten bomben zur rechten zeit
srebrenica verhindert
und damit auch den kosovokrieg
man kann versuchen den krieg zu erklären
es gibt viele erklärungen über die jahre
ich wusste nur ich komm von dort
dort ist jetzt krieg
come you masters of war
ich hoffe ich kann noch etwas schreiben
die sonne braucht ein bisschen zeit
EINE KLEINE NACHTMUSIK – 伊沙 – DREI GEDICHTE VON 2002
Yi Sha 《傍晚的一個瞬间》 EINE SZENE AM ABEND
eine gruppe von teenagern
umringen und schlagen
eine schöne junge frau
mit fäusten und füßen
mit steinen
das war auf einer landstraße
im süden von frankreich
oder auf sizilien
das hab ich auf einmal im fernsehen gesehen
eine szene am abend
ich hab gewusst es war ein film
ich hatte noch etwas anderes zu tun
konnte nicht weiter schauen
ich fühlte mich ein bisschen schlecht
nicht nur ein bisschen schlecht
sondern selten schlecht
ich weiß schon
das hat mit der handlung konkret nichts zu tun
da kommt nur ein gefühl hoch
weil ich keinen bestimmten grund finden kann
häng ich in der luft
und find keinen halt
eine frau
mit einer stahlsäge
sägt meine nerven
sie weiß
meine nerven
halten gar keine säge aus
sie weiß
was am meisten weh tut
das ist der klang
wenn eine stahlsäge
nerven durchschneidet
ihr guten menschen
hört
eine kleine nachmusik
euch wird weit ums herz und leicht um den sinn
ein sehr schönes gefühl
die nerven sind schon durchgesägt
aber nachher
sieht man kein blut
euch guten menschen
tut es unerträglich weh
ich hab noch das herz
euch zu sagen
ich hab ein herz aus stahlbeton
dass ich nicht gerührt bin
das kommt von einem einfachen grund
einem ganz banalen
ich möchte leben
mitten unter den leuten
Yi Sha DIE GROSSE WILDGANSPAGODE BEHALT ICH, HIER IST EINE KLEINE PAGODE FÜR DICH
meine reisegefährten sind aufgestiegen
auf die wildganspagode
ich streck meine glieder
tief hinten im garten am alten tempel
hab ich mich so angenehm angelehnt
zitherklang aus der oper liang zhu
und die alte glocke an die ich gestoßen bin
lassen mich in den schlaf sinken
ein tausendjähriger mittagsschlummer
kurz und traumlos
schwarz vor den augen
beim aufwachen
sind meine wangen ganz feucht
mein gesicht ist noch immer
im weinen befangen
ich hab doch keinen grund
es muss etwas sein
etwas größeres
höheres
etwas kleineres
niedrigeres
das mich gebraucht hat
um sich auszuweinen
I n-need t-to b-b-break out
f-f-from y-y-your s-sp-pout-ting s-song
b-break o-out o-of y-your h-house
m-m-my sh-shoot-t-ting t-t-tongue
m-m-mach-chine g-g-gunn f-fire
it feels so good
i-in m-m-my s-st-tut-t-ter-ring l-life
the-there a-are n-no g-ghosts
ju-just l-llook at-t m-my f-face
I d-d-don’t c-care!
1991
Tr. MW, 2015
Yi Sha 《结结巴巴》 ST-STO-TO-TT-TERN
m-mein st-sto-to-tt-ternd-der m-mund
b-b-behind-dderter schschlund
b-b-bei-sst- s-ich wund
an m-meinem r-rasenden hirn
und m-meine b-beine –
euer t-trief-fend-der,
schschimmliger schschleim
m-meine l-lunge
i-ist m-müd’ und hin
i-ich w-will r-r-aus
aus eurem g-gross-a-artiggen rh-rhythmus
a-aus eurem h-haus
m-m-meine
sch-schp-prache
m-masch-schinengewehr-s-salven
es tut so gut
in m-meinem st-stott-ttoterndem r-reim
auf m-mein l-leben g-gibt es k-keine l-leich-chen
s-s-seht m-mich a-an
m-m-mir i-ist all-les g-gleich!
1991
Übersetzt von MW im April 2013
<結結巴巴>
結結巴巴我的嘴
二二二等殘廢
咬不住我狂狂狂奔的思維
還有我的腿
你們四處流流流淌的口水
散著霉味
我我我的肺
多麼勞累
我要突突突圍
你們莫莫莫名其妙
的節奏
急待突圍
我我我的
我的機槍點點點射般
的語言
充滿快慰
結結巴巴我的命
我的命裡沒沒沒有鬼
你們瞧瞧瞧我
一臉無所謂
1991
Photos and videos by Beate Maria Wörz
Yi Sha 《精神病患者》 GEISTESKRANKE
theoretisch
weiß ich nicht
wie es sich äußert
wenn eine geisteskrankheit ausbricht
ich hab nur gesehen
in diesem land
in dieser stadt
wenn ein geisteskranker loslegt
streckt er den arm hoch und bricht aus
in parolen
der revolution
theoretically
I don’t know
how it should be
when a mental patient
suffers an outbreak
but what I have seen
in this country
in this city –
a mental patient suffers an outbreak:
up goes his arm
out come the slogans of revolution
1994
Tr. MW, 2013-2014
Photos and videos by Beate Maria Wörz
Yi Sha 《我想杀人》 ICH MÖCHTE JEMANDEN UMBRINGEN
ich fühle mich etwas komisch
ich will jemanden töten
oh! das war letztes jahr
herbst kroch über das laub
zwanzig todeskandidaten
am flussufer nördlich der stadt
“peng! peng!”
einer wurde aufgeschnitten
in der folgenden operation
erhielten WIR eine niere
I am feeling a little strange
– I want to kill someone
Oh! It was last year
autumn crept over the leaves
twenty death candidates lined up
at the river north of the city
„Peng! peng!“
One of them was cut open
and in the following operation
We got a kidney
1994
Tr. MW, 2015
Yi Sha 《9/11心理报告》 9/11 AUF DER COUCH
erste sekunde mund offen scheunentor
zweite sekunde stumm wie ein holzhuhn
dritte sekunde das ist nicht wahr
vierte sekunde kein zweifel mehr da
fünfte sekunde das brennt nicht schlecht
sechste sekunde geschieht ihnen recht
siebte sekunde das ist die rache
achte sekunde sie verstehen ihre sache
neunte sekunde die sind sehr fromm
zehnte sekunde bis ich drauf komm
meine schwester
wohnt in new york
wo ist das telefon
bitte ein ferngespräch
komme nicht durch
spring zum computer
bitte ins internet
email ans mädl
zitternde finger
wo sind die tasten
mädl, schwester!
lebst du noch?
in sorge, dein bruder!
2001
Übersetzt 2013 von Martin Winter
Yi Sha 9.11 REPORT FROM THE COUCH
Ist second: mouth barn-door open
2nd second: wooden-chicken stiff
3rd second: couldn’t believe it
4th second: it must be true
5th second: what a great fire
6th second: well they deserve it
7th second: this is retribution
8th second: these buggers have guts
9th second: must be their religion
10th second: before I realize
my own little sister
lives in new york
I need a telephone
long distance call!
can’t get a connection!
I go storming for a computer
where is the internet
typing out characters
writing an email
shaky fingers
“sister, sister!
are you alive?
your elder brother is worried sick!”
next door to my studio
a tibetan poet from india
when he was ten
he fled with his parents
writes in english and in tibetan
does not speak chinese
everyday he brings a guitar
actually it’s his own three-stringed instrument
when inspired
he breaks out in song
music goes through the walls
I don’t feel
he is disturbing me
I often prick up my ears
oh, it comes again
he is singing
I feel like I am going to cry
he sings in tibetan
but it is the tune
“nothing is more red then the sun,
no-one is closer than chairman mao…”