Ich schau in mein WeChat
und ruf aus dem tausende Meilen entfernten Süden
meinen Vater an.
“Bei Euch ist es so schön,
alles weiß,
wie als ich klein war,
möcht gleich zurückfliegen!”
“Dein Großonkel ist gestern abend gestorben,
gefrorener Boden, die Strasse ist eisig,
es ist niemand da, um den Sarg zu tragen.”
Stille Klause in Zhanjiang, Januar 2022
Übersetzt von MW im April 2022
Ich sag meinem Sohn die Nachricht,
dass er es nicht geschafft hat.
Am Telefon
hör ich ihn schluchzen.
Nach einer Weile ruft meine Frau an,
fängt sofort an zu schimpfen.
„Habs euch gesagt, kein Kunstschule!
Wolltest nicht hören, jetzt ist er nicht aufgenommen,
grad ist er heulend zum Fluss hinunter, zum Huangpu gerannt!“
„Na, warum rennst du ihm nicht nach?“
„Wie soll ich ihm im Regen nachkommen, der kleine Sproß
(sein Freund) rennt auch noch mit, der Wang Zihao kann ihn nicht aufhalten,
wenn unserem Kind was passiert
wirst sehen wie ich abrechne mit dir!“
Ich ruf sofort meinen Sohn an,
niemand hebt ab,
Schweiß und Regen rinnen mir übers Gesicht,
ich fang an zu brüllen —
wer hat gesagt, „Kunst oder Leben?“
21. Juli, Shanghai
Übersetzt von MW im November 2020
sleep is being buried alive
waking up is being dug out again
dream is the world
when you open your eyes
in the dirt
April 2018
Tr. MW, May 2018
Yi Sha DREAM 1274
The Poemlife BBS is still active,
someone has posted
my numbers are fake.
In my NPC I never presented
900 people or 2500 poems.
I’m having serious self-doubts,
even thinking,
“If he says it, goddamn, it must be true.”
April 2018
Tr. MW, May 2018
Yi Sha DREAM 1276
NPC poets visit Japan
Jiang Tao shoots
one adult movie per person
as soon as they know
these movies won’t enter China
it’s no big deal
April 2018
Tr. MW, May 2018
Yi Sha DREAM 1277
I am a Barça manager,
but not the general manager.
The general manager wants to buy
two Suárez clones.
I strongly object,
thinking he doesn’t know about football.
April 2018
Tr. MW, May 2018
Yi Sha DREAM 1279
A strange girl,
doesn’t exist in reality,
uses the phone in a kiosk
(doesn’t exist anymore)
to call her parents.
Her happy laugh makes you smile.
Your relationship with her
is revealed at the end of the dream.
April 2018
Tr. MW, May 2018
Yi Sha DREAM 1280
In a crowd
I hold Wang Youwei by the arm,
he can hardly stand
after drinking.
I turn around,
my bag has been snatched,
everything I have on this trip
was in there.
What do I do now?
I think of returning home
and I’m not afraid anymore.
My home with my mother
alive.
who gives birth to me
feeds me
carries me on the shoulder
to Qinglian who
treats me
pulls me
out of the water
teaches me how to read
calls me by my childhood name
to this day
who dies with my name
on the lips
teaches me how to drink alcohol
hands me the kitchen knife
calls me on the phone
to praise my poetry
the one who loved me
and doesn’t recognize me anymore
who cuts out one kidney
wakes me up from a coma
teaches me tax collecting
waves at me one field away
for the very last time
…
they
are not the same person
they make
this lump of flesh and blood
into a person
3/21/18
Tr. MW, 5/3/18
Jiang Xuefeng DER UND DER MENSCH
der mich geboren hat
der mich gefüttert hat
der mich auf der schulter getragen hat
bis nach Qinglian der mich
untersucht hat
der, der mich aus
dem wasser gezogen hat
der mir das lesen beigebracht hat
der mich heute noch ruft
wie als kleinkind
der mensch der stirbt mit meinem namen
auf seinen lippen
der mir das trinken beibringt
der mir das gemüsemesser in die hand gibt
der, der mich anruft und sagt
er mag meine gedichte
der mich geliebt hat
und mich jetzt nicht mehr erkennt
der mir eine niere herausgeschnitten hat
der mich aus dem koma aufgeweckt hat
der mir das steuereintreiben
beigebracht hat
der mir winkt ein weizenfeld entfernt
und den ich nie mehr sehe
…
die sind nicht alle
derselbe mensch
sie haben mich
diesen klumpen fleisch
zum menschen
gemacht
Am Kopfende von Vaters Bett läutet das Seniorenhandy,
es ist ein früherer Nachbar.
Mutter plaudert ein bisschen mit ihm.
Er will Vater sprechen.
Mutter sagt, mein Vater sei draußen spazieren.
Der Nachbar sagt, draußen liegt Schnee.
Mutter sagt, der Schnee macht ihm nichts.
Der Nachbar sagt, es ist kalt.
Mutter sagt, das macht ihm auch nichts.
아버지의 침대 머리에 있는 노인용 휴대폰이 울렸다
예전의 이웃이 걸어왔다
그는 엄마와 몇 마디 인사말을 주고 받고
아버지를 바꿔달라고 하셨다
엄마는 아버지가 밖에 산책하려 나가셨다고 말씀했다
이웃은 밖에 눈이 내린다고 말했다
엄마는 아버지가 눈을 두려워하지 않는다고 말했다
이웃은 밖이 엄청 춥다고 말했다
엄마는 아버지가 추위를 타지 않는다고 말했다
MONDGEDICHT
(für eli, juliane und vati. for our friends. 新年好!)
der mond
ist ein gedicht
finster
voll
mehr oder weniger
manchmal hat er
einen haken
manchmal hat er
so viel getrunken
dass er unheimlich
leuchtet
oft ist er einfach
nicht erreichbar
etwas mit seinem handy
soll er den roten knopf drücken
oder den grünen?
MW Februar 2017
MOON POEM
the moon
is a poem
brooding
obscure
fully
wasted
sometimes
sporting a hook
sometimes
drinking so much
she is fearfully
glowing
often
she’s not available
something with her mobile
should she press the red button
or maybe the green?
the sun needs a little time
I have always loved you
I shouted and cursed
fog and frost
everything hidden in fog in the morning
kids are in school
my bicycle’s gone
my mother’s bicycle, blue, rather old
my father’s bike disappeared also
when I was small you brought me on your bike
I haven’t written much about you
my father my mother
I am a writer
I wrote many poems
most of the time
we could not stand each other
I and my father most of the time
I rode a bicycle
austria taiwan china the cities
sometimes the mountains
along the danube when I was small
with my father
it was very good
in romania I drove a car
it was a vw looked rather broken
like an old bicycle ran rather well
the sun needs a while
I should be translating
should be writing letters
call one or two people
take care go on working
chongqing has fog every day
no-one rides a bicycle
there are lots of stairs
nowadays there are highways
nato bombed serbia
it was on tv
the land and the roofs
I come from austria
I loved yugoslavia as a small child
I watched and I cried
then I rode my bicycle
up and down chongqing
nato bombed the chinese embassy
no-one knew why
you can try to explain
maybe if they had bombed them in bosnia
the yugoslav army not the chinese
no srebrenica no war in kosovo
I only knew this is where I come from
and now there is war
you can try to explain
come you masters of war
I hope I can write a little more
the sun needs a while
MW December 2015
DIE SONNE BRAUCHT EIN BISSCHEN ZEIT
die sonne braucht ein bisschen zeit
ich hab dich immer geliebt
ich hab dich beschimpft und angeschrien
raureif und nebel
in der früh liegt alles im nebel
die kinder sind in der schule
mein fahrrad ist weg
das blaue fahrrad von meiner mutter
auch das fahrrad von meinem vater
auf dem blauen fahrrad bin ich als kind
warum hab ich nicht von euch geschrieben
von meinem vater von meiner mutter
ich kann doch schreiben
ich hab so viele gedichte geschrieben
ich hab mich nicht vertragen
mit meinem vater
fast immer haben wir uns nicht vertragen
ich bin viel rad gefahren
in österreich in taiwan in china
in rumänien mit einem wagen
der wagen sah aus wie ein altes fahrrad
es war ein vw sie ist gut gefahren
autos sind weiblich in vielen sprachen
die sonne braucht ein bisschen zeit
ich sollt übersetzen
sollt korrespondieren
sollt leute anrufen
sollt mich kümmern
in chongqing ist immer viel nebel
fast niemand hat in chongqing ein fahrrad
es gibt viele stufen
jetzt gibt es auch viele stadtautobahnen
die nato hat serbien bombardiert
ich hab es im fernsehen gesehen
das land und die dächer
ich komme aus österreich
und war als kind in jugoslawien
ich hab geweint
dann bin ich mit dem fahrrad
in den straßen gefahren
hinauf und hinunter
die nato hat die chinesische botschaft
niemand wusste warum
ausländer waren auf einmal verdächtig
man kann versuchen den krieg zu erklären
vielleicht hätten bomben zur rechten zeit
srebrenica verhindert
und damit auch den kosovokrieg
man kann versuchen den krieg zu erklären
es gibt viele erklärungen über die jahre
ich wusste nur ich komm von dort
dort ist jetzt krieg
come you masters of war
ich hoffe ich kann noch etwas schreiben
die sonne braucht ein bisschen zeit
the moon is a white bean
at the tv tower
maybe it’s only
a cell phone tower
it’s for the army
and for the refugees
e.t. phone home
MW Oct. 1st, 2015
E.T. IM ARSENAL
der mond ist eine weisse bohne
neben dem fernsehturm
vielleicht ist es nur
ein handyturm
und etwas fürs bundesheer
und für die flüchtlinge
e.t. nach hause telefonieren
Xi Wa GÖTTLICHE WESEN LASSEN DICH WISSEN, AUF VIELERLEI ARTEN, DASS ES SIE GIBT
wie eine papierfigur wirft sie sich auf mein bett,
zum wievielten mal?
in ihrem verdorrten familienleben
bedient sie ihren mann, macht den haushalt, verbringt ihre tage in liebesfilmen
zweimal, ihr mann war auf dienstreise
ist sie heimlich gerannt zu einem rendezvous
mit einem früheren freund, jedesmal, entweder auf dem weg
oder als sie gerade erst dort war
hat ihr mann angerufen
gleich gefragt wo sie sei
die ganzen tage als sie daheim war
hat er sie fast nie angerufen
jedesmal wenn sie so überrascht ist rennt sie zu mir,
sie fragt jedesmal: “gibt es da wirklich ein auge, das wacht über mich,
gibt es wirklich göttliche wesen?”
dieser mensch wie ausgesucht im augenblick
dieser mensch der immer sagt “was für ein zufall!”
dieser mensch der nie an göttliche wesen geglaubt hat
wie eine papierfigur wirft sie sich auf mein bett
I n-need t-to b-b-break out
f-f-from y-y-your s-sp-pout-ting s-song
b-break o-out o-of y-your h-house
m-m-my sh-shoot-t-ting t-t-tongue
m-m-mach-chine g-g-gunn f-fire
it feels so good
i-in m-m-my s-st-tut-t-ter-ring l-life
the-there a-are n-no g-ghosts
ju-just l-llook at-t m-my f-face
I d-d-don’t c-care!
1991
Tr. MW, 2015
Yi Sha 《结结巴巴》 ST-STO-TO-TT-TERN
m-mein st-sto-to-tt-ternd-der m-mund
b-b-behind-dderter schschlund
b-b-bei-sst- s-ich wund
an m-meinem r-rasenden hirn
und m-meine b-beine –
euer t-trief-fend-der,
schschimmliger schschleim
m-meine l-lunge
i-ist m-müd’ und hin
i-ich w-will r-r-aus
aus eurem g-gross-a-artiggen rh-rhythmus
a-aus eurem h-haus
m-m-meine
sch-schp-prache
m-masch-schinengewehr-s-salven
es tut so gut
in m-meinem st-stott-ttoterndem r-reim
auf m-mein l-leben g-gibt es k-keine l-leich-chen
s-s-seht m-mich a-an
m-m-mir i-ist all-les g-gleich!
1991
Übersetzt von MW im April 2013
<結結巴巴>
結結巴巴我的嘴
二二二等殘廢
咬不住我狂狂狂奔的思維
還有我的腿
你們四處流流流淌的口水
散著霉味
我我我的肺
多麼勞累
我要突突突圍
你們莫莫莫名其妙
的節奏
急待突圍
我我我的
我的機槍點點點射般
的語言
充滿快慰
結結巴巴我的命
我的命裡沒沒沒有鬼
你們瞧瞧瞧我
一臉無所謂
1991
Photos and videos by Beate Maria Wörz
Yi Sha 《精神病患者》 GEISTESKRANKE
theoretisch
weiß ich nicht
wie es sich äußert
wenn eine geisteskrankheit ausbricht
ich hab nur gesehen
in diesem land
in dieser stadt
wenn ein geisteskranker loslegt
streckt er den arm hoch und bricht aus
in parolen
der revolution
theoretically
I don’t know
how it should be
when a mental patient
suffers an outbreak
but what I have seen
in this country
in this city –
a mental patient suffers an outbreak:
up goes his arm
out come the slogans of revolution
1994
Tr. MW, 2013-2014
Photos and videos by Beate Maria Wörz
Yi Sha 《我想杀人》 ICH MÖCHTE JEMANDEN UMBRINGEN
ich fühle mich etwas komisch
ich will jemanden töten
oh! das war letztes jahr
herbst kroch über das laub
zwanzig todeskandidaten
am flussufer nördlich der stadt
“peng! peng!”
einer wurde aufgeschnitten
in der folgenden operation
erhielten WIR eine niere
I am feeling a little strange
– I want to kill someone
Oh! It was last year
autumn crept over the leaves
twenty death candidates lined up
at the river north of the city
„Peng! peng!“
One of them was cut open
and in the following operation
We got a kidney
1994
Tr. MW, 2015
Yi Sha 《9/11心理报告》 9/11 AUF DER COUCH
erste sekunde mund offen scheunentor
zweite sekunde stumm wie ein holzhuhn
dritte sekunde das ist nicht wahr
vierte sekunde kein zweifel mehr da
fünfte sekunde das brennt nicht schlecht
sechste sekunde geschieht ihnen recht
siebte sekunde das ist die rache
achte sekunde sie verstehen ihre sache
neunte sekunde die sind sehr fromm
zehnte sekunde bis ich drauf komm
meine schwester
wohnt in new york
wo ist das telefon
bitte ein ferngespräch
komme nicht durch
spring zum computer
bitte ins internet
email ans mädl
zitternde finger
wo sind die tasten
mädl, schwester!
lebst du noch?
in sorge, dein bruder!
2001
Übersetzt 2013 von Martin Winter
Yi Sha 9.11 REPORT FROM THE COUCH
Ist second: mouth barn-door open
2nd second: wooden-chicken stiff
3rd second: couldn’t believe it
4th second: it must be true
5th second: what a great fire
6th second: well they deserve it
7th second: this is retribution
8th second: these buggers have guts
9th second: must be their religion
10th second: before I realize
my own little sister
lives in new york
I need a telephone
long distance call!
can’t get a connection!
I go storming for a computer
where is the internet
typing out characters
writing an email
shaky fingers
“sister, sister!
are you alive?
your elder brother is worried sick!”
Auf dem Bus an einem Tag mit viel Schnee
stehen zwei Kinder hinter mir,
eingestiegen im besseren Viertel.
Aus ihrem Gespräch
weiß ich sie wollen Schneebrillen kaufen,
von Prada und im Restaurant neben Prada
etwas einschaufeln.
Sie kommen von
Brillen zu Luxuswagen,
dann zu tausend-Dollar-Handys.
Ich seufze schon.
Die Reichen haben gern ihren Willen.
An der Station “Zweite Technik-Straße”
sehen sie jemanden telefonieren
und einer sieht sogar,
der Mensch mit dem Handy
verwendet ein Apple 6.
Und so planen die beiden Kinder
einen Raubüberfall.
Die Ausführung, die Flucht,
etwaige Verfolgungsszenarien,
wie zu reagieren ist –
mit bestechender Logik,
sie denken an alles,
sind wirklich begabt.
Vorbei an der früheren Adresse
der 1. Grundschule Hoch-Neu,
sprechen sie von früheren Mitschülern.
Das Mädchen So-und-so sei zwar hübsch
aber vom Dorf;
der Schüler So-und-so
ein armer Teufel,
die besten Noten nützen ihm gar nichts.
Jetzt dreh ich mich um,
sie sind von einer berühmten Schule in Uniform,
einen halben Kopf größer als ich,
ungefähr 16, 17.
Aus den sauberen Gesichtern
blitzen Durchtriebenheit
und kühles Blut.
Sie schaffen es sicher
auf die beste Uni.
Ein paar Semester in Europa, Amerika
und Doktorabschlüsse.
Ich hab keinen Zweifel
sie werden zu Stützen des Staates
und zucken nicht mit der Wimper
wenn es ans Töten geht.
An diesem Tag ging ich an einen Ort und jemand sagte mir, ich solle nicht mehr kommen. Ich sagte ihm, das wolle ich auch nicht. Jemand wird gehen, das ist etwas Anderes. Zurück in meiner Mietwohnung kochte ich einen Fisch. Ein Freund kam zum Essen. Nach dem Fisch gestand er, es gehe ihm schlecht. Er verlor seinen Job und verpasste einen Zug in den Süden auf der Suche nach Arbeit. Diese Jobs verbrauchen Kraft, Geist und Licht, verbrauchen alles, was da ist, sagte er. „Dann zahlst du in Raten, kaufst ein Haus, einen Wagen, findest eine Frau. Ihr kriegt einige Kinder, geraten sie zu sehr nach dir, ist es peinlich, geraten sie gar nicht nach dir ist es ebenso peinlich.” Wir besprachen den Unterschied zwischen Vermieter und Mieter. Dann taten wir es. Er fragte wieviele Liebhaber ich habe und was bei ihm anders sei. Ich sagte „Quatsch, natürlich bist du anders.” Er bestand darauf und fragte inwiefern. Ich sagte: “Du bist einfach anders. Aber wenn du unbedingt wissen willst was bei dir anders ist, dann muss ich dir sagen, du bist gar nicht anders.” „Ich hab’s ja gewusst”, sagte er. „Du erwartest einfach das Schlimmste”, sagte ich. „Genau, dann habe ich Ruhe”. Wir sahen zusammen ein Video, die kleine Meerjungfrau. Als Arielle ihre Stimme verlor, weinte er. Wir spulten den Film immer wieder zurück und sahen unsere Lieblingsabschnitte. Außerdem kochten wir noch einen Fisch und aßen ihn auf. Ich legte Tarockkarten, um zu sehen, ob er eine Arbeit finden und was aus uns werden würde. „Du findest keine Arbeit”, sagte ich. „Aha, keine Arbeit?” „Genau, du brauchst es gar nicht versuchen.” „Na was mache ich dann?” „Du machst gar nichts, dann hast du mehr Ruhe”, sagte ich. „Werden wir heiraten?”, fragte er. „Nein”, sagte ich. „Die Karten stimmen nicht. Wie soll ich wissen, ob sie recht haben?” „Du weißt es nicht, ich kann es dir auch nicht sagen.” „Warum glaubst du dann daran?” „Genau in der Sekunde, in der ich die Karten lege, sind alle karmischen Beziehungen seit Anbeginn von Himmel und Erde von selbst auf einmal ausgerechnet.” „Hör auf mit deinem Universum”, sagte er. Wäre das Universum nicht so beschaffen, sagte ich, säßen wir nicht hier und spielten Karten. Außerdem habe ich es ein bisschen satt, ich wolle umziehen. „Dann frag die Karten, ob du eine Wohnung findest.” Ich legte die Karten. Die Karten sagten, ich werde eine Wohnung finden. „Dann frag noch, ob ich mit dir zusammen einziehen kann.” „Die Karten sagen, das geht nicht.” Wir taten es noch einmal. Wir wussten sowieso nicht, was wir tun sollten. Dann ging er. Seither habe ich ihn nicht mehr gesehen. Vielleicht ergibt sich noch etwas Anderes, ich weiß es nicht. Eine Freundin ruft an. „Ai, ich weiß wirklich nicht, ob er mich liebt.”„Er liebt dich”, sage ich. „Wieso weißt du das?”„Weil er mich nicht liebt.” Da legt sie auf. Ich lege noch einmal die Karten. Ich weiß, sie wird gleich wieder anrufen und fragen, ob ich ihn liebe. Sie ruft an. Ich sage „Ja”, um sie zu ärgern. Ich weiß, sie wird sofort ihn anrufen und ihn fragen, warum er mich nicht liebt, wo ich ihn doch liebe. Sie erwartet, dass er sagt, er liebe mich. Sie erwartet auch das Schlimmste. Dann hat sie Ruhe. Denn sie liebt sowieso keiner. Sie ist ganz erschöpft. Wir sind es auch. Dann bin ich umgezogen. Ich habe sie nicht mit einem Korb Obst besucht.