Im großen Tempel im Dorf
liegt ein langer Buddha.
Eine Hand ist verschwunden.
Die andere grüßt vor der Brust,
da stecken Kinder Blumen hinein.
Buddha sagt nichts,
Buddha bleibt still.
Unter den milden Kurven der Brauen
hängen die Ohren bis auf die Schultern.
Mit Obstkernen drin, damit spielen die Kinder.
Sie hören
die Glocke.
In den Seitengebäuden
haben sie Unterricht,
lernen
schreiben,
nehmen Kultur auf.
Nicht ins WeChat schauen.
Keine Nachrichten und auch nichts lesen.
Schwimmen, die Sonne untergehen sehen.
Am Wasser sitzen,
denken.
An die Menschen aus den Höhlen in Afrika,
mit ihnen ziehen,
in alle Ecken und Enden der Erde.
Dabei natürlich nicht daran denken
wie sie einander bekämpfen und töten.
Das würde das Glück reduzieren.
Das Cover ist abgenutzt,
die Seiten vergilbt.
Ich habs vor zehn Jahren in die Hand bekommen,
aber nie richtig ernsthaft
auch nur einen Abschnitt gelesen,
obwohls meine Jugend repräsentiert.
He, du Nobelpreisträger,
mit Zigarette und Gitarre,
lieber Herr Dylan,
bitte hören Sie zu:
Ich verkaufe Sie, aber das heißt nicht,
dass meine Welt zusammenbricht.
Ich hör noch Rock’n’roll,
alle möglichen Arten,
obwohl nicht mehr live in der Bar oder auf einem Festival.
Aber ich glaub –
ich hab Ihr Buch schon verstanden.
Unzähligen Trivialitäten und Problemen ins Auge schauen,
das ist ja auch Rock’n’roll.
Außerdem bin ich 8x oder mehr
umgezogen, in Shanghai allein.
Also schon länger ein rolling stone.
people are the same anywhere
anytime, although progress
is very very precious
you don’t have to be a poet
to realize people and animals
and plants and the sun
and the earth should be respected
sometimes it’s nice to root for a place
even a continent maybe
but to begin a war is wrong
especially if you are big and strong
you don’t have to talk about the war
it’s close, but not that close, thank god
we talk about each others’ lives
we are all thankful we’re not in Shanghai
art is good, pictures, music, words
to meet each other and care for another
to read, to listen, to eat and to drink
life is very precious
take care
You think
you have to say what’s right.
So you write
sodden poetry.
No one has to say what’s true or not.
If you have a feeling
you can write how the war is absurd,
how people suffer.
You can write what you feel.
You cannot write
what people should think.
Yesterday I told a friend
a story from the year 2000.
I was in Xinjiang,
spent the night in Kashgar.
In the lobby at the hotel,
someone screamed:
Wanna fight?
In several languages,
including Chinese.
Huge guy,
not a bad fighter.
Some people tried,
couldn’t get past him.
I said something,
don’t remember exactly,
maybe let’s sit down,
have a drink.
He calmed down a little,
sat down with me, told me his story.
He was from Kazakhstan,
going back and forth
buying and selling,
had been on the road for many years.
He spoke Russian at home.
At that time Putin had just come to power.
He really liked Putin,
Putin would reinstate the Soviet Union.
We were sitting and talking,
sometimes he would get up
to see if anyone
would want to fight him.
Calming down
was a process.
I remember feeling
he was very direct,
I could respect him.
At the same time
I was hoping no one would get hurt.
I respect him,
like every ordinary person.
He is a person,
his Putin is a fantasy.
A rather funny fantasy at the time.
You are an ordinary person,
you tell me your fantasy,
I don’t get mad at you.
You think a poet
has to tell you what’s true.
On the contrary,
you can say what you feel,
what’s in your heart.
Some say it well,
it gets very moving.
If you take your fantasy
to tell people
what you think is right,
I’d rather have that guy
who wanted to fight.
du glaubst
du musst sagen was richtig sei
deshalb schreibst du
schlechte gedichte
niemand muss sagen was stimmt oder nicht
wenn du das gefühl hast
kannst du schreiben wie absurd der krieg sei
wie hilflos die leute
du kannst schreiben was du spürst
du kannst nicht schreiben
was irgendwer denken soll
gestern hab ich einem freund
eine geschichte erzählt
im jahr 2000, vor über 20 jahren
war ich in xinjiang unterwegs,
nicht weit von pakistan
hab in kashgar übernachtet
im hotel in der lobby
hat auf einmal einer geschrien
wer will mit mir raufen?
in mehreren sprachen
auch auf chinesisch
ein grosser kerl,
wahrscheinlich betrunken
nicht schlecht im raufen,
ein paar habens versucht
ich hab mit ihm geredet,
vielleicht hab ich gesagt,
trinken wir was zusammen
er hat sich hingesetzt und erzählt,
er sei ein händler aus kasachstan,
er lebe schon viele jahre auf reisen,
kaufen und verkaufen
in seiner familie spreche er russisch
putin war damals erst grad an der macht
der raufende händler
war sehr für putin
putin werde die sowjetunion wiederherstellen
wir sind gesessen und haben geredet
manchmal ist er noch aufgestanden
er hat sehen wollen
ob noch wer bereit war zu raufen
es hat länger gedauert
es war ein prozess
ich hab das gefühl
er war sehr direkt
ich kann ihn respektieren
gleichzeitig hoff ich
dass niemand verletzt war
ich respektier ihn
ich respektier alle gewöhnlichen leute
hoffentlich
er ist ein mensch
sein putin ist seine vorstellung
damals eine eher lustige vorstellung
du bist ein gewöhnlicher mensch
du erzählst mir was du dir vorstellst
ich reg mich nicht auf
du glaubst ein dichter
muss sagen was richtig sei
ich mein im gegenteil
du kannst von deinen gefühlen erzählen
was du auf dem herzen hast
manche können das sehr bewegend
wenn du deine vorstellung nimmst
und allen sagst was stimmt oder nicht
dann hab ich noch lieber
den raufenden händler
MW auf Chinesisch am 5. April,
auf Deutsch am 6. April 2022
A very long table.
One lone guy
sits at one end.
He’s dead.
Maybe this is the last thing recorded.
Maybe all other records are lost.
Hard to say
who is going to watch it.
MW 30/3/22
AUFZEICHNUNG
Ein sehr langer Tisch.
Ein einsamer Kerl
sitzt an einem Ende.
Er ist tot.
Vielleicht ist das die letzte Aufzeichnung.
Vielleicht sind alle anderen verloren gegangen.
Schwer zu sagen
wer sie anschauen wird.
MW Chinesisch 29. März 2022, deutsche Fassung 5. April 2022
GEDICHTE SCHREIBEN
Gedichte schreiben ist keine Schule,
es ist ein Spiel für zwischendrin.
Schreiben ist nicht etwas begründen,
Gedichte sind grundlos.
Manche haben Regeln,
Regeln des Klanges,
eine Stimmung für die Musik.
Klang und Bedeutung sind nicht zu trennen.
Im Kern des Gedichts steckt dein Gefühl.
Dein Gefühl, wenn dus schreibst,
dein Gefühl, wenn dus liest.
Dein heimlicher Spaß außer der Schule,
deine diebische Freiheit.
MW Chinesisch März 2022, deutsche Fassung 5. April 2022
Gestern hier in der Klasse
hat jemand gesagt,
Gedichte Schreiben sei grundlos.
Heute werden wir diskutieren
warum diese Annahme
völlig grundlos ist.
Werfen wir einen Blick
auf das Buch der Lieder,
aufgezeichnet um 500 vor unserer Zeitrechnung.
Darin sieht man ganz deutlich
den Stand der Gesellschaft,
die Situation der Zentralebene.
Schauen wir noch
auf andere Kulturen,
zum Beispiel sumerische
oder ägyptische alte Gedichte,
die sind von Gesellschaft und Religion
überhaupt nicht zu trennen!
Ich glaub hier in der Klasse
hat noch jemand gesagt,
durch dreitausend Jahre
seien im Buch der Lieder
die Liebesgeschichten
immer am beliebtesten gewesen!
Das sei ähnlich wie mit dem Hohelied
in der hebräischen Bibel!
Liebesgeschichten
als Liebesgeschichten
sind völlig grundlos!
Gut, Schluss für heute,
morgen schreiben wir Prüfung,
ihr müsst euch gut vorbereiten!
MW Chinesisch März 2022, deutsche Fassung 7. April 2022
Hoffentlich hat jeder gern keinen Krieg,
hoffentlich hat jeder gern keinen Streit.
Ich muss nicht unbedingt sehr viel schreiben.
Deutsch zwei Gedichte, Englisch zwei Texte,
noch ein paar Chinesisch ist schon genug.
Manche Wut muss ich nicht wieder herzeigen.
what did we have ten years ago?
what did not have ten years ago?
we had everything
we must have lacked something
where did we screw up?
where did we succeed?
some things I know
some things I don’t know
it was yesterday
it was long ago
world day of snot
world day of coughing
world day of short breath
world day of exhaustion
world day of pain
world day of forgetting
world day
of spring
or fall
ich komm aus dem tempel
eine frau mit kopftuch im mittleren alter
ruft mich an
“kleine schwester lass dir lesen!”
hehe, was mir zustoßen soll
ist mir ungefähr schon zugestoßen
die kleine schwester lässt nicht lesen
Als ich lesen gelernt hab,
hab ich Omi gefragt,
“Wie heißt du?”
Omi hat Kreide genommen,
auf die Wand geschrieben: Geborene Yuan.
Die zwei Zeichen, die Striche
sehr schön gemalt.
Omi hat halt
nur ein paar Zeichen schreiben können.
Die zwei Zeichen für Geborene Yuan
haben dabei die meisten Striche,
sind am schwersten zu schreiben.
Omi hat diese zwei Zeichen
für ihren Rufnamen gehalten.
Su Shi (auch Su Dongpo, 1037 – 1101,Song-Dynastie)
Melodie: Shui Diao Ge Tou
wann kommt denn der mond? ich trink untertags. im palast am himmel, heut nacht, welches jahr?
ich nähm den wind hinauf, fürcht nur die jade dort – so hoch, viel zu kalt. dann tanz, schatten weicht, nicht bei menschen halt!
roter turm, fenster tief und kein schlaf. wieso der hass, zum abschied erst wird er voll? menschenwelt, freud und leid, mond hat auch seine zeit. es hat nie gepasst. mögen wir leben, die frau im mond sehn!
9/11 is like 1989.
People will remember.
20, 30, a hundred years after.
One such year is more than enough
in a lifetime, if you were there
among the carnage
or when the wall came down,
or was opened, at first.
I was on a beach in 1989,
in the winter.
Weeks on a beach,
and Romania burned,
after Czechoslovakia didn’t,
and so on and so on.
A beach in Thailand, sunset beach.
Sunrise is on the other side
of the peninsula.
There is a mountain in between,
and there was one water buffalo left,
as far as I remember.
Krabi, Krabi! crie the boatsmen,
we didn’t go back to Krabi, the nearest town,
for quite a while.
Newspapers were from days ago, a week ago.
It was a marvelous year.
In 1989, I was in Taiwan, and in between, in the US and in Thailand.
In 2001, I was in Beijing.
Jackie worked in the Austrian embassy.
I was teaching and translating.
We saw it on TV, not right away,
as far as I remember.
We talked to friends and relatives
on the phone.
It was two years after 1999,
when Belgrade was bombarded.
They bombed the Chinese embassy,
it’s still not clear why.
I was in China then too,
in Chongqing.
I cried when I saw the towns over there on TV,
it looked too much like home.
They did to Belgrade what the Serbian side
had done to Sarajewo, and other cities,
and there was the massacre of Srebrenica
and so on and so on.
Yugoslavia is the place in Europa
that had no walls coming down in 1989,
rather some going up, more and more.
In 2012 we did a magazine issue here in Vienna,
Headfirst through the Great Wall of China,
or something like that.
It was crazy.
We had Yan Jun for reciting poetry and drama,
and we had Hui Ye, a very versatile local artist, mostly based in Austria.
Yan Jun is a famous poet and experimental musician from Lanzhou,
lives mostly in Beijing, very much on the fringe.
So we were doing a small local magazine,
but we were so excited, we told all the world!
I did, mostly. It was really great.
We had Yugoslavia, mainland China, Taiwan
and a Turkish German author wrote
the Great Wall was a sleeping dragon
that woke up once in a few centuries
and people came to grief.
And the magazine editor wanted to kill that,
thought it was disrespectful.
I don’t think he knew anyone from China.
How is this about 9/11?
9/11 was like 1989, in a way.
Everyone knows what happened in 1989,
or everyone doesn’t,
depends where you are.
There are still thousands of people
who died in New York on that day,
but there are no remnants.
They are still searching for traces.
[In einem Kreis aus weißen Blüten in grauer Asche auf der Straße steht eine kleine Metalltonne. Darin werden Zettel verbrannt. Eine Menschenmenge sitzt auf der Straße und skandiert.]
Nieder mit der Militärdiktatur!
Protest! Protest!
Streik! Streik!
Revolution!
Die Revolution wird siegen!
Gerechtigkeit und Freiheit müssen gewinnen,
in unserem Land, in unserer Nation.
Wir sehen, wie sie unsere Nationalhymne auf die Guillotine zerren.
Ihre Ansage, die Zeit der Sandalen sei zu Ende,
kommt in die Öffentlichkeit
wie ein gebrauchtes Kondom aus einem Bordell.
Wütend wie das Feuer der Hölle,
schreit der Oger Alawaka Drohungen
und zeigt seine schrecklichen Krallen!
Aber er wird auf seiner Brust liegen,
zu Füßen von Dharma und Sila.
Das ist der Weg der Wahrheit.
Weil sie ihre Würde als Menschen
nicht gegen eine Mundvoll Reis eintauschen,
haben sie Widerstand geleistet, haben ausgehalten,
sind zusammengefallen und umgefallen.
Die Revolution wird nicht im Fernsehen übertragen!
Die neue Nationalhymne kommt als Death-Metal-Version heraus. Kondomfirmen nehmen keine Kundenanrufe mehr entgegen.
Möge ich verlieren, möge die Wahrheit siegen!
Möge ich verlieren, möge die Wahrheit siegen!
Möge ich verlieren, möge die Wahrheit siegen!
Wenn die Bastarde verlieren und um Gnade flehen,
indem sie unsere Eier umfassen,
werden wir ihnen ins Gesicht pissen.
Wir schlagen nicht auf Töpfe und Pfannen,
weil es lustig ist.
Wir haben keine Waffen.
Wir haben höchstens Töpfe und Pfannen.
Wir haben keine Macht.
Wir haben nur Töpfe und Pfannen.
Haut auf die Töpfe! Schlagt die Pfannen!
Haut drauf! Haut drauf! Das ist unsere Revolution!
Haut drauf! Haut drauf! Das ist der Weg zu unserem Ziel!
Haut drauf! Haut drauf!
Haut drauf! Haut drauf!
Eines Tages werde ich Sternen-Bumen streuen, auf das Grab meiner kleinen Schwester.
Diesen Sommer können wir die Hunde nicht wieder tollwütig werden lassen.
Diesen Sommer wird jede Blume knospen und wundervoll aufgehen.
Diesen Sommer werden die Fahnen des Volkes im Wind flattern und triumphieren.
In meiner Jugend gab es nur einen Min Ko Naing.
Jetzt ist jeder junge Mensch Min Ko Naing.
Schützt alle Min Ko Naings!
Schart euch um alle Min Ko Naings!
Jedesmal, wenn ein schlechter Samen auf einer Bühne aufgeht,
versinkt die ganze Welt im Chaos.
Sie wird krank, ihr Körper brennt vor Hass.
Ich bin krank und nehme eine zehn Jahre alte bittere Medizin.
Aber ich bleibe krank. Im Leben in dieser Welt werden wir alle krank.
Wir können uns nur selbst kurieren, haben keine Zeit, angefressen zu sein. Wenn wir am Esstisch Platz nehmen, schwärmen die Heuschrecken wieder herein.
Wie kannst du arbeiten gehen, wenn alle protestieren?
Wie kannst du das mit deinem Gewissen vereinbaren?
Wirst du ok sein, wenn sie auf deine Familie spucken?
Kannst du glücklich sein, wenn deine Kinder die Stiefel von Min Aung Hlaing lecken, während seine eigenen Kinder stinken vor Geld?
Kannst du sagen, “gut gemacht”, wenn deine Enkel kaum überleben, während Min Aung Hlaings Enkelin im Ausland studiert?
Kannst du in Frieden zur Arbeit gehen, wenn dich die Unterdrücker mit ihren Gewehren wie eine Kuh behandeln?
Kannst du froh ins Büro gehen?
Kannst du froh ins Büro gehen?
Jeden Morgen, wenn Papa und Mama zur Arbeit gehen,
schämen wir uns, meine Schwester und ich.
Wir möchten nicht für unsere Zukunft fürchten.
Papa, bleib daheim. Mama, geh nicht ins Büro.
Bleibt zuhause für unser Land und für uns.
Lasst uns euch danken, dass ihr uns aufgezogen habt, indem wir uns den Protesten anschließen.
Lasst uns den Garten unserer Zukunft bestellen.
Zu viele Blätter sind zu früh abgefallen!
Wir werden eure Barbarei im Namen der Wahrheit zerstreuen!
Die Blumen des Winters werden auf euch losgehen,
die Wasser des Monsuns werden euch ertränken.
Für eine gerechte Sache opfern wir unser Blut!
Wir lassen niemanden unseren Frühling wegnehmen, nicht einen Fingerbreit.
Ich war eingeladen zum UNESCO-Poesiefestival,
sollte online rezitieren, zur Feier des Welttags der Poesie.
Ich habe abgesagt.
Ich habe geschrieben,
Russland ist doch euer größer Sponsor, nicht wahr?
Meine Antwort auf eure Anfrage
entspricht den Gefühlen der Menschen in Myanmar.
Also scheint es so zu sein,
dass ich an der Revolution des Frühlings teilnehme,
nicht indem ich Gedichte lese,
sondern indem ich ablehne, zu lesen.
Seltsame Sache!
Mögen allen Arbeitsscheuen
ihre Verdienste vermehrt werden,
mögen ihre Gebete in Erfüllung gehen!
Mögen alle, die streiken,
reinen Herzens sein und von allen geliebt werden.
Mögen alle, die daheim bleiben,
von Geistern und Menschen gesegnet werden,
mögen alle, die diesen Boykott mittragen,
die Kraft finden, weiterzumachen!
Der Klang des Marsches unserer Herzen fließt bis in unsere Fingerspitzen!
Der Golf-Taifun ist weder hineingekommen noch weggegangen.
Ihr sollt wissen, wir sind Geister.
Wir sind schon gestorben.
Wenn wir heute wieder sterben,
werden wir euch für immer heimsuchen.
Wir sind Geister, wir sind schon tot!
Heute suche ich den ganzen Tag im Fernseher
und bekomme keine Sender herein.
Wegen der Störgeräusche
klopfen die Nachbarn an meine Tür.
Bratet das Schwein in seinem eigenen Fett!
Bratet die Tür darin!
Der Schweinekerl, den du gesehen hast,
versteckt sich vor der Guillotine!
Du magst davon gehört haben oder nicht,
aber das ist keine akzeptable Entschuldigung.
Weil wir nicht zurück können in die Vergangenheit,
haben die Kinder, die wir nicht bekommen haben,
Waffen ergriffen zu einer Zeit, in der wir nicht leben.
Sie sind gegen Befehle von oben aufgestanden.
Sie haben ihren Sklavengeist
in einen Salzsack gesteckt
und im Fluss ausgelassen.
Gedankenfetzen von Millionen
vereinen sich in einem zitternden
und doch festen Faden.
Ich bin Ma Seint Htet, der vom Berg herunterfällt.
Ich bin U Ko Ni, der am Flughafen steht,
der vergebliche Besuch von Ibrahim Gambari.
Ein EPC-Elektriker hängt tot von einem Strommast.
Und ein Wanderarbeiter …
Die Räder der Hirne in den Bäumen
drehen sich zusammen
in den Ohren in den Schwertern
in den Wänden.
Die Knöchel eines alten Gewandes
werden terrorisiert
und jeden Tag heimgesucht,
übertrieben, als Strategie.
Die Erde auf meinem Gesicht
ist ein Haufen zerbrochener Knochen.
Fünfzig Jahre in einer Kassette aufbewahrt,
ohne Tonband.
Ein trauriges Lied,
das wir sofort nicht mehr singen dürfen.
Niemand wird uns wieder auseinanderbringen!
Wir sind ein einziger Blutkreislauf geworden!
Mach deine Maske zu deiner Fahne,
mach deinen Facebook-Eintrag
zu deinem Ultimatum!
Wo immer du bist,
dort mach deinen Protest!
Heute halten die Mütter ihre Kinder nicht zurück,
wenn sie hinausgehen und Gerechtigkeit verlangen.
Sie reißen ein Stück von ihrem Longyi ab
und binden es um den Arm jedes Kindes,
damit es geschützt sei vor Kugeln und Patronen
Auf den Straßen der Revolution.
Bewegen sich Heldinnen und Helden
in einem roten Schwall.
Wolken türmen sich auf
und darunter zerfällt der Morgen
in eine Revolution.
Das Heulen eines riesigen Tintenfisches,
der durch die Straße bricht,
hallt noch im Himmel über der Stadt.
Auch wenn ihr unsere Handgelenke durchschneidet,
wie ihr nur wollt,
unsere Fäuste werden nicht aufgeben.
(12 Männer zusammen skandieren) :
Der dämonische Enkel, frisch vom Mönchstum, zischt:
Ein Riss im herausgebackenen Teig, ein Sohn, der das Land zerstört!
Der dämonische Enkel, frisch vom Mönchstum, zischt:
Ein Riss im herausgebackenen Teig, ein Sohn, der das Land zerstört!
Zum Gedenken an den Dichter K Za Win, der gegen den Militärputsch protestierte und am 3. März in Monywa in einer friedlichen Demonstration von Soldaten getötet wurde. Möge er in Frieden ruhen. Dichterinnen und Dichter werden überall in Myanmar verhaftet.
Es folgen die Namen von 32 Dichtern und Dichterinnen in der Reihenfolge ihres Auftretens in dem Video.
11 years ago I was happy. Our daughter had her first day of school, she was just turning 7. We knew she was smart, talented, beautiful. We were rather worried about her brother, he had hardly started to talk and wasn’t always well treated in Kindergarten. But we found a new place where he was happy, and we were happy for Maia. Our kids are born in Beijing, 2002 and 2005. China will always be part of their identity. Both of them know that. They don’t want to lose their Chinese, although there are lots of other problems. Maia’s primary school wasn’t good for her. Leo’s primary school wasn’t bad, he just takes a very long time for reading and writing. Both of them are native speakers of English. German is taken for granted, although it’s harder than English and Chinese. Yeah, I know, it takes so much effort to write in Chinese, to read and write. But maybe Leo would have done better in Chinese at first, maybe not. English for sure. Anyway, we had other problems. Leo is doing better now, and Maia is in a good high school. She is 18. Guess I should be happy.
Alle warten. Aber auf dem Handy sehen sie Martin Winter, der seine eigene Stimme nicht hört. Martin Winter wird verrückt in Österreich in seiner Wohnung und alle in China fühlen mit ihm. In einem Moment ist der Empfang schlecht, das Bild bleibt stecken. Martin Winter auf dem Bildschirm ist Lakoon in Marmor, die Pythonschlange hat ihn schon erwischt.
Overcast afternoon hot & clingy no wind a poet comes out of the subway gets on his bicycle bag on his back with waterflask right on time appears in the bookstore in the outskirts sits down with a band of readers around a table a female student from a media college does the mc women and children young men smiles on their faces one after the other reads from a yearbook of colloquial poetry other customers passing will probably think a religious circle
So can he be called a missionary don’t be too optimistic to propagate poetry these years is actually harder than spreading the gospel
Shen Haobo ICH VERSTEH DAS ALS KRÄNKUNG DURCH DIESE ZEIT
1)
Jemand der an meiner alten Uni unterrichtet
und gerne Poesieveranstaltungen macht
ein sogenannter Kritiker
ruft mich an
er macht ein Lyrik-Neujahrsfest
zum Mondneujahr an der Peking-Uni
und braucht noch Hunderttausend
ob ich etwas sponsern kann
das ist nicht das Problem
das Problem ist
er deutet an
unterschwellig
wenn ich das Geld in die Hand nehm
kann ich dabei sein
und auf der Bühne stehen und lesen
2)
Das Hongkonger Poesiefest
gegründet von Bei Dao
macht eine Stiftung
ich werde eingeladen
in den Vorstand der Stiftung
Ich muss innerlich lachen
und frage ganz unschuldig:
„Was soll ich denn im Vorstand machen?“
Oh, was sie brauchen,
ist dass ein bisschen Kapital zirkuliert
3)
Ich schreib für einen Bekannten
eine Lyrik-Rezension
meine Rezensionen
sind natürlich die besten unserer Zeit
und dieser Dichter ist sehr froh
er hinterlässt mir eine Nachricht
„Du bist ein so guter Kritiker,
du brauchst gar nicht selber noch schreiben!“
Und diesen Satz wiederholt er noch drei Mal
an drei verschiedenen Orten
4)
Wenn du die Kränkung nicht verstehst
die ich erfahren habe
setz anstelle von meinem Namen
zum Beispiel Li Bai oder Du Fu.
23. Oktober 2018
Übersetzt von MW im November 2018
An Qi leaves a note under a speech by Tan Kexiu:
In her mind, in her heart, Shen Haobo
is one of the three greatest poets in China.
Oh my god, Mama!
My great giant frame vibrates with emotion.
Never would have thought
An Qi could ever rate me so highly.
Maybe I should say something,
thank her for this honor?
Then I see Tan Kexiu asks:
Who are the other two?
An Qi says their names,
I am familiar with one of them.
Bad poetry,
stupid person.
In my mind, in my heart
he is illiterate.
Now we are two of the absolute Greats.
Im Nebel ist die Stadt ein bisschen stiller,
auch Montag um 8,
bis’d an die Hauptstraße kommst,
Sonnwendgasse. Wer war Sonnwend?
Irgendein Stadtrat?
Antonie Alt war im Gemeinderat. Ursprünglich Kellnerin,
dann in der Gewerkschaft, im Roten Wien.
Direkt an der Bahn, in der Favoritenstraße,
wo der zehnte Bezirk anfängt,
war der Antonie-Alt-Hof.
Ein Gemeindebau, schaut recht modern aus auf den Fotos.
Abgerissen 2010, noch vor dem Südbahnhof.
Dort wo der Turm war.
Der Aussichtsturm über die große Baustelle Hauptbahnhof.
Der Nebel hat schon längst aufgehört.
Es wird ein schöner Herbsttag.
MW Oktober 2019
HERBST
Herbst ist nur einmal im Jahr.
Frühling und Sommer sind auch nur einmal.
Aber ein warmer Tag Ende Oktober
ist mitten im Herbst
und gestern erst
bist zur Donau gefahren
mit dem Rad auf die Insel
und reingesprungen
unten vom Floß.
MW Oktober 2019
WORAUFHIN
in der früh
seh ich die sonne
auf den balkonen
auf der mauer
auf der wand mit den fenstern
ein mann im radio mit norddeutschem akzent
jedenfalls schnell prätentiös
fragt woraufhin sich das leben bewege
einfach zum nachdenken
ich dreh ihn ab
schau
in die waben
MW September 2018
IN AUSTRIA
we have a 14-year-old
who was brutally killed
shot in the back
by a murderer
who still serves
as policeman
MW April 2017
《在奥地利》
我们有个14岁的孩子
被残忍地杀害
从背后射杀
被一个
身为警察
仍在服役的
凶手
2017年4月
伊沙 譯
BRATISLAVA II
the danube flows
in the evening people sit in the sun
on the southwestern side
in the summer months
there are concerts on the main square
and in the cafés
the views are great from the castle
and from the liberation monument
and cemetery further up
some of the soldiers buried are women
in the summer months
the synagogue is open
as a museum
they have a nice garden
it is a functioning synagogue
all year round
the only one left
they had bigger ones
even after the war
after the holocaust
now this is the only one left
they built a freeway
interstate quality
right through the old city
it’s a functioning freeway
it’s a beautiful city
shabby in places, but proud
somehow still healing
the danube flows
Hab von Marx geträumt.
Alle waren Marx.
Alte, junge, Frauen und Männer, alle mit demselben Namen.
Auf der Straße reden sich alle so an, ganz normal.
Wahrscheinlich auf Deutsch oder Englisch,
alle heißen MARX, nur eine Silbe.
Nur dieser Name.
Alle heißen wir Marx, die ganze Stadt,
weiß nicht mehr welche.
Es gibt nur uns, also kein Ich,
im Traum ganz natürlich.
MW Mai 2018 (Chinesisch), auf Deutsch August 2018
AUF DER GROSSEN WIESE
auf der großen wiese
steht eine frau
und versucht zu fliegen
auf der großen wiese
hüpft eine frau
und versucht zu fliegen
auf der großen wiese
springt eine frau
und versucht zu fliegen
sie hat dicke beine
ich hab einen viel viel dickeren bauch
ich glaub ich würds
erst gar nicht versuchen
My best time for writing poetry
was when I had time,
when I had all the time in the world
and nary a care.
I had time enough to read
Yu Hua’s every novel and many stories,
just because of the feel of his language
and Republic of Wine by Mo Yan
and Gao Xingjian, all in Chinese.
I didn’t write many poems.
Maia was small. I had time before her.
Actually, translating more poetry
began just before Leo was born.
Anyway, we were in China
forever.
Dianqiu Gujiu, 1959 in Miluo, Provinz Hunan, geboren. Eisenbahnpolizist in der Provinz Guangdong (Kanton). Publiziert seit 1985. Gehört zur Richtung der Abfalldichter (Laji shipai).
am feiertag denk ich an meine mutter
einmal bei einem streit
heb ich einen hocker
du vieh! schreit die nachbarin-tante
schlägst sogar deine mutter
ich hab den hocker trotzdem geworfen
nur absichtlich bisschen daneben
ich frag mich ob ich eine woche ohne handy auskomme
ich müsst meinen wecker reparieren
ich müsst oft jemand fragen
wie spät es ist was haben wir heute
der stundenplan ist elektronisch
ich müsst überall ein buch mitnehmen zum lesen
aber manche youtube-tutorials sind so toll
zum beispiel die frau mit einem meter langem haar
die ist schon erwachsen
In einer Pause von unserem Wettlesen
geh ich mit Jiang Erman auf die Toilette.
Auf dem Weg
sagt sie dauernd
Ungerecht!
Ungerecht!
Keine Gleichberechtigung!
Die Männer können das Klo besuchen,
wo Li Bai hingegangen ist!
Aber wir Frauen nicht!
NEUE LYRIK,
übersetzt und vorgetragen von Martin Wnter.
Yi Sha 伊沙 aus Xi’an 西安 stellt seit 2011 jeden Tag ein Gedicht in chinesischen sozialen Medien vor. Jetzt sind es über 900 Autorinnen und Autoren mit über 2500 Gedichten. Die Initiative heißt auf Chinesisch 新世纪诗典, auf Englisch New Century Poetry Canon, abgekürzt NPC. “NPC” wird sonst für National People’s Congress verwendet, den Nationalen Volkskongress, die parlamentarische Versammlung in Peking, die jeden März zusammentritt. Yi Sha streicht die Abkürzung hervor, weil er stolz ist auf diese breite und dadurch relativ demokratische Versammlung der Poesie aus allen Teilen des Landes. Und das völlig abseits der offiziellen Strukturen wie Schriftstellerverband etc. Berühmte Namen sind vertreten, aber vor allem ist es eine Plattform für vielartige und immer wieder erstaunliche Entdeckungen. Viele dieser Texte werden schon am ersten Tag 10.000 Mal oder noch öfter angeklickt. Später werden sie in Büchern gesammelt, sieben Bände sind schon erschienen. NPC ist mit zahlreichen Aktivitäten in ganz China und darüber hinaus verbunden. Im Herbst erscheint bei fabrik.transit in Wien eine zweisprachige NPC-Anthologie. Am 24. Mai 2018 werden im Literaturhaus Wien bei der Präsentation des China-Schwerpunkts der Zeitschrift Podium AutorInnen vorgestellt, die in der Anthologie vertreten sind.
In München brachten wir neue Lyrik dieser Dichterinnen und Dichter: Chun Sue 春树, Li Xiaoxi 李小溪, Wang Qingrang 王清让, Jun Er 君儿. Und natürlich Yi Sha 伊沙. Dazu noch Liu Xia 劉霞.
Chun Sue 椿樹 AUFGEREIHT
am nachmittag ist mir fad
endlich les ich das buch
das mir vor einem jahr
jemand aus freundschaft geschenkt hat
ich les alle gedichte
traurig sein und betrübt
kommen ein paarmal vor
sex auch nicht wenig
große namen sind hasenlöcher
in der wildnis so häufig
ich les sogar meinen eigenen namen
und den von jemandem
mit dem ich früher beisammen war
das kommt davon dass wir alle dichter sind,
ai!
Übersetzt von MW im April 2017
Chun Sue, geb. 1983 in Beijing, stammt aus Shandong. Nach dem Welterfolg ihres Romans “Beijing Doll” war sie auf dem Cover von Time Magazine. Lebt mit Mann und Kind in Berlin.
In der letzten Nacht in Pjöngjang,
nach dem Abendessen und nach dem Schwimmen,
hab ich ein Rendez-vous
mit einem Burschen aus Hangzhou von unserer Gruppe.
Wir schleichen uns hinaus zum Mondspaziergang,
auf der Brücke
sind wir grad zwei Sekunden,
dann kommen schon Lichter
von Taschenlampen
von weitem. Und Rufe,
vielleicht Parolen zur Warnung.
Wir sind erschreckt
und drehen gleich um.
Ich sag beim Gehen,
mir ist kalt.
Er zieht seine Jacke aus, legt sie mir um.
Unter den prächtigen Säulen
des Kinos von Pjöngjang
umarmen wir uns,
immer noch aufgeregt.
Er sagt, schläfst du mit mir?
Ich lass die Leute in unserem Zimmer
andere Betten finden.
Das ist wirklich romantisch.
Ich sag, bist du lebensmüde?
Was glaubst du, wer ich bin?
Ringsum ist alles finster
Niemand sieht dieses Pärchen.
Nur das große Yanggakdo-Hotel
ist noch hell.
Im Schwimmbecken sind lauter Roboter
Im Kinderbecken auch
Schwimmlehrer sind ebenfalls Roboter
Die anderen bemerken dass ich nicht wie sie bin
Die Lehrerin schickt mich ins Roboterkrankenhaus
Wenn sie nicht aufpassen
renn ich nachhaus
mal mit bunten Stiften ein Bild
mal sie alle hinein
Mal mich selbst auch als Roboter
2015-07-02
Übersetzt von MW im April 2018
Li Xiaoxi (Shanghai), weibl, geb. am 28.7.2008.
机器人游泳池
李小溪(上海)
我去游泳的时候
机器人看着我
游泳池里全是机器人
儿童池里也是机器人
教练也是机器人
人家看我跟他们不一样
教练让我去机器人医院看看
我趁他们不注意
就跑回家
用彩笔画了一幅画
把他们都画下来
把自己也画成了机器人
Wang Qingrang 王清让 1960
Vater hat
zwei Maisdiebe erwischt.
Ein junges Paar, sie knien am Boden:
“Wir haben wirklich keine Wahl!
Das Kind schreit vor Hunger die ganze Nacht,
wir haben kein Körnchen Essen daheim …“
Vater winkt ab,
er lässt sie gehen.
Plötzlich fällt ihm etwas ein,
er ruft sie zurück.
Hebt ein paar Maiskolben auf,
drückt sie in ihre Hände.
Übersetzt von Martin Winter im Februar 2017
Wang Qingrang. Männl., geboren im August 1976. Wohnt in Xinxiang, Provinz Henan.
Als ich 14 bin in der Mittelschule,
schickt Mutter Vater, um mich abzuholen.
Er bringt mich direkt in die Dorf-Strickfabrik.
Sie geben mir ein Versprechen,
schafft meine große Schwester es nicht auf die Uni,
kommt sie statt mir in die Fabrik
und ich darf wieder in die Schule gehen.
Das heißt nur eine von uns zwei Schwestern
darf weiter lernen.
Das Schicksal benachteiligt meine Schwester,
um ein paar Punkte verfehlt sie die Uni.
Ich schaff es bis nach Jinan in Shandong.
Die Schwester arbeitet, heiratet,
hat eine Fehlgeburt, bringt sich um
mit einem Pflanzenschutzmittel.
Am Esstisch spricht Mutter zum x-ten Mal von der Vergangenheit.
Sie sagt, ihr habt es noch nicht so schwer,
wers schwer gehabt hat ist schon längst Asche und Rauch.
Übersetzt von MW, 2015-2018
Jun Er, geb. 1968 im Dorf Yunjiazhuang im Kreis Baochi unter der Stadt Tianjin. Reporterin. Mitarbeit bei der Poesiezeitschrift Kui (Sonnenblume). Lebt in Tianjin.
《针织厂》
上到初中二年级的时候
母亲派父亲去乡中接我
直接把我拉到村办针织厂上班
答应我的一个条件是
如果姐姐考不上大学
由她顶替我到工厂上班而我
可以继续上学
也就是说我们姐妹只能有一个
可以读书
命运薄待了姐姐却厚待了我
姐姐几分之差落榜而我重回校门
以后是我赴山东济南读书
姐姐上班,结婚
孩子死胎,她死于农药中毒
自己对自己下手
饭桌上第N次提起往事
觉悟了的母亲说你们还不是最惨的
是啊最惨的早已灰飞烟灭
Photo by Liu Xia
Liu Xia 刘霞 POMELO
ich halt eine pomelo in meiner hand
eine goldgelbe große
mit ihrem leicht bitteren duft
ein kleines messer ist schon genug
obwohl die haut recht dick gewirkt hat
ein wortloser schmerz
ich fang an zu zittern
ein leben in dem du keinen schmerz spürst
ein obst das niemand herunter nimmt
wartet nur aufs verfaulen
ich will wirklich gern die pomelo sein
geschnitten werden oder gebissen
besser im schmerz
in ruhe sterben
als im eigenen faulenden körper
die maden wimmeln sehen
einen ganzen winter
mach ich dieselbe sache
schneid eine pomelo nach der anderen auf
und hol mir nahrung aus ihrem tod
13. September 1999
Übersetzt von MW im März 2018
Liu Xia ist Malerin, Dichterin und Fotografin. Sie war mit dem Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo verheiratet. Geb. 1. April 1961 in Peking. Ehepartner: Liu Xiaobo (verh. 1996–2017) Geschwister: Liu Tong, Liu Hui (Wikipedia)
Xichang, Internationale Woche der Poesie.
Im Zhaojue-Center
hält Qinglang Lihan
eine programmatische Rede
über Anna Achmatowas
bitteres Schicksal.
Ihr erster Ehemann
Nikolai Gumiljow
wird wegen “Konterrevolution”
erschossen.
Gleich nachher springt
ein Mittelschüler
aus dem Volk der Yi
in moderner Kleidung
auf die Bühne.
In verzerrter Haltung,
mit zornig aufgerissenen Augen
gibt er spuckend von sich:
“Ihr Hundefurz-Poeten,
könnt keinen Stift gerade halten,
vor dem Elend der Leute
verlangt ihr keine Gerechtigkeit!
Dann kommt ihr in die Provinz
und redet von Konterrevolution …”
Wir sind alle baff,
völlig ratlos.
Nachher
fährt unser Bus
durch die Kleinstadt davon,
und ich seh den Schüler
allein auf der Straße,
immer noch zornig
gehen und schnauben.
Wie eine einsame
wandelnde Bombe.
wenn du eine reise tust
konzentrier dich
und alle sachen
werden dich tragen
bevor ich nach laos fahr
ein video: elefantengrenzübertritt
an der grenze china-laos
eine kamera wacht in der nacht
vor mitternacht
überschreitet eine elefantin die schranken
von china nach laos
frisst sich in laos den bauch rund
nach mitternacht
kehrt sie zurück
glaubst du liebt sie ihr vaterland?
dann gib ihr bürgerschaft und einen pass
eigentlich
kann man nicht einmal sagen sie liebt ihr zuhause
sie geht aus ihrem schlafzimmer
in ihre küche
auf einen snack
dann geht sie zurück und schläft sich aus
who gives birth to me
feeds me
carries me on the shoulder
to Qinglian who
treats me
pulls me
out of the water
teaches me how to read
calls me by my childhood name
to this day
who dies with my name
on the lips
teaches me how to drink alcohol
hands me the kitchen knife
calls me on the phone
to praise my poetry
the one who loved me
and doesn’t recognize me anymore
who cuts out one kidney
wakes me up from a coma
teaches me tax collecting
waves at me one field away
for the very last time
…
they
are not the same person
they make
this lump of flesh and blood
into a person
3/21/18
Tr. MW, 5/3/18
Jiang Xuefeng DER UND DER MENSCH
der mich geboren hat
der mich gefüttert hat
der mich auf der schulter getragen hat
bis nach Qinglian der mich
untersucht hat
der, der mich aus
dem wasser gezogen hat
der mir das lesen beigebracht hat
der mich heute noch ruft
wie als kleinkind
der mensch der stirbt mit meinem namen
auf seinen lippen
der mir das trinken beibringt
der mir das gemüsemesser in die hand gibt
der, der mich anruft und sagt
er mag meine gedichte
der mich geliebt hat
und mich jetzt nicht mehr erkennt
der mir eine niere herausgeschnitten hat
der mich aus dem koma aufgeweckt hat
der mir das steuereintreiben
beigebracht hat
der mir winkt ein weizenfeld entfernt
und den ich nie mehr sehe
…
die sind nicht alle
derselbe mensch
sie haben mich
diesen klumpen fleisch
zum menschen
gemacht
there is a beautiful light on my balcony,
orange somehow like rotten leaves,
halloween faces slowly crumbling,
no longer faces except when you know
it is a foggy day but life is beautiful,
people outside are blessedly few.
sometimes you’re not sure if they’re male or female,
farther away, they’re just a figure.
sometimes there are lights from faraway cars,
most often there’s nothing.
we live behind the new railway station,
south of the center, bricklayer’s district.
south railway station, south or southeast,
freight cars repairs, probably rabbits,
rabbits remain beyond the park
where they’re still building.
all this space belonged to the railways,
a railway man still heads the country,
socialist party, born in this district.
a railway manager,
good thirty years now
they wanted managers leading the socialists,
managers living in union housing
in the first district.
still people vote for them,
there is a big gruesome alternative,
helped by the socialists
through advertising
in the free newspapers.
railway man realised that
thirty years late at least.
there is a beautiful light on my balcony,
orange wildflowers and rotten stuff,
beautiful things come out next year.
nach der operation von meinem vater
schenk ich den klappstuhl zum warten
vor dem operationssaal
einem fremden stehenden angehörigen
so kommt es im Xijing-Spital in der nacht
auf den langen leeren gängen
zu einer verfolgungsjagd
ich renn mit dem rollbett von meinem vater
der fremde hinter mir
rennt mit zehn yuan in der hand
lieber fremder
lass mich ziehen
was ich irgendwem geben kann
in dieser stunde
ist halt nichts anders
ich bin ein pferd
ein pferd das gern flieht
leute sagen sie fürchten
wenn ich wieder flieh
werd ich verrückt
aber ich glaub
flieh ich nicht
werd ich sterben
also muss ich weg
mein gedichtband
nicht nur dass er
sich nicht verkauft
auch verschenken
ist schwierig
ich geh auf eine reise
poesiekonferenz
fünf bücher im rucksack
aber dort
nehm ich keins
aus dem rucksack heraus
paar tage später
sind alle noch da
ich trag sie wieder heim
nur
auf dem flugplatz bei der kontrolle
sind sie zweimal gescannt worden
ich zähl zwei neue leser
dazu
Juliane Adler liest aus dem noch unveröffentlichten Manuskript VERGEGENWÄRTIGUNGEN
David Howard (Neuseeland) liest aus seinem neuen Buch THE ONES WHO KEEP QUIET (Otago University Press 2017)
Martin Winter liest aus ÜBERQUERUNG DES GELBEN FLUSSES 2 von Yi Sha und eigene neue Gedichte
1) Do not read it out or memorize it, do not recite!
2) Only one poem per person!
3) Only one person reading one poem!
4) Do not recite like a professional!
5) No special cell phone status is required while reading poetry.
6) While reading poetry, it is forbidden to kiss, to undress or to munch popcorn.
7) After drinking alcohol, you can read poetry as long as you make out the characters.
8) Besides Chinese Mandarin, please read the characters in any sort of language or dialect!
9) Sexy women with a little bit of perfume are welcome to read!
10) Light music accompaniment is also encouraged.
11) It is strictly forbidden to ask any author to explain any poem in any way!
at my reading I was a star
I did nor see the moon
the moon was huge and round and white
bettina told me
a fat sow in hiding
when she came at dusk
my daughter would not let me smoke
this one cigarette
we saw the moon next day in the evening
before going to bed
summer savings time
or whatever it’s called
will be over soon
MW October 2016
MOND BEI DER LESUNG
bei meiner lesung war ich ein star
ich hab den mond nicht gesehen
der mond war groß und rund und weiß
hab ich erfahren
fett hinter wolken
meine tochter hat aufgepasst
dass ich nicht rauche.
am nächsten abend
haben wir ihn zusammen gesehen.
nächste woche
ist endlich winterzeit.
MW Oktober 2016
GOTT
gott ist der staub auf der erd
im all unter menschen und käfern
god’s in the dust on earth in space
under bugs and other people
god’s the steeple
the chaser
water of life and all that
god is the cat
or the rat
length and the breadth
length of breath
got ist tot
was ist got
is it goth
people who try & fail to be german
gott ist im lot
in seiner stadt
god is in lot and his wife
in their town
in their flight
certainly not in dublin rules
rather in
every other thing
over there,
here, anywhere
everyone who helps
who says no
to glib politicians
takes a stand
not in the apes who crow for deutschland
god is the dust, rust and the whiskey
chests and nuts, snowballs
bluster of autumn
blushing of spring
small crazy thing
amerikanische demokratie
wir sehen einfach wie
sich zwei clowns produzieren
nur die menschheit sagt sich zum trost
“ah! die wahl das system das sie auswählt
ist aber gerecht.”
Yi Sha EIN GUTER DICHTER, ICH DENK IMMER WIEDER AUF EINMAL AN IHN
vor fünf jahren in huizhou
jiang huhai hat mich dazu gebracht
mit arbeitsmigranten zusammen zu lesen
ich les meine eigenen gedichte
bestehe darauf alles bis zum ende zu hören
stoße damit auf spott und unverständnis
sogar auf zweifel an meinen gründen
von seiten eines schwindlers aus übersee
und zweier dichterinnen aus peking
weder damals noch heute weiß einer von denen Xu Lizhi
war einer der dichter dort auf der bühne
Five years ago, passed by in Huizhou.
Jianghu Hai pulled me up on a stage.
Migrant workers reciting their poetry.
I read my own stuff,
then insisted on listening until the end.
For this I received scorn and confusion
from an overseas swindler
and two female poets from Beijing,
who also questioned my motives.
They didn’t know
and don’t know today
Xu Lizhi
was one of those workers
up there on the stage.
Alle Bücher sind neu in der Edition fabrik.transit erschienen.
Begleitend zur Lesung sind die Buchgrafiken von Franz Blaha ausgestellt.
Freitag, 16. September 2016, 19:00 Uhr WERKL IM GOETHEHOF
Schüttaustraße 1-39/6/R02, 1220 Wien
U1 Station Kaisermühlen, VIC, 5 Minuten Fußweg oder Bus 92B
In my dream
they hung me up,
dipped a whip in cold water
to beat me,
so I should confess.
Their question
was tricky:
“Why do you write poems?”
I told the truth:
“I don’t know.”
The leather lashed as heavy rain,
thicker, harder.
Really couldn’t stand it,
so I roared, “Pain! …”
A miracle happened,
the rain stopped.
in der nacht
geh ich raus aufs klo
sehe
die schaukel
an der weinranke
schwingt noch
mondlicht
sitzt
und freut sich
2015
Übersetzt von MW im Januar 2016
馬非 《小时候》
夜半
出门小便
看见
挂在葡萄架
的那具秋千
还在晃荡
月光
优哉游哉
坐在上面
2015
Ma Fei IN DOUBT
Some people say this country
resembles a public toilet.
Some go further and say
it is a latrine.
I am not of the same opinion.
Whenever I enter such a latrine
I feel I am going to
spit out all my entrails.
In real life
I don’t feel this
all the time.
2015
Tr. MW, 2016
Ma Fei ZWEIFEL
manche sagen dieses land
gleiche einem pissoir
andere meinen sogar
es sei eine latrine
ich hege nicht dieselbe meinung
auf einer latrine
hab ich immer das gefühl
ich spucke alle innereien heraus
sonst im leben
ist das
nicht immer so
Dog poems,
even if they are good ones,
I’m not going to write them,
after my wife said,
“once our son
has left for college,
we’ll get a dog too.”
2016
ENTSCHEIDUNG
hundegedichte
auch wenn sie gut sind
werd ich nicht schreiben
nachdem meine frau gesagt hat
“wenn unser sohn
weit weg auf der uni ist
dann nehmen wir
uns auch einen hund”
my feeling against The People
comes from my childhood,
from the movies I saw.
those guys on the screen
they always killed
in the name of the people
one time they shot
the father of a girl I was fond of
the girl was so desperate
she saw no way out
drowned herself in the river
2016
DAS VOLK
meine abneigung gegen das volk
kommt aus den filmen
aus meiner kindheit
auf der leinwand
haben sie immer
im namen des volkes
leute getötet
einmal
wurde einer erschossen
der war der vater
eines mädchens
das ich gern hatte.
sie war untröstlich
sah keinen ausweg
und ging ins wasser
Concerning the end of a tv drama,
I had an argument with my wife,
it got rather intense.
The revolutionary cadre,
about to take leave from this world,
trembling while reading his file,
secretly printed out by his son,
saying: “You all take a look,
my whole life is blameless
not one little blemish!
I am happy, I am content.”
Then he dies with a smile.
And I ruined it and said:
“He should have been in agony!”
obwohl man sagt
leben ist endloses ertragen
manchmal kann man es nicht mehr halten
würd ich nicht schreiben
für umleitung sorgen
müsst ich explodieren
obwohl ich durchs schreiben
erst richtig erfahre
leben ist endloses ertragen
This summer in Xiaozhai in Xi’an,
on a pedestrian bridge.
A friend from college,
my former girlfriend,
she took my picture but didn’t know it.
Only later she went through her mobile.
She sent it to me, then I realized,
we had been there at the same time,
but missed each other.
She took a photograph of a beggar,
I was in there by accident.
You can see on the photo,
I passed the beggar,
gave him no money.
2015
Tr. MW, 2016
Ma Fei VERPASST
im grad erst vergangenen sommer
xiaozhai in xi’an, eine fussgängerbrücke
dort hat mich meine frühere freundin
und studienkollegin fotografiert
sie hat es zuerst nicht gewusst
später in ihrem handy hat sie mich entdeckt
mir das foto geschickt dann habs ich erst gewusst
wir waren gleichzeitig am selben ort
und haben uns ausgerechnet verpasst
sie hat einen bettler fotografiert
mich dabei zufällig auch aufgenommen
auf dem foto sieht man
ich geh an dem bettler vorüber
und geb ihm kein geld
Tu Youyou received her Nobel
in Stockholm
Biology prize or Medicine prize
and thanked them
on China Central Television
they didn’t air her for long
but I started sweating
I was afraid
the speaker would blurt out:
“This is another victory
for the working masses’ wisdom
of the Chinese people.”
If it was a victory for Chinese medicine,
I guess
that would be ok.
an einem tag
unterwegs
im bus
beim abendlichen spaziergang
haben drei leute
wie ausgemacht
mich dasselbe gefragt:
“da ist etwas in der luft,
es stinkt, riechen sie das?”
ich sag jedesmal
“meine nase ist entzündet”
wie ausgemacht
haben alle drei nicht nur neid im gesicht
sondern antworten auch noch dasselbe:
“entzündete nase haben ist gut!”
tief in meinem traum
hat mich jemand leise erwähnt
ich spitz die ohren
hör nur einen satz
aber das ist genug:
“dieser kerl ma fei
ist ziemlich stolz.”
ich bin gleich erleichtert
und kicher sogar
das war gute nachrede
jedenfalls
für einen dichter
ich glaube nicht
dass der schornstein
der hinter der statue
des dichters Du Fu
in dem ort wo er lebte
fröhlich paffend
schwarze wolken ausstößt
böse absicht ist
im gegenteil
er meint es gut
es ist eine aktion
er will kontrastieren
kontrastieren und stärken
die sorge des dufu
um sein ganzes volk
dieser klassische ausdruck
das ist ihm gelungen
2016
Ma Fei ART PIECE
I don’t think
the smokestack
spouting
clouds of dark smoke
behind Du Fu’s statue
in the town where he lived
was put there with ill will.
On the contrary,
I think it is well-intentioned.
It is a performance,
they want to contrast and emphasize
Du Fu’s great sorrow
for the land and the people
that classic expresssion
it shows very well
April 15, 2016 in Vienna. #Schutzbefohlene *
Spring is a wonderful season,
trees spilling their green.
Some are cut, some are planted.
Downstairs across they are planting a park,
used to be train tracks.
Last year we had refugees at the station.
Spring is a wonderful season.
They said it was 90,000 people or so
in all of Austria,
mostly in a few months,
who wanted to stay in this country.
Ten times more went on to Germany.
So many people wanted to help.
Train workers, even police.
Volunteers, often more than enough.
We live in the neighbourhood.
My daughter Maia went down to play with the refugee children.
After a while she knew the volunteers.
It was safe.
The refugees staid down by the station.
Some people from our house took in refugees.
There was discussion to use the shop,
the empty shop downstairs in this new house,
for refugee quarters.
Just for the winter.
That shop has bathrooms and everything.
But then they closed down at the station.
It was in December.
They took them with buses, they said, from the border.
On to Germany.
If you said you wanted Germany, they let you in.
They were building a fence.
So in December, the station was empty.
Maybe Mid-December.
No quarters in our house.
But people still coming in.
Coming up through the Balkans, used to be Yugoslavia.
In early January we played Tarot down in the library.
We have a library in our house.
And we play cards, for a few pennies.
On Friday nights.
We have had readings, and even theatre.
Gudrun and Peter, they built a stage.
Downstairs in the big common room.
We had a night reciting Bob Dylan.
Down you masters of war.
But then in January, there was Cologne.
In Cologne at the train station, on New Year’s Night.
Hundreds of women harassed.
Raped, one or two.
Many foreign men there at the train station.
Not enough police, or police doing nothing.
We should discuss this, one of us said.
We had been playing cards.
What is there to discuss, there ‘s not much in the news.
Maybe social networks did play a role.
I want to discuss this.
These refugees becoming a problem.
What is there to discuss, there’s not much in the news.
These refugees becoming a problem.
A discussion is stupid, without any facts.
So one of us went away in a huff.
Later I was away, I was in China.
In southern China, a poetry trip.
From southern China to Southeast Asia.
Self-organized.
The year before they went to Vietnam.
Wrote some good poetry.
Vietnam wars in the background,
including China attacking Vietnam.
And other stuff, daily life.
Morning routine.
This year I went with them through Southeast Asia.
Poets from all over China. 16 or 17.
One or two guides.
Guides of Chinese extraction.
Thailand, Singapore. And Malaysia.
Then back to Nanning, to southern China.
Poetry meetings, almost every night.
Sometimes more.
One time in the airport.
Plane was delayed, nothing better to do, call a poetry meeting.
Poems written there on the road.
Yi Sha has this dream, before every border.
Dreaming they won’t let him through.
Normally he writes down all his dreams.
Makes for good poetry.
But not this time, he was afraid.
Only when we were safe in Malaysia.
They had a crackdown, in Kuala Lumpur.
There was an attack in Indonesia.
Muslim majority in Malaysia, too.
If the father is Muslim, the child has to be Muslim.
Not Chinese or anything else.
It was not like this before.
At least according to our guide.
They have elections and a Sultan.
Or they call him a King, at least in Chinese.
It’s a beautiful country.
Tribes in the woods.
Our guide lived with a tribe for a week.
For a project at university.
She was very young, has a small child.
She speaks Fukien Chinese.
Mandarin with the tourists, of course.
Liked to talk about sex.
Malaysian men with many wives.
Just a few Muslims, who can afford it.
On February first, I came back to Austria.
Refugees still coming, though not so many.
News had been shifting.
Creating a climate against refugees.
We put a limit on loving our neighbours.
That was a poster.
The foreign minister, he’s very young.
The interior ministress.
She’s not there any more now, she’ll become governess.
Governor of Lower Austria.
And the candidate.
Their candidate for Federal President.
President is just a figurehead here.
Like in Germany.
In Germany, he is elected in parliament.
So he is from the majority party.
He or she.
In Austria, everyone votes for the President.
Everyone should.
Everyone is automatically registered, every citizen.
Nowadays you can vote in advance.
Local district office.
Ballot per mail, or there at the office.
That guy for limits on loving your neighbour won’t make it.
He’s trailing far behind in the polls.
But his policies are federal policy.
They let that happen, the Social Democrats.
They are the majority.
But they let it happen, they are just like the rightists.
News had been shifting.
These refugees becoming a problem.
Some Social Democrats work with the Rightists.
Those other Rightists.
That Freedom Party.
Some Neo-Nazis.
Some Neo-Nazis cling to this party.
Some were just Liberals.
In the 1980s they were for joining the European Community.
Anyway now they are shameless Rightists.
Austria should not be ashamed, they proclaim.
Including old Nazis, including SS.
And Social Democrats think they should work with them.
But they are trailing, the Social Democrats.
Maybe their candidate will fall behind,
though not as far as the one with the limits.
They are far behind, both of them.
Three candidates are in front.
Front-runner is from the Green Party.
They always were for refugees.
And there is a woman.
Not from a party.
A former judge.
Liberal views, for the economy.
Definitely not from the Left.
Those two were leading.
But Freedom Party candidate is closing up.
No, he doesn’t say we are all Germans.
Though he says many things.
Austrians first, don’t be ashamed.
Don’t be ashamed of anything.
Works better than just talk about limits.
So I’ve voted already, ten days in advance.
I’m afraid.
That Freedom guy is worse than Trump.
Similar causes why they are so popular.
Austria is very small.
President is just a figurehead.
But I’m afraid.
Austria becomes Hungary.
Headline in Switzerland, two days ago.
Rightist government, fences.
Italy protesting, not only Greece.
Against Austria, in the EU.
EU has been weak.
Rightist reactions in Eastern Europe.
Rightist rhetoric against refugees.
From Social Democrats, some of them.
EU is weak, was very weak in the Yugoslav wars.
Mid-April sun is shining outside.
Spring is a beautiful season,
trees spilling their green.
Some are cut, some are planted.
Downstairs across they are planting a park.
Martin Winter
April 15, 2016
*Schutzbefohlene means people placed under protection. It is the title of a play by Elfriede Jelinek, the Austrian author who won the Nobel prize for literature in 2004. She wrote the play in 2013. It was performed, by refugees, at University of Vienna on April 14, 2016, when a group of rightists stormed the stage. They sprayed red paint and reportedly injured performers, including children. I wrote the long poem above on Friday morning, April 15. I had not been at the performance and knew nothing about the incident before my text was finished. But I think my text works as background reading, at least.
god is for humans
god is for earthquakes
god is for bishops
god’s for the birds
god is for pawns
god is for efforts
god is for nothing
god’s beyond words
Hauptsache, es wird geredet. Über Ashraf Fayadh und das Todesurteil über ihn. Die Schande. Auch ein arges Wort. Shame. Starker Roman von Salman Rushdie, auch wenn er damals verrissen wurde. Früh, gleich nach Midnight’s Children. Verurteilt wegen Glaubensabfall. Stinkt nach Öl. Vor ein paar Tagen war eine schöne Lesung hier in Wien. Für viele Frauen und Männer, die Gedichte geschrieben und sich zu Wort gemeldet haben. Sollte es öfter geben. Die Bedrohung ist leider die ganze Zeit da. An vielen Orten.
Zugleich entlarven sich die ach so Christlch-Sozialen selbst. “Der Nächstenliebe Grenzen setzen”. Unter diesem Schild, oder war es ein Transparent? Da sind sie alle gestanden. Der Außenminister. Die Innenministerin. Der Präsidentschaftskandidat. Zu wünschen ist ihnen ein Ergebnis bei der nächsten Wahl wie bei der letzten, der Wahl in Wien im Oktober 2015.
Im Österreichischen Konsulat in Kairo, oder im Außenministerium wird irgend jemand entschieden haben, Omar Hazed kein Schengen-Visum zu gewähren. Über den Dichter Omar Hazed ist in letzter Zeit auch schon öfters berichtet worden. Leider konnte er nicht ausreisen, gestern oder vorgestern. Das ist auch Ai Weiwei passiert, damals 2011. Dann wurde er verschwunden, wie es so schön heißt. 被失踪了。He was disappeared. Für eine Zeit. Oder wie sagt man auf Deutsch? Fünf Buchhändler und Buchhandelsangestellte wurden kassiert. Alle aus Hongkong. Von der Staaatssicherheit. Der Chinesischen.
Liao Yiwu hat darüber geschrieben, dass auch er gewarnt wurde, im Jahr 2011. Von der Staatssicherheit. Die war alarmiert, durch den Arabischen Frühling. Viele durften nicht ausreisen. Auch wenn sie schon Tickets hatten. Und sogar Visa. Wie auch Liao Yiwu. Ai Weiwei fuhr trotzdem zum Flughafen. Er wollte nach Taiwan, zu einer Ausstellung.
Wir hätten auch ein Gedicht von Liao Yiwu vortragen können bei der Lesung für Ashraf Fayad. Hätte auch gut gepasst. Etwa das Lied für Ilham Tohti, der 2014 in Ürümqi in China zu lebenslänglicher Haft verurteilt wurde. Fürs Reden, Schreiben, Unterrichten. Für offene Worte. Im Dezember ist es gesungen worden, in Berlin. Das Lied für Ilham Tohti. Ich habe es übersetzt. Ins Englische und ins Deutsche. Auch für ihn gab es große PEN-Aktionen, in New York und anderswo.
Heute wird in Taiwan gewählt. Bei der Lesung für Ashraf Fayadh am Mittwoch in Wien habe ich ein Gedicht von Hung Hung vorgetragen. Über einen jungen Mann, der sich umgebracht hat. Nachdem er gesucht worden war, nach einer Demonstration. Hung Hung hat Erich Fried übersetzt und vorgetragen. “Die Gewalt”. Bei der Besetzung der Legislative, des “Legislative Yuan” vor zwei Jahren. Poesie muss nicht immer absichtlich von Politik sprechen. Hauptsache, es wird geredet.
Liao Yiwu: Reading at Literaturhaus Vienna
Thursday, 8th of October 2015
PRISON. TEMPLE. (Long Poem) 廖亦武:監獄-寺廟
Liao Yiwu (China) Mein Gefängnis. Mein Tempel.
Übersetzt von Martin Winter. Veröffentlicht in Akzente, Sept. 2015。 Hg. von Herta Müller und Jo Lendle.
Moderator: Wolfgang Popp
Music: Liao Yiwu
Interpreter: Yeemei Guo
ein mensch allein
schau rechts hinauf im dreissig grad winkel
seufz ein tiefes “ah”
dort schwebt eine wolke
allein dreh den kopf
schau links hinunter fünfzehn grad
tiefgefühltes “ah”
dort ist publikum dunkel dunkel schwarz
ein mensch allein heb langsam den kopf
schau nach vorn
streck deine arme aus breit deine schwingen
ein tiefer atemzug
ein langgezogenes ausatmen:
ah ————————-
der kameraarm kommt heran
der lange hals einer giraffe
ein mensch allein mach ah ah ah
verbeug dich dreimal
ab
i dreamt ma fei was a policeman
took yi sha many foreign poets and me
to the police station
because of public reciting of poetry
when we go in
yi sha shows his journalist’s card
it’s no use
we have to wait in the corridor
for a long time into the night
I wish he could just let us go
but he can’t
I n-need t-to b-b-break out
f-f-from y-y-your s-sp-pout-ting s-song
b-break o-out o-of y-your h-house
m-m-my sh-shoot-t-ting t-t-tongue
m-m-mach-chine g-g-gunn f-fire
it feels so good
i-in m-m-my s-st-tut-t-ter-ring l-life
the-there a-are n-no g-ghosts
ju-just l-llook at-t m-my f-face
I d-d-don’t c-care!
1991
Tr. MW, 2015
Yi Sha 《结结巴巴》 ST-STO-TO-TT-TERN
m-mein st-sto-to-tt-ternd-der m-mund
b-b-behind-dderter schschlund
b-b-bei-sst- s-ich wund
an m-meinem r-rasenden hirn
und m-meine b-beine –
euer t-trief-fend-der,
schschimmliger schschleim
m-meine l-lunge
i-ist m-müd’ und hin
i-ich w-will r-r-aus
aus eurem g-gross-a-artiggen rh-rhythmus
a-aus eurem h-haus
m-m-meine
sch-schp-prache
m-masch-schinengewehr-s-salven
es tut so gut
in m-meinem st-stott-ttoterndem r-reim
auf m-mein l-leben g-gibt es k-keine l-leich-chen
s-s-seht m-mich a-an
m-m-mir i-ist all-les g-gleich!
1991
Übersetzt von MW im April 2013
<結結巴巴>
結結巴巴我的嘴
二二二等殘廢
咬不住我狂狂狂奔的思維
還有我的腿
你們四處流流流淌的口水
散著霉味
我我我的肺
多麼勞累
我要突突突圍
你們莫莫莫名其妙
的節奏
急待突圍
我我我的
我的機槍點點點射般
的語言
充滿快慰
結結巴巴我的命
我的命裡沒沒沒有鬼
你們瞧瞧瞧我
一臉無所謂
1991
Photos and videos by Beate Maria Wörz
Yi Sha 《精神病患者》 GEISTESKRANKE
theoretisch
weiß ich nicht
wie es sich äußert
wenn eine geisteskrankheit ausbricht
ich hab nur gesehen
in diesem land
in dieser stadt
wenn ein geisteskranker loslegt
streckt er den arm hoch und bricht aus
in parolen
der revolution
theoretically
I don’t know
how it should be
when a mental patient
suffers an outbreak
but what I have seen
in this country
in this city –
a mental patient suffers an outbreak:
up goes his arm
out come the slogans of revolution
1994
Tr. MW, 2013-2014
Photos and videos by Beate Maria Wörz
Yi Sha 《我想杀人》 ICH MÖCHTE JEMANDEN UMBRINGEN
ich fühle mich etwas komisch
ich will jemanden töten
oh! das war letztes jahr
herbst kroch über das laub
zwanzig todeskandidaten
am flussufer nördlich der stadt
“peng! peng!”
einer wurde aufgeschnitten
in der folgenden operation
erhielten WIR eine niere
I am feeling a little strange
– I want to kill someone
Oh! It was last year
autumn crept over the leaves
twenty death candidates lined up
at the river north of the city
„Peng! peng!“
One of them was cut open
and in the following operation
We got a kidney
1994
Tr. MW, 2015
Yi Sha 《9/11心理报告》 9/11 AUF DER COUCH
erste sekunde mund offen scheunentor
zweite sekunde stumm wie ein holzhuhn
dritte sekunde das ist nicht wahr
vierte sekunde kein zweifel mehr da
fünfte sekunde das brennt nicht schlecht
sechste sekunde geschieht ihnen recht
siebte sekunde das ist die rache
achte sekunde sie verstehen ihre sache
neunte sekunde die sind sehr fromm
zehnte sekunde bis ich drauf komm
meine schwester
wohnt in new york
wo ist das telefon
bitte ein ferngespräch
komme nicht durch
spring zum computer
bitte ins internet
email ans mädl
zitternde finger
wo sind die tasten
mädl, schwester!
lebst du noch?
in sorge, dein bruder!
2001
Übersetzt 2013 von Martin Winter
Yi Sha 9.11 REPORT FROM THE COUCH
Ist second: mouth barn-door open
2nd second: wooden-chicken stiff
3rd second: couldn’t believe it
4th second: it must be true
5th second: what a great fire
6th second: well they deserve it
7th second: this is retribution
8th second: these buggers have guts
9th second: must be their religion
10th second: before I realize
my own little sister
lives in new york
I need a telephone
long distance call!
can’t get a connection!
I go storming for a computer
where is the internet
typing out characters
writing an email
shaky fingers
“sister, sister!
are you alive?
your elder brother is worried sick!”
Presented by Tucson Poet Laureate Rebecca Seiferle!
Bentley’s House of Coffee and Tea, 6-8 pm
photo by Michael Gessner
4
Yi Sha SEX EDUCATION
One of our travels
We didn’t get out very much –
Nine years ago. Led us to Qingdao –
A summer of love
Sand castles, writing on rocks
Fresh clams in small restaurants
Very cheap. I remember
We lived in a school
A hotel for the summer
It was our summer of
Watching movies together
One night we sat
In the video room
All the way until morning
There was a flick about all kinds of fish
We were attracted
And then we felt
Shaken without compare
There was a fish called salmon
They had this one time
Of uninhibited communion
At the end of their lives
Fish of great beauty
Nine years ago
We don’t remember
How great it was
But no-one forgets
The pain at the end
at the hospital waiting in line
to pay for registration
suddenly he tells me
he wants to go to the bathroom
I let him stand in line
while I go to ask at the counter
then I come back to tell him
go to the second floor, take a left then go straight
it is on the right side
when you keep to the right you can see it
after a while he comes back
all confused.
“I couldn’t find it,
you know I can’t read
everywhere they’re waiting in line
and I didn’t smell
anything like a toilet!”
the organ and the choir begin
the people on the house are dead
the people at the bank are dead
the people at the post are dead
the houses in the town are old
the alleys and the streets are old
the organ and the choir begin
the children from the town are dead
the old ones from the town are dead
the women from the town are dead
the menfolk from the town are dead
the organ and the choir begin
the angels in the church are dead
the figures in the light are dead
the figures in the dark are dead
the alleys and the streets are old
the houses in the town are old
the organ and the choir begin
In the summer of 1992, in a vegetable garden on the roof of a shed housing inmates of the Sichuan Province Prison # 1, I spent three days alone with the old prisoner Zhang Fafu, who had been transferred to this prison at Nanchong from forced labor at a coal mine. Our task was to build a wall out of plastic parts and wire at the side where the roof garden faced the bathing pool, to prevent other prisoners from secretly watching the women taking their baths down below. I got this assignment at that time because my sentence was short, I was working at the kiosk of my unit and wasn’t considered a common criminal. So the cadre chose that old prisoner from the coal mine and me.
From the second day on he told me everything about himself. From his talking, I could feel the jolts in his soul. He had attended high school before Liberation in 1949, he loved reading and understood a lot of things; he even liked poetry. He asked me so often until I had no choice but to give him one of the poems I had written. A few days later, I was transferred. After I arrived at Prison # 3, someone from # 1 came to go over my accounts. That’s when I heard something happened to Zhang Fafu. He had taken the plastic parts from our wall, tied them to is arms and jumped from a building. He wasn’t dead, but he became a vegetable.
I don’t know if he read my poem. Later, when I was released from Prison # 3 upon completion of my sentence, I stuffed the original manuscript of this poem into a bamboo flute I had got from Liao Yiwu, and blocked the hole at the bottom with soap. This way I got to take the poem with me. All these years, whenever I think of Zhang Fafu, I think of our plastic wall. It’s not the same as the wall in my poem, but now I cannot separate the poem from Zhang Fafu.
Tr. MW, 2013
Translator’s note: Li Bifeng’s NOTE and the following poem (http://wp.me/PczcX-zk) are part of his novel Wings In The Sky (天空中的翅膀). One chapter is available on the LIBIFENG2012 WordPress site. The main characters are an old prisoner, a bird and a woman who lives in a shed not far from the prison with her daughter. The plot is rather interesting.
300 Modern Chinese Poems (Chinese-English) 汉英对照版《中国新诗300首》
Zhao Siyun 赵思运, who was introduced on the MCLC list by Michael Day a while ago with a poem called June 5th 六月五日, has a list of authors and poems on his Blog, for a Chinese-English anthology of over 300 modern Chinese poems 中国新诗300首. Compiled by an institution called International Poetry Translation and Research Centre, IPTRC. Very welcoming, diverse and expansive. Including writers from Taiwan, and many young voices. Liao Yiwu 廖亦武 is included, though not with his most representative work, probably. Lü Yuan 绿原 is there, he did a Chinese-German anthology, introducing Yu Jian 于坚 in 1990, rather early. Bei Dao 北岛 was included in there, but with a comparatively insignificant poem. He is better represented in this new effort, although I miss the mosquito. It’s very hard to include one or two significant poems from an author who is obviously politically significant.
Interesting to compare this with other anthologies, in Chinese and other languages. Zhongguo Xin Shi 中国新诗 (Fudan UP 2000), ed. Zhang Xinying 张新颖, has two poems by Zhou Zuoren 周作人, one against unnecessary water dams and a drinking song, both very impressive. Zhou Zuoren has not made it onto the IPTRC list. Of course it’s rather easy to come up with some of your favorites who are not represented, compared to shifting through many thousand poems and coming up with such a list. Huang Xiang 黄翔 is included, despite his dissident status, but he is already in Zhongguo Xin Shi 中国新诗. As usual, I am looking at newer people first, although I only recognize two from those born in 1970 or later. Zhou Yunpeng 周云蓬 is there, the blind folk singer. But not Cui Jian 崔健. Woeser 唯色 is there, which is great! But in general there are hardly any poets from minority nations in China.
Ha Jin 哈金 is missing, but he writes in English. Gao Xingjian 高行健 does not appear, but is mostly known for fiction and drama. So who else hasn’t made it? Yang Ze 楊澤、Hsiang Yang 向陽、Hung Hung 鴻鴻、Mai Mang 麦芒 (Huang Yibing 黄亦兵), who sometimes writes in English and teaches at Connecticut (there is another Mai Mang 麦芒 in China, known for one-liners).
On with the non-list: Sun Wenbo 孙文波、Li Nan 李南、Yang Jian 杨键、Zhu Wen 朱文、Yin Lichuan 尹丽川、Zheng Xiaoqiong 郑小琼、Ma Lan 马兰、Hong Ying 虹影、Pang Pei 庞培、Che Qianzi 车前子、Yan Jun 顏峻. I would have included Yan Jun’s 反对 Against All Organized Deception (translated by Maghiel van Crevel) and Ma Lan’s 事故和理由 The accident and the reason, maybe even combined with 仿佛 As If. And How We Kill a Glove 我们如何杀一只手套, if it wouldn’t be too long. Hong Ying’s 饥饿 Hunger, also written abroad. And one of Zheng Xiaoqiong’s 郑小琼 new female migrant worker’s portraits.
I have been reading a great anthology of Lithuanian poetry in the last few days. And there are beautiful anthologies of recent Chinese poetry in English, like the online treasure in the Spring/Summer 2006 issue of thedrunkenboat.com, edited by Inara Cedrins, or the Atlanta Review China issue. Without any Chinese characters, unfortunately. But these are important collections, with some great translations. The Drunken Boat collection is very diverse, including minority people in China, extra sections on Hong Kong, Macau and Singapore, as well as very much else from abroad. Even half of the non-minority nation poets in China who are in The Drunken Boat are not in the IPTRC 300. The Antlanta Review China collection, edited by George O’Connell, contains some of the best Chinese poetry I’ve read in translation anywhere in any language. And there is a good volume in English of Che Qianzi’s 车前子 poems and some of his friends, with a note in the back that the Chinese text can be found in some university library. Oh well. Many contemporary poets from China, including some world-famous ones, are not easily found in China. This has been going on for decades. Anyway, there is not enough modernity, not enough experiment in Chinese literature in general, especially in China. So it would be great to include some people like Che Qianzi 车前子 in any anthology. There is also not enough performance, that’s where Yan Jun 颜峻 and other sound and music stuff would come in.
The Lithuanian anthology mentioned above is from Poetry Salzburg Press. I love the long hallucinating love poem Bird in Freedom by Vytautas Bložė, written while imprisoned and “treated” in a Soviet psychiatric hospital. And the song-like evocations of Vilnius’ old city and the empty Jewish ghetto by Judita Vaičiūnaitė. The translations of these poems and many others by Laima Sruoginis are hauntingly beautiful. Much of the identity of the Baltic countries is built on songs, a great foundation for poetry.
poetry is very shy
reading is an entertainment
i could learn a lot from you
tell a tale, and read a song
read a verse, and tell a story
hear your favourite master’s voice
ramon gomez de la serna
reading is a pri-vi-lege
chinese students can be shy
there are many different kinds
many different kinds of shyness
many different kinds of songs
i could learn a lot from you
you are 53 this year
let me grow a little older
let me see my children grow
poetry is very quick
growing will be fast and slow
Two days ago I went to Wikipedia in Chinese and stumbled on a photo of the Dalai Lama. The browser started generating error messages. When I tried to get there again, my screen went black. Then it was blue, with a message from Microsoft about a serious system failure. “Starting memory dumping” was at the bottom. I had been using Gladder, a Firefox extension for circumventing the Great Firewall when you’re in China.
In the 1980s, when I was an undergraduate student, we had a Chinese reading class. It was mostly Chinese government-issued information on Tibet. There was one phrase I remember. The soldiers of the Chinese People’s Liberation Army were generous, so they didn’t ask the Tibetan people immediately to pay back the cost of pacifying their land. That was a memorable sentence. Then in 2001 or so I was translating and dubbing films for the Ministry of Culture in Beijing. There was a report on celebrating 50 years of liberating Tibet. Somebody important called me and asked me to please finish it quickly. It was a very important piece. Hu Jintao, who was already very important back then, had led a central party delegation on a fact-finding trip through Tibet to prepare for the celebrations. They stayed at ordinary people’s homes. And when they left in the morning, they gave the peasant family gifts to thank them for letting them stay. They gave them framed pictures of the core leaders of the Chinese Communist Party. Chairman Mao Zedong, Chairman Deng Xiaoping and Chairman Jiang Zemin. That was a memorable scene.
What is art? What is music? Music makes you dance or cry. Art is truth. It’s the truth in the ear of the beholder. Or in other orifices. Or somewhere in between. They call it the heart. There have always been found objects. And pictures of leaders.