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DICHTER GEGEN DIKTATUR – ein Video aus Myanmar, produziert von PoetInnen und GewerkschafterInnen in Yangon

3月 20, 2021

Erde in meinem Gesicht und eine Kassette ohne Tonband

Myanmar: Dichter veröffentlichen Video gegen das Militär

DICHTER GEGEN DIKTATUR

[Ein Video aus Myanmar: https://www.youtube.com/watch?v=tEjesG7R5BA, produziert von PoetInnen und GewerkschafterInnen in Yangon.]

[In einem Kreis aus weißen Blüten in grauer Asche auf der Straße steht eine kleine Metalltonne. Darin werden Zettel verbrannt. Eine Menschenmenge sitzt auf der Straße und skandiert.]

Nieder mit der Militärdiktatur!
Protest! Protest!
Streik! Streik!
Revolution!
Die Revolution wird siegen!

Gerechtigkeit und Freiheit müssen gewinnen,
in unserem Land, in unserer Nation.

Wir sehen, wie sie unsere Nationalhymne auf die Guillotine zerren.
Ihre Ansage, die Zeit der Sandalen sei zu Ende,
kommt in die Öffentlichkeit
wie ein gebrauchtes Kondom aus einem Bordell.

Wütend wie das Feuer der Hölle,
schreit der Oger Alawaka Drohungen
und zeigt seine schrecklichen Krallen!
Aber er wird auf seiner Brust liegen,
zu Füßen von Dharma und Sila.
Das ist der Weg der Wahrheit.

Weil sie ihre Würde als Menschen
nicht gegen eine Mundvoll Reis eintauschen,
haben sie Widerstand geleistet, haben ausgehalten,
sind zusammengefallen und umgefallen.

Die Revolution wird nicht im Fernsehen übertragen!

Die neue Nationalhymne kommt als Death-Metal-Version heraus. Kondomfirmen nehmen keine Kundenanrufe mehr entgegen.

Möge ich verlieren, möge die Wahrheit siegen!
Möge ich verlieren, möge die Wahrheit siegen!
Möge ich verlieren, möge die Wahrheit siegen!

Wenn die Bastarde verlieren und um Gnade flehen,
indem sie unsere Eier umfassen,
werden wir ihnen ins Gesicht pissen.

Wir schlagen nicht auf Töpfe und Pfannen,
weil es lustig ist.
Wir haben keine Waffen.
Wir haben höchstens Töpfe und Pfannen.
Wir haben keine Macht.
Wir haben nur Töpfe und Pfannen.
Haut auf die Töpfe! Schlagt die Pfannen!
Haut drauf! Haut drauf! Das ist unsere Revolution!
Haut drauf! Haut drauf! Das ist der Weg zu unserem Ziel!
Haut drauf! Haut drauf!
Haut drauf! Haut drauf!

Eines Tages werde ich Sternen-Bumen streuen, auf das Grab meiner kleinen Schwester.
Diesen Sommer können wir die Hunde nicht wieder tollwütig werden lassen.
Diesen Sommer wird jede Blume knospen und wundervoll aufgehen.
Diesen Sommer werden die Fahnen des Volkes im Wind flattern und triumphieren.

In meiner Jugend gab es nur einen Min Ko Naing.
Jetzt ist jeder junge Mensch Min Ko Naing.
Schützt alle Min Ko Naings!
Schart euch um alle Min Ko Naings!

Jedesmal, wenn ein schlechter Samen auf einer Bühne aufgeht,
versinkt die ganze Welt im Chaos.
Sie wird krank, ihr Körper brennt vor Hass.
Ich bin krank und nehme eine zehn Jahre alte bittere Medizin.
Aber ich bleibe krank. Im Leben in dieser Welt werden wir alle krank.
Wir können uns nur selbst kurieren, haben keine Zeit, angefressen zu sein. Wenn wir am Esstisch Platz nehmen, schwärmen die Heuschrecken wieder herein.

Wie kannst du arbeiten gehen, wenn alle protestieren?
Wie kannst du das mit deinem Gewissen vereinbaren?
Wirst du ok sein, wenn sie auf deine Familie spucken?
Kannst du glücklich sein, wenn deine Kinder die Stiefel von Min Aung Hlaing lecken, während seine eigenen Kinder stinken vor Geld?
Kannst du sagen, “gut gemacht”, wenn deine Enkel kaum überleben, während Min Aung Hlaings Enkelin im Ausland studiert?
Kannst du in Frieden zur Arbeit gehen, wenn dich die Unterdrücker mit ihren Gewehren wie eine Kuh behandeln?
Kannst du froh ins Büro gehen?
Kannst du froh ins Büro gehen?

Jeden Morgen, wenn Papa und Mama zur Arbeit gehen,
schämen wir uns, meine Schwester und ich.
Wir möchten nicht für unsere Zukunft fürchten.
Papa, bleib daheim. Mama, geh nicht ins Büro.
Bleibt zuhause für unser Land und für uns.
Lasst uns euch danken, dass ihr uns aufgezogen habt, indem wir uns den Protesten anschließen.
Lasst uns den Garten unserer Zukunft bestellen.

Zu viele Blätter sind zu früh abgefallen!
Wir werden eure Barbarei im Namen der Wahrheit zerstreuen!
Die Blumen des Winters werden auf euch losgehen,
die Wasser des Monsuns werden euch ertränken.
Für eine gerechte Sache opfern wir unser Blut!
Wir lassen niemanden unseren Frühling wegnehmen, nicht einen Fingerbreit.

Ich war eingeladen zum UNESCO-Poesiefestival,
sollte online rezitieren, zur Feier des Welttags der Poesie.
Ich habe abgesagt.
Ich habe geschrieben,
Russland ist doch euer größer Sponsor, nicht wahr?
Meine Antwort auf eure Anfrage
entspricht den Gefühlen der Menschen in Myanmar.
Also scheint es so zu sein,
dass ich an der Revolution des Frühlings teilnehme,
nicht indem ich Gedichte lese,
sondern indem ich ablehne, zu lesen.
Seltsame Sache!

Mögen allen Arbeitsscheuen
ihre Verdienste vermehrt werden,
mögen ihre Gebete in Erfüllung gehen!
Mögen alle, die streiken,
reinen Herzens sein und von allen geliebt werden.
Mögen alle, die daheim bleiben,
von Geistern und Menschen gesegnet werden,
mögen alle, die diesen Boykott mittragen,
die Kraft finden, weiterzumachen!

Der Klang des Marsches unserer Herzen fließt bis in unsere Fingerspitzen!

Der Golf-Taifun ist weder hineingekommen noch weggegangen.

Ihr sollt wissen, wir sind Geister.
Wir sind schon gestorben.
Wenn wir heute wieder sterben,
werden wir euch für immer heimsuchen.
Wir sind Geister, wir sind schon tot!

Heute suche ich den ganzen Tag im Fernseher
und bekomme keine Sender herein.
Wegen der Störgeräusche
klopfen die Nachbarn an meine Tür.

Bratet das Schwein in seinem eigenen Fett!
Bratet die Tür darin!
Der Schweinekerl, den du gesehen hast,
versteckt sich vor der Guillotine!

Du magst davon gehört haben oder nicht,
aber das ist keine akzeptable Entschuldigung.

Weil wir nicht zurück können in die Vergangenheit,
haben die Kinder, die wir nicht bekommen haben,
Waffen ergriffen zu einer Zeit, in der wir nicht leben.
Sie sind gegen Befehle von oben aufgestanden.
Sie haben ihren Sklavengeist
in einen Salzsack gesteckt
und im Fluss ausgelassen.
Gedankenfetzen von Millionen
vereinen sich in einem zitternden
und doch festen Faden.

Ich bin Ma Seint Htet, der vom Berg herunterfällt.
Ich bin U Ko Ni, der am Flughafen steht,
der vergebliche Besuch von Ibrahim Gambari.
Ein EPC-Elektriker hängt tot von einem Strommast.
Und ein Wanderarbeiter …

Die Räder der Hirne in den Bäumen
drehen sich zusammen
in den Ohren in den Schwertern
in den Wänden.
Die Knöchel eines alten Gewandes
werden terrorisiert
und jeden Tag heimgesucht,
übertrieben, als Strategie.

Die Erde auf meinem Gesicht
ist ein Haufen zerbrochener Knochen.
Fünfzig Jahre in einer Kassette aufbewahrt,
ohne Tonband.
Ein trauriges Lied,
das wir sofort nicht mehr singen dürfen.

Niemand wird uns wieder auseinanderbringen!
Wir sind ein einziger Blutkreislauf geworden!

Mach deine Maske zu deiner Fahne,
mach deinen Facebook-Eintrag
zu deinem Ultimatum!
Wo immer du bist,
dort mach deinen Protest!

Heute halten die Mütter ihre Kinder nicht zurück,
wenn sie hinausgehen und Gerechtigkeit verlangen.
Sie reißen ein Stück von ihrem Longyi ab
und binden es um den Arm jedes Kindes,
damit es geschützt sei vor Kugeln und Patronen
Auf den Straßen der Revolution.
Bewegen sich Heldinnen und Helden
in einem roten Schwall.

Wolken türmen sich auf
und darunter zerfällt der Morgen
in eine Revolution.

Das Heulen eines riesigen Tintenfisches,
der durch die Straße bricht,
hallt noch im Himmel über der Stadt.

Auch wenn ihr unsere Handgelenke durchschneidet,
wie ihr nur wollt,
unsere Fäuste werden nicht aufgeben.

(12 Männer zusammen skandieren) :

Der dämonische Enkel, frisch vom Mönchstum, zischt:
Ein Riss im herausgebackenen Teig, ein Sohn, der das Land zerstört!
Der dämonische Enkel, frisch vom Mönchstum, zischt:
Ein Riss im herausgebackenen Teig, ein Sohn, der das Land zerstört!

Zum Gedenken an den Dichter K Za Win, der gegen den Militärputsch protestierte und am 3. März in Monywa in einer friedlichen Demonstration von Soldaten getötet wurde. Möge er in Frieden ruhen. Dichterinnen und Dichter werden überall in Myanmar verhaftet.

Es folgen die Namen von 32 Dichtern und Dichterinnen in der Reihenfolge ihres Auftretens in dem Video.

Übersetzt von Martin Winter.

Danke an Esther Dischereit und Jacqueline Winter!