《贍養上帝》 刘慈欣 Liu Cixin: DEN HERRGOTT VERSORGEN, übersetzt von Martina Hasse
《深山疗养院》 郝景芳 Hao Jingfang: GEBIRGSSANATORIUM, übersetzt von Carsten Schäfer
《末日》 韩少功 Han Shaogong: UNTERGANG, übersetzt von Helmut Forster
《丽江的鱼儿们》 陈楸帆 Chen Qiufan: DIE FISCHE VON LIJIANG, übersetzt von Maja Linnemann
《影族》 残雪 Can Xue: SCHATTENVOLK, übersetzt von Martin Winter
《养蜂人》 王晋康 Wang Jinkang: DER IMKER, übersetzt von Marc Hermann
《草原动物园》 马伯庸 Ma Boyong: STEPPENZOO, übersetzt von Frank Meinshausen
《萤火虫之墓》 程婧波 Cheng Jingbo: GLÜHWÜRMCHENGRAB, übersetzt von Cornelia Travnicek
《热岛》 夏笳 Xia Jia: HEISSE INSEL, übersetzt von Julia Buddeberg
poesie: 詩歌:
韓東 詩歌 Han Dong: GEDICHTE übersetzt von Marc Hermann
沈浩波 詩歌 Shen Haobo: GEDICHTE übersetzt von Martin Winter
唐欣 詩歌 Tang Xin: GEDICHTE übersetzt von Martin Winter
erhältlich ab November 2018 in den Konfuzius-Instituten von Wien, Bremen und Frankfurt sowie bei www.FABRIKTRANSIT.net
unter “andere lieferbare Bücher”.
ja natürlich denk ich
haben brecht und erich fried
ganz natürlich schon so geschrieben
ganz biologisch ganz ohne zutaten
martinigans
ganz ohne supermarktregal
gibt es in deutschland bei rewe
auch ja natürlich
vielleicht auch in der schweiz
was schreib ich denn in österreich
wir haben ja so eine tolle regierung
was schreib ich?
was ist schlimmer als hunger?
was ist schlimmer als krieg?
was ist schlimmer
als verschwinden lassen?
was ist schlimmer
als folter und mord?
was ist schlimmer
als der krieg im jemen?
als der kandidat in brasilien?
heute ist nationalfeiertag
unser präsident ist nicht schlecht
wenigstens
letztes jahr haben wir uns angestellt
um in die hofburg zu kommen
in seine räume
ein kleiner syrer war vor uns
kein kind nicht sehr groß gewachsen
zeigt uns auf seinem handy
briefe die er geschrieben hat
sehr gutes deutsch bisschen
neunzehntes jahrhundert
achtzehn wörter für liebe sagt er
gebe es auf arabisch
wir kommen hinein
es ist alles sehr freundlich
wir sind zu spät für den präsidenten
vielleicht ist er im hof
gulaschkanone und militärmusik
jazz
die kinder klettern auf die großen statuen
es lebe österreich
alle menschen sind f
alle menschen sind ff
alle menschen sind fff
alle menschen sind fffr
alle menschen sind fffrr
alle menschen sind fffrrr
ei!!!
geboren
als vogel,
als wild.
alle haben dieselben würdenträger
und die gleichen rechten
von geburt an. nicht wahr?
alle sind mit vernunft begabt
und mit gewissen,
außer dem innenminister.
sie sollen einander begegnen
in brüderlichkeit. ach ja. 1948.
nach dem krieg
nach der shoah
auch zwei chinesen waren dabei.
muss man die menschenrechte erklären?
muss man oder frau die menschen erklären?
wahrscheinlich schon immer in jeder familie
in jedem dorf oder haushalt
jeder und jedem
an jedem sonn-und feiertag,
an jedem werktag.
Der offene Brief von der Sprachkunst ist sehr gut. Gestern hab ich ihn gelesen und gedacht, jetzt möcht ich doch etwas schreiben. Vorgestern hab ich mir die Rede das erste Mal herausgesucht, angeschaut, angehört. Sehr, sehr sehr gut. Sehr, sehr wichtig. Selten. Nicht feig, wie er selbst sagt. Das ist in Österreich schon viel.
Er wollte nicht reden, das glaube ich ihm. Weiß nicht, wer das auswählt. Aber wenn er redet, sagt er, macht er es sich nicht einfach. Das glaub ich ihm auch. Österreich hat ein unheilvolles Bedürfnis nach Harmonie. Klingt mir selbst zu pathetisch, wenn ich das sage. Oder ist es auch Kalkül? Es ist vielleicht beides. Sag etwas Positives. Etwas Konstruktives, Aufbauendes. Das hat Köhlmeier dann im Interview auf ORF2 gemacht. Ich glaube schon, dass er glaubt, was er sagt. Er will es tun. Er will Herrn Schrecken beim Wort nehmen. Natürlich, das sollten wir alle, Politiker beim Wort nehmen.
Wenn du es ernst meinst, bin ich bei dir. Sagt Köhlmeier. Ich will dir erst einmal vertrauen, sagt er. Wenn du sagst, die Partei muss sich ändern. Soll ich mir jetzt die Rede von Herrn Schrecken bei diesem Deutschnationalen Ball heraussuchen? Ich mag keine Videos. Ich mag auch keine Podcasts. Youtube ist etwas Tolles, auch etwas Demokratisches, aber ich mag es nicht. Ich mag Musik auf Platten. Kassetten. Filme im Kino. Reden live, ab und zu. Trete gern selber auf. Genommen werden, ausgewählt werden. Wer hat Köhlmeier ausgewählt? Danke! Tausend Dank! Ich könnte nicht sagen, ich vertraue Herrn Schrecken. Ist das eine Schwäche von Köhlmeier, wenn er sagt, dass er vertrauen will? Vielleicht nicht. Es ist nur im Interview. Die Rede war und ist sehr, sehr, sehr wichtig.
Bei Youtube kommt man vom Hundersten ins Tausendste, auch wenn man sagt, Herrn Schrecken hör ich mir sicher nicht freiwillig an. Aber gleich neben der Köhlmeier-Rede ist die von Arik Brauer. Auch schön. Auch sehr persönlich. Wenn er sich erinnert, an das Kriegsende in Wien. Am Flötzersteig. Hinauf zum Steinhof. Schrebergärten, wo sich Arik Brauer versteckt hat. Als sechzehnjähriger Jude. Noch ein Kind, vom Aussehen und von der Stimme. Ein schöner Sopran, sagt er. Sehr, sehr sympathisch. Das ist Österreich. Wien. Diese Sprache. Jüdisch gefärbtes Wienerisch. Selten. Sehr sehr kostbar, unsere Sprache. Es tut weh. Das Erinnern. Es ist sehr schön. Auch dass er gleich sagt, die meisten Leute haben sich nicht befreit gefühlt. Die Frauen. Die Leute in den Trümmern.
Die Demokratie. Ein zartes Pflänzchen. Man passt auf die anderen auf. In Europa. In der EU. Die Ironie, mit der er das sagt, ist auch sehr schön.
Die Einwanderung, sagt er, sei schuld. Am Rechtsruck. Die Einwanderung aus arabischen Ländern, wo so viele Leute die Juden zurück ins Meer werfen wollen. Da fühlt er sich bedroht. Sagt er. Von der Einwanderung. Die Einwanderung sei schuld am Rechtsruck, auch in Polen, Ungarn und so weiter. Das sagt er dann im Interview. Und Ex-Bundespräsident Ernst Fischer sitzt konsterniert dabei. Fischer war Flüchtling, im Zweiten Weltkrieg. Es tut weh. Die Kameras zeigen, wie die Politiker schauen. Das ist sehr gut.
Arik Brauer wird ganz besonders geliebt und bejubelt. Auch von der Regierung. Und Arik Brauer verbeugt sich mehrmals und schüttelt Herrn Schrecken freudig die Hand.
Welche Einwanderung? Es gibt nach wie vor keine Araber in Polen. Oder in Ungarn.
Welche Einwanderung? In Polen gibt es viele ukrainische Gastarbeiter. Stalin hat ja die Ukraine und Polen nach Westen verschoben. Also dort, wo die ukrainischen Gastarbeitern teilweise herkommen, war vorher Polen.
Wandern die Gastarbeiter ein? Manche, wenn sie können. Glaube ich.
Noch einmal, es gibt keine Einwanderung aus arabischen Ländern in Polen, Ungarn, Tschechien, Slowakei. Überhaupt keine. Vielleicht ein paar ganz wenige SyrerInnen, die es doch irgendwie geschaftt haben. Arbeit. Heirat. Wenige. In Polen ganz sicher noch viel weniger als in Ungarn. Geographie.
Warum sagt Arik Brauer so einen Blödsinn?
Soll ich es analysieren? Warum fallen die Leute auf Schrecken herein?
Es ist alles sehr kompliziert. Sagte Sinowatz, sagt Arik Brauer. In der Demokratie, in Europa. Das ist ja das, was so weh tut. Dass er so gut redet. Bis auf den Blödsinn, bis auf den Schrecken.
Jetzt könnte ich aufhören. Warum fällt jemand auf Schrecken herein?
Moslems gibt es mehr als früher. Muslime. In Österreich. Türken. Tschetschenen. Innen. Frauen. Frauen, Männer, Kinder. Viel mehr Muslime als Juden. Dass es beides gibt, Muslime und Juden, in Österreich, ist sehr, sehr wichtig. Musliminnen, Jüdinnen. Identität. Gehört zu uns, seit über hundert Jahren. Seit ewig. Seit immer. Österreich ist Europa.
Unlängst war im Standard ein Kommentar, der an das Arabische im Römischen Reich erinnert hat. Einige Kaiser, aus Syrien und so weiter. Lukian. Etwas bei Lukian. Europa gabs nie ohne Araber.
Harmonie. Hab ich jetzt auch Harmoniebedürfnis?
Moschee und Kasino. Eines meiner besten Gedichte. Chinesisch, ursprünglich. Geschrieben in Malaysia. Handelt auch von Singapur. Da gibt es Fotos. Wie ich Moslem spiele. Sozusagen. Es war sehr schön.
Jetzt hab ich doch sehr viel geschrieben. Kein Gedicht. Einmal. Friede sei mit Euch, mit uns. Amen.
ich glaube morgen gibt es sonne
ich glaube wolken sammeln sich in deinem schulbuch
ich glaube an die hölle
ich glaube an eine selbstmordüberlebende
ich glaube sie wird jemand anderen lieben
ich glaube die gattin gottes ist eine witwe
ich glaub die atombombe ist ein geschenk des himmels
ich glaub die menschheit wird nicht aussterben
ich glaube buddha hat frau und kinder verlassen
ich glaube an die absicht zur wiedergeburt
ich glaube an die herrschaft aus dem glauben
ich glaube an die herkunft eines fluches
ich glaube seelen wachsen in körpern
ich glaube morgen wird es besser
ich glaube allah ist kein kriegsgott
ich glaube an fakten des kannibalismus
ich glaube die toten
die sterben nie aus
die japaner sind gekommen
auf ihrem kriegsschiff
die japaner sind weggefahren
auf ihrem kriegsschiff
aber einen hund
haben sie hier gelassen
der hund war herumgelaufen
vor verschiedenen imbisständen
hatte seine pfoten gefaltet
und wie ein mensch um fressen gebettelt
dann ist er zum hafen gerannt
um auf die japaner zu warten
die japaner sind nicht zurückgekommen
mein patenopa
hat den hund aufgenommen
viele jahre später
während einer politischen kampagne
hat ihn jemand angezeigt
und der hund war der beweis
für seinen landesverrat
18. September 2017
Übersetzt von MW im Dezember 2017
The only war I know
to be called great
is not the Trojan War
nor the Soviet Union’s Great Patriotic War
nor our eight-year Resistance Against Japan
but rather that recent thing between China and India
induced by border friction.
Like children play house, they throw rocks at each other,
fall down a few times,
then just call it quits.
Zero casualties on both sides.
2017
Translated by MW, November 2017
Ma Fei GROSSER KRIEG
Der einzige große Krieg
den ich kenne
ist weder der Trojanische Krieg
noch der Große Vaterländische Krieg der Sowjetunion
noch unser achtjähriger Verteidigungskrieg gegen Japan
sondern unlängst der Streit zwischen China und Indien,
verursacht von Spannungen an der Grenze.
Wie Kinder, die spielen und Steine werfen,
ein paarmal hinfallen, dann einfach heimgehen.
Verluste auf beiden Seiten sind null.
vater hat noch gegen japaner gekämpft
und einen granatsplitter behalten
wir haben ihn nicht operieren lassen
als er noch auf der welt war
jedesmal auf dem friedhof
verbrennen wir für vater
ein schmerzmittelrezept
Montjuic means
mountain of the Jewish cemetery.
In the 1380s
the Jews were driven
out of the city,
gravestones were used
for castle walls.
1000 years ago
there was a light house.
Later the castles built on the top
were often used to shoot on the city.
There’s ample reason,
there are ample historical reasons
for independence.
Catalan language
is everywhere,
Catalan first, Spanish second.
The castle gives you
a history lesson
beginning in Hebrew
and a poem in Catalan.
Much of the city
was built from quarries
here on the mountain.
Today there is peace,
peace enough for reflection.
How much do you need,
how much cooperation,
how much solidarity,
how much economics,
how much is public transport…
What can you see
from the top of the mountain?
Going up the Eiffel tower
means walking up all the way
to the second platform
if you don’t have a ticket beforehand
and want to wait in the shortest line
at the south tier, which still takes an hour.
That is after you stood in line
and went through security
to get onto the square under the tower.
So the line takes an hour at least.
Then it costs 7 Euro per adult, 5 if you’re under 19,
3 under 10. That’s for walking up.
And we had walked all the way from the Louvre.
Through the Tuileries, took a left at the Obelisk
to get over the Seine. The Orangerie museum
looks interesting. We had already seen sculptures
by Germaine Richier and others in the Tuileries park.
I remember a sculpture by her in Bilbao at the art museum.
Would have loved to get a closer look in the Tuileries,
but they don’t let you walk on the grass. Weird sculptures,
not at all like the one in Bilbao. We had of course seen the Venus of Milo
and the winged Nike of Samothrake. No, those aren’t cereals.
And a hermaphrodite, son of Hermes and Aphrodite,
merged with a Nymph by Zeus at her urgent request.
Yes, male and female organs. Many, many Aphrodites,
many clothed, actually. Artemis, Pallas,
and all the men. Marsyas, soon to be flayed.
Not to speak of the paintings. Or the old Egypt stuff,
very well organized, shows daily life, work
and many, many details
from 4000 years ago and so on. Better than in Vienna.
Lots of busts and other stuff from Palmyra,
many other places in Syria. Yemen, too.
A whole room from Palmyra.
Anyway, up on the Eiffel tower.
Thousands of people up there at night.
Very special feeling. We had lunched in the park,
there is a place with benches on a little hill
very close to the tower. Yuhuan started sketching,
Including the lamppost in front of us. Everyone else flew
paper planes and ate and drank what was there
from the small supermarket
around the corner. Lunch at seven thirty or eight.
We came home to the hotel at two o’clock in the morning.
Subway at Bir Hakeim, not very close.
But interesting and working late. Some people get in free.
We are content with smuggling in a small child every time.
People ask for centimes when they’re asking for money.
Very polite, actually. Centimes, from the old currency.
Probably means fifty Euro cents now. I think one was asking for less
when I had my hands full this morning with groceries from the bakery
after getting up before noon. No, you don’t really notice
the permanent state of emergency
more than the propaganda for 2024,
for the Olympics. They made a deal with Los Angeles, right?
One comes first, one four years later.
Whatever. Should really eat something now.
three dreams in one night
one after the other
three blossoms opened
on the same topic:
violence
I dream of two female journalists
from Chinese Business View
they used to interview me all the time
but then I beat up a male reporter
because he stuffed sweet crumbs into my mouth
when I didn’t want it
I dream of a real
Japanese devil
seems very friendly
but there’s no need for mobilization
I want him dead
though those war films haven’t fooled me
I know killing him won’t be easy
I am preparing a saw
I dream of my roommates
at college
we move into a new place together
it’s an apartment with bathroom
I am taking a pee
someone kicks me from behind
I turn around and kick him
to the ground
almost killing him
When granddad was small,
herding cattle and sheep was in fashion.
When papa was small,
the fashion was playing war games.
Charge!
Peng peng peng!
Our fashion now
is raising hamsters
and raising turtles.
In our class,
every boy has a turtle,
every girl has a hamster.
Me, I have both.
I like hamsters and turtles.
할아버지께서 어렸을 때
소나 양을 방목하는 것이 유행이었고
아빠가 어렸을 때
전쟁놀이를 즐기는 것이 유행이었다
돌격
따따따따
우리는 현재
햄스터나 거북이를 기르는 것이 유행이다
우리 반에서
남자애들은 대부분 거북이를 키우고
여자애들은 햄스터를 기른다
난
햄스터도 기르고
거북이도 키운다
actually the US
won the Vietnam war.
the good kind of US
those against those
who wanted the war.
against nixon and kissinger.
how many people wanted the war?
which war at which time
against whom?
is there a good kind of US
[spoken like not capitalized
from now on]
including people like me
people in other countries
people who aren’t even American
or slanted American
American slash something else
many not even English speaking
most of the time
just people who thought something good would be nice
for a change
we won that war
no-one thinks the vietnam war was good
or the war against saddam hussein
in retrospect
the way the war against nazis was good.
anyway we won in the end
although kissinger is still undead
and there is another nixon in office
put in by putin,
just the way putin was put in by putin
or erdowahn by erdowahnsinn
or brexit by little small-minded people
with generous help
even from some of US
every Left for themselves
so they won against US
US who think another four years
of Obama
or another eight years
would have brought peace
to manunkind not
but we always win in retrospect
against the forces of pigheadedness
although pigs are smart
pigs on the wing
the war against nazis was good
although there are nazis in government now
or almost in government
in austro-hungary
and other places.
anyway we are winning
seriously please believe US
amen
let’s have a friend
ask me: what is the meaning
why do you waste time to write
what is this for
I take a knife
and go hacking
against myself and go on while I’am bleeding,
crying:
do not ask me
you’re no poet
you don’t know how to fight
with yourself
Tr. MW, May 2017
Cheng Bei STREITBARE DICHTER
ich bin dichterin
ich liebe das schreiben
und auch schlägereien
ihr freunde, fragt einer von euch:
was bedeutet dieses gedicht?
warum vergeudest du deine zeit?
wo liegt der sinn darin?
dann nehm ich ein messer,
schwing es gegen mich selbst.
ich hack bis ich blute,
die ganze zeit schrei ich:
frag mich nicht!
du bist kein dichter,
du kannst dich nicht selber schlagen!
der alte gao kommt überhaupt nicht mehr
er geht nicht mehr zu huren
er hat sich ins spielen am handy verliebt
er spielt “panzerimperium”
bis zum 64. level
auf der liste der helden liegt er an zweiter stelle
er spielt und spielt
aber mit 64
stirbt er plötzlich an herzinfarkt
sein enkel sagt
in letzter zeit
wird im “panzerimperium”
das lager “unbesiegt unterm himmel”
die basis von seinem opa
jeden tag angegriffen
und in fetzen geschossen
in christlichen ländern
hat man das allerschlimmste gesehen
jesus und seine jünger
feierten den letzten seder
dann wurden sie vergast & verbrannt
keiner ist auferstanden
außer manche
in der erinnerung
MW Karsamstag/ Osternacht 2017
SCHUSSSTRICH
manchmal hört man
manche meinen
man solle einen schlussstrich ziehen
es gibt umfragen
was kann man alles ziehen im leben?
das schaffnerlos?
was kann man ziehen
vor der vernichtung
nach der vernichtung
vor der vernichtung
schussstriche könnte man ziehen
linien
MW Karsamstag/ Osternacht
BOTSCHAFT
die botschaft von ostern
ist fürchtet euch nicht
singt und freut euch
sagt es weiter
etwas ist stärker
als alle macht
als alle staatlichen wächter
fürchtet euch nicht
wo waren damals die normalen leute?
fragt ein kleines kind
bei stephan eibel erzberg
als der vater kz-namen vorliest
mein großvater war bei der partei
fahrdienstleiter im waldviertel
möglichst weit weg vom krieg
er hat einen freund versteckt
einen roten
samt seiner familie
mein anderer großvater war in wien bei der feuerwehr
wurde deshalb spät eingezogen
ausgebildet als polizist
an die front geschickt
in gefangenschaft an krankheit gestorben
mein vater weiß nicht viel mehr
wird nicht viel mehr wissen
obwohl er weiß was die deutsche armee
und polizei an der ostfront gemacht hat
der großonkel ging nach australien
wer immer konnte aus der familie
einer musste leute erschießen
in der nähe von wien
der war später gaga
fuchsgasse hinter dem westbahnhof
dort ist mein vater geboren
die wohnung war von einem juden
meine oma ist fast verhungert
1945
als verrückt eingeliefert
dort waren alle normalen leute
an all diesen orten
waldviertel, bahnhof, ostfront, kz
erschießungskommando
in gigritzpatschen
dort waren alle normalen leute
Picture by Andreas Luf, inspired by Thelonious Monk’s “Underground”
REPORT
every report
every detailed incisive report
kind that makes powerful people squirm
is just as important
as any art
any poem
any church, temple
that makes you pause
think
feel
every report
MW February 2017
POETRY
poetry
is impo
rtant
truth
is impo
tent
or is it
or are you
in niederösterreich
tritt ein landesfürst
wie hat er sich nur so lange gehalten?
am eigenen zopf
an der eigenen glatze?
ein berlusconi-mann
wird martin schulz
also eu-parlamentspräsident
oder so etwas
sicher recht gut für die eu-skepsis
nigeria bombardiert versehentlich
ein flüchtlingslager
obama begnadigt
chelsea bradley manning
in seinen letzten tagen als präsident
wenigstens etwas
MW Januar 2017
SONDERANGEBOT
wählt van der bellen!
oder doch
fahnder kläffen?
die sonderangebote
sind überzeugend
MW Januar 2017
Liebe Freunde,
Hoffe, es geht Euch gut. Wir vermissen Beijing und China. Maia wird im September 14. Gestern hat sie mein chinesisches Handy genommen und ein Lied immer wieder laut gespielt. Dann bin ich nach Hause gekommen, und wir haben einen Film auf Chinesisch gesehen. Leo war zuerst irritiert, dann hat es ihm auch gefallen. Er ist 11. Hat noch immer Sprechprobleme. Unsere alten DVDs haben Kratzer. Aber nach wie vor ist der Fernseher nicht angeschlossen, nur zum DVD-abspielen. Unsere Wohnung beim neuen Hauptbahnhof ist schön und angenehm. Wir haben auch Freunde im Haus. Aber wir sind eher am Rand. Österreich ist ein reiches, relativ sicheres Land. Aber politisch fühlt es sich ebenso unsicher an wie China. Anders natürlich, weil ich Österreicher bin. Aber nicht besser. Jackie ist Amerikanerin. Sie ist in Wien geboren. Ihre Oma ist aus Niederösterreich. Ausgewandert nach Holland. Interniert in Djakarta. Überlebt, dann Jackies Mutter geboren. Jackies Vater kommt aus Riga. Im Krieg geflüchtet. Später als Soldat zurück nach Europa. Wie gesagt, uns geht es gut. Österreich ist in Gefahr. Ich übersetze und schreibe. Heuer kommen zwei Bücher heraus.
2016 was actually not bad.
We won Van der Bellen.
It was a long match.
The referee made it last the whole year.
We stayed in our league.
Which regional league is that exactly?
There are so many, aren’t there?
They lost some big matches in other leagues.
There’ll be all sorts of fall-out all over.
Anyway, we won.
Happy New Year!
Halloween in Budapest
Do you need to call out the ghosts?
Do you need to call out the ghosts?
In Parliament
Brightly lit along the Danube
Do you need to call out the ghosts?
In Vienna
In Budapest
In many cities
Many, many towns
thousands of towns
thousands of thousands
brightly lit along the Danube
Dohany Synagogue
Greatest in Europe
Status Quo Synagogue
By Otto Wagner
On Rumbach Street
Actually many buildings are left
All over Europe
Yes, there are Jews
In Budapest
Yes, there are people
Do we need to call out the ghosts?
Everyone knows
Along the Danube
Behind the Parliament
Greatest in Europe?
It’s very big
Behind the Parliament
Along the Danube
They lined them up
Several places
Along the Danube
Just a few months
Hungarian Fascists
Finally able
1944
Fall ’44
German troops everywhere
Last few months of the war
Until the first month of ’45
Here in this city
Everyone knows
Hungarian Fascists
Established the ghetto
They passed laws against Jews
In Parliament
In 1920
Basically everyone knows
1944
Hundreds of thousands
in a few months
Around 600,000
Killed in Auschwitz
Along the Danube
Behind the Parliament
Several places
Szabadsag ter
On Freedom Square
There’s a new monument
For the victims
It says
German occupation
Doesn’t say that in German
Doesn’t say that in English
Any other language
For the victims
Only these words
Even in Hebrew
Only the victims
Victims of German occupation
Written in Hungarian
Only in Hungarian
Erected in secret
Protests from the beginning
Pebbles, chairs,
a few wires, photos
pebbles with names
and so on
Everyone knows
Over 300 Million
Hungarian money
Erected in secret
Law passed in Parliament
December 31st, 2013
Protests from the beginning
Szabadsag ter
Liberty Square
Halloween in Budapest
Do you need to call out the ghosts?
There are people enough
In Budapest
In many cities
Many, many cities
Towns and cities
All over Europe
Brightly lit along the Danube
Everyone knows
Actually many buildings are left
All over Europe
Halloween in Budapest
Do we need to call out the ghosts?
Everyone knows
Halloween is for kids
We have kids in Vienna
Kids like to dress up
For Halloween
Let them have fun
Nothing wrong
Halloween
My daughter knows
Austrian Fascists
Ghosts are alive
Zombies are real
Wish it was all
Pumpkins for kids
Halloween in Budapest
Greatest town
Along the Danube
Since Roman times
Basically
Everyone knows
kinder sind wie kleine hunde
enten stecken ihre schnaebel
enten stecken ihre koepfe
hinten rein und doesen noch
es ist schliesslich wochenende
kinder wollen aus dem haus
oder jedenfalls der kleine
will gleich in die naechste bar
will nicht zu den kinderbuechern
will nicht gratis ins museum
ich bestell einen espresso
nehm das gratis brot heraus
lese etwas gratis-werbung
oder eine gratis-zeitschrift
etwas von der viennale
oder wo sich sonst die menschen
in der kaelte in der frueh
vor den kartenschalter stellen
leo klettert im cafe
und ich schreibe ein gedicht
eine taube laesst sich treiben
laesst sich treiben wie ein blatt
enten tunken ihre schnaebel
enten tunken ihre koepfe
ein ins heilig braune wasser
und es fliesst vorbei der strom
der personen in den wagen
und es fliesst vorbei die wien
heute laeuten die sirenen
heute fliegen durch die luefte
heute ist es dort nicht eng
heute ist es eine uebung
40.000 ließen ihr leben
40.000 leasten ihr leben
40.000 borgten ihr leben
dem militär.
taten sie’s freiwillig?
40.000 söhne der stadt
starben für euch.
wofür genau?
eine frau ist auf der stele
sie tröstet ein mädchen
nach dem ersten weltkrieg
ließ der senat
die stele errichten
ernst barlach formte
die frau und das mädchen
hamburg ist nahe am wasser gebaut.
in den dreißiger jahren
wurden die frau und das mädchen entfernt
ein adler trat
an ihre stelle
1949
fasste man den entschluss
barlach zu rekonstruieren.
ist hamburg nahe am wasser gebaut?
wieviele ließen ihr leben?
wieviele leasten ihr leben?
wieviele millionen?
für wen?
wenigstens
steht eine stele.
voriges jahr im frühling in wien
war ich oft bei martin
rund um seine wohnung
sind lauter baustellen.
“viele von den arbeitern hier
sind in den 90er jahren
im jugoslawischen bürgerkrieg
nach österreich geflüchtet.”
ah, für mich als chinese
war das auch ein teil
unserer geschichte
den man uns nur
zum teil mitgeteilt hat
und in europa
ist es die wirklichkeit
mit der sie alle
umgehen müssen.
Juli 2016
Übersetzt von MW im Juli 2016
Yi Sha 《历史与现实》 HISTORY AND REALITY
last year in spring in vienna
I often went to martin’s home;
many construction sites
in the neighborhood.
“these workers around here,
most of them came in the 1990s,
refugees from the war in yugoslavia.”
martin said something like that.
oh, for me as a chinese person
this is another part of our history
they told us only in part.
whereas in europe,
it is the reality
they all have to face.
ich hab vergessen
ob es in vermont war
oder in wien
ich hab martin gefragt:
“die existenz von djokovic,
hat das im westen geholfen,
das schlechte image von serbien
zu verbessern?”
“selbstverständlich!”
hat martin gesagt.
Juli 2016
Übersetzt von MW im Juli 2016
Yi Sha DJOKOVIC’S EXISTENCE
was it in vermont
or in vienna?
anyway I asked martin
“has the existence of djocovic
improved the bad image
of serbia in the west?
“of course!”,
martin said
nicht alles war anders
unter den nazis
manches ging fröhlich weiter
zum beispiel das autofahren
solang wer da war der fahren konnte
nur fuhr man halt rechts
I guess this chart shows very clearly what a huge mistake it was for Cameron to play the tough Eu-sceptic all these years, promising this utterly stupid referendum. There are many frustrated people in the UK. There are many frustrated people in the US and in many other countries. One big factor is the so-called neo-liberal economy, unleashed by Thatcher and Reagan. The rich getting richer, the poor getting poorer. U.S. Senator Bernie Sanders addresses this fundamental problem. Bill Clinton and Tony Blair thought there could be a Third Way. Did it work? In some ways, for a while. Bush etc. wrecked very much, Blair and much of Europe helped them. Then came Obama. Nobels for him and the EU. For peace? Yes, the EU on the whole has been a factor for peace and understanding and prosperity for decades, despite all the faults. But the EU failed to make peace in the 1990s in Yugoslavia. The US stepped in, finally. The whole thing is still very shameful and problematic in retrospect. And the EU was not helping. So the EU is not able to make or bring peace when war breaks out. Neither is Obama. And neither the EU on the whole nor Obama nor Hillary will address what U.S. Senator Bernie Sanders addresses. Trump addresses much the same frustrations. With lies. Cameron and Boris Johnson etc. addressed the frustrations with blaming the EU. With lies and rumours. So what will happen? We in Austria are having another run-off vote soon. The third vote on a new president in six or seven months. Let’s hope Alexander Van der Bellen wins again, or Austria will be worse than Hungary. I guess two factors might help van der Alexander Van der Bellen: Hillary Clinton and everyone not completely benighted together will be fighting Trump in September. Trump and the FPÖ are the same thing, only the latter is worse. We have not addressed this enough here in Austria, but we will have to. The second factor against the shameless liars is the prevailing feeling of Brexit regret.
in 1996
austria voted to join the eu
i was either in china
or in romania
or in between
there was war
in yugoslavia
most of 1994
i taught german
to bosnian refugees
the eu did nothing
to stop the war
they said the economy
would be much better
one common currency
each person benefits
I didn’t believe them
but smallmindedness
there was a hope against smallmindedness
two thirds voted for the eu
yesterday i read in a paper
a chinese paper printed in europe
in bosnia they still hope to join
we know the eu is not perfect
but for bosnia there’s no other way
they say
what did austria do
close the balkan route
keep refugees out
some people say
austria encouraged them
to split up yugoslavia
in 1990
anyway is there another way
against orban
in every country or worse
is this a poem
or just thinking out loud
i don’t know
what will change
the eu is still rich
on the whole
it was a project
to help poorer countries
i don’t know if that’s true
fuck the tories
fuck thatcher
let it all unravel
i don’t know
i guess no-one knows
somehow europe
should stand together
somehow we say we
hope for each other
bosnia
greece
latvia
portugal
everyone scraping
hope 4 our children
europe
asia
africa
world
es riecht nach sommer
vor ein paar tagen
haben wir gewonnen
es riecht nach sommer
eine frisch gemähte wiese
österreich hat gewonnen
gegen deutschnationale ausländerfeinde
also gegen die nazis
eine frisch gemähte wiese
warum haben wir so knapp gewonnen
sie sagen die eu sei korrupt
aus prinzip
sie sind nationalisten
kleingeister
kleinformat
neoliberal
die eu hat wirklich versagt
jean-claude juncker
ist in panama
schon in den 90er jahren
hat die eu nichts gemacht
gegen den krieg
in jugoslawien
ist die eu in panama?
ist die eu neoliberal?
was denn sonst?
es ist sommer
warum haben wir so knapp gewonnen?
schrebergartenweg
ein mann geht mit seinem hund
in den horizont
sieht aus wie ein schrebergarten
schrebergartenzeitung
die größte im schrebergarten
die größte überhaupt in der arche
ein mann fährt auf seinem rad
schrebergartenweg
in den horizont
sie wählen einen vorsitzenden
ich sitz in der scheune
sie spielen heute jazz in der scheune
schrebergartenweg
der schrebergarten
ist voller einfacher leute
sagen die leserbriefe
für einfache leute in der gartenzeitung
welche einfachen leute sind in der siedlung?
lauter einfache leute
er war ein einfacher mann
der schrebergarten gehörte schon immer
zu unterradlberg
sagten die einfachen männer
am unterradlberger dösen
soll die arche generösen
das klingt aber gar nicht so einfach
meine tochter hat schlecht geträumt
schwarzweiße clowns
wollten alle töten
wir vier und yuhuan und zhuang zhuang
ich hoffe jetzt kommt etwas schönes
meine tochter mag den gesang nicht
den skatgesang
in der scheune im schrebergarten
es war saukalt
sagt meine kusine
eine stunde vor dem konzert
vor dem frühschoppen sagt man
die schwarzweißen clowns
eine schwarze hupe auf jeder nase
jeder hat eine haube mit zipfeln und glocken
es sind schwarze glocken
auch an den schuhen
es schaut eigentlich gut aus
sie haben von flugzeugen bomben geworfen
schwarzweiße flugzeuge schwarzweiße bomben
rundherum um die gegend
sie haben die leute zusammengetrieben
jetzt essen wir würstel und apfelstrudel
dann kommt wieder jazz aber ohne gesang
meine tochter hat sich erinnert
aus früheren träumen
da war ein haus im untergrund
dahin sind wir geflüchtet
wir vier und yuhuan und zhuang zhuang
früher war dort alles leer
in früheren träumen
jetzt war es ein wirtshaus
es war wie im haus von nainai und yeye
unten im haus wo sie alles gekannt hat
es war ein vegetarisches gasthaus
wir haben dem wirt alles gegeben
alles was wir noch hatten
damit er uns versteckt
wir haben geglaubt
hier sind wir sicher
zhuangzhuang ist nachschauen gegangen
hinauf aus der tür
sie haben ihn erwischt
die schwarzweißen clowns
die schwarzweiße zeitung
so heißt sie doch nicht
in meinem traum war keine zeitung
sagt meine tochter
die schrebergartenzeitung
der einfachen leute
nicht für prominente
es gibt nur prominente
in der gartenzeitung
er war ein einfacher mann
der wirt war ein vegetarier
haben wir geglaubt sagt meine tochter
zwei menschen gehen mit ihren skistecken
unbestimmten alters
schrebergartenweg
summertime
es ist saukalt für mai
es hat gründlich geregnet
alexander’s ragtime band
von irving berlin
wir haben geglaubt sie sind vegetarier
dann sind wir in die küche gegangen
und haben die speisekarte gesehen
karotten kartoffeln
alles unter der erde
nur mit kerzenbeleuchtung
wir empfehlen
stand auf der karte
papa da war eine höhle
wir haben grundwasser getrunken
wie heißt das
die betten waren aus stroh
es gab nur grundwasser
kein wasser zum waschen
round midnight
bugaloo unisono-solo
in der scheune im schrebergarten
in der scheune im garten
sagt meine mutter
in der scheune waren sie versteckt
die freunde von meinem opa
ich hab ihn nie kennengelernt
er ist früh gestorben
sein freund war sozialdemokrat
den hat er versteckt
und wer war noch dabei
vielleicht die familie
es war ein recht entlegener ort
ein ort an der bahn
also sicher auch wichtig
sie wählen einen vorsitzenden
alle einfachen leute
er muss den schrebergarten vertreten
in oberradlberg
und unterradlberg
in der radlberger sportunion
er redigiert nicht den schrebergarten
den schrebergarten redigiert die radierung
die redigierung wird anders gewählt
es heißt die radierung
das wissen alle einfachen leute
wir empfehlen
stand auf der karte
gemüsesuppe mit fleisch
jetzt ist wieder sonne
sobald die sonne durchschaut ists gut
here comes julian
die letzte nummer
gemüsesuppe mit fleisch
es gab keine tiere im untergrund
die köche sind auf uns zugekommen
wir sind gerannt
wir habens bis zum ausgang geschafft
aber die clowns haben uns erwischt
am ausgang waren natürlich die clowns
sie haben uns mitgenommen
sie haben uns gequält
dann bin ich aufgewacht
es ist kein schrebergarten
es ist der park
es gibt sehr schöne kastanienbäume
It has happened. The Chamber has been opened. Our Trump has hissed his way to the top. Everyone knows what crawled out of Austria before. Only we don’t want to know. IT ALL ENDS HERE. Watch our Harry Sanders die, in 3D. Our Sanders is very much alright, too. But he isn’t close enough to the little people. He doesn’t listen enough. He has some Socialism, but not enough, not in a way that wakes people up. Oh well. Oh unwell. Let’s rally!
Click on the picture to read more.
Here is some in German:
Wer sind wir? 2.Republik. Woher kommen wir? Von welchem Grundkonsens her? Wer haette nie an die Spitze des Parlaments gewaehlt werden duerfen, genausowenig wie sein Vorgaenger? Wer das Verbotsgesetz infrage stellt, darf die Republik nicht repraesentieren. Klestil hat danach gehandelt, er hat Minister abgelehnt. Klestil war dadurch insgesamt besser als alle massgebenden Roten und Schwarzen seither. Jemand muesste aufstehen und sagen, wir sind schuld. Tut uns leid. Waehlt VdB, und wenn wir uns aendern, waehlt wieder uns.
Wien hat mehrheitlich Van der Bellen gewähllt. Wien steht nicht allein unter den Menschen. Wien steht allein in der Politik. Die war halbwegs anstaendig.
Weiß nicht, wie die Politik in Graz, Linz, Innsbruck war. Jedenfalls war dort auch eine Mehrheit für VdB.
Das Gemeinsame ueber das Trennende stellen? Nein. Abtrennen. Diejenigen, die das Gemeinsame der 2.Republik infrage stellen. Nicht mit ihnen zusammenarbeiten. Wer diese Pflicht nicht kapiert, gehoert weg. Schon lange!
AAAAAAAHHHHH! Es gab nicht genug Ablehnung. Nicht genug Abgrenzen. Zuviel, viel zuviel Akzeptieren, Ermöglichen, Zusammenarbeiten. Wer die 2. Republik infrage stellt, Verbotsgesetz etc., darf den Staat nicht repräsentieren. Wer das nicht kapiert, schadet uns allen. Jedes Übernehmen – seit Löschnak etc., jedes Arrangieren hat zu Dingen wie Hypo geführt. Und jetzt zu Trump an der Spitze, im ersten Wahlgang. Akzeptieren? Jede Wut gegen die inneren Feinde unseres Staates ist gut. Ein Sanders wäre noch besser. Jemand, der oder die zuhört, den kleinen Leuten. Und von daher kämpft, auch gegen das derzeitige Wirtschaftssystem. Ganz konkret, mindestens soviel zuhören, wie es Trump und die hiesigen Bauernfänger tun. Heimat plakatieren allein geht nicht. Natürlich rede ich jetzt so, als ginge es nicht nur um eine Bundespräsidentenwahl. Stimmt aber auch, oder?
April 15, 2016 in Vienna. #Schutzbefohlene *
Spring is a wonderful season,
trees spilling their green.
Some are cut, some are planted.
Downstairs across they are planting a park,
used to be train tracks.
Last year we had refugees at the station.
Spring is a wonderful season.
They said it was 90,000 people or so
in all of Austria,
mostly in a few months,
who wanted to stay in this country.
Ten times more went on to Germany.
So many people wanted to help.
Train workers, even police.
Volunteers, often more than enough.
We live in the neighbourhood.
My daughter Maia went down to play with the refugee children.
After a while she knew the volunteers.
It was safe.
The refugees staid down by the station.
Some people from our house took in refugees.
There was discussion to use the shop,
the empty shop downstairs in this new house,
for refugee quarters.
Just for the winter.
That shop has bathrooms and everything.
But then they closed down at the station.
It was in December.
They took them with buses, they said, from the border.
On to Germany.
If you said you wanted Germany, they let you in.
They were building a fence.
So in December, the station was empty.
Maybe Mid-December.
No quarters in our house.
But people still coming in.
Coming up through the Balkans, used to be Yugoslavia.
In early January we played Tarot down in the library.
We have a library in our house.
And we play cards, for a few pennies.
On Friday nights.
We have had readings, and even theatre.
Gudrun and Peter, they built a stage.
Downstairs in the big common room.
We had a night reciting Bob Dylan.
Down you masters of war.
But then in January, there was Cologne.
In Cologne at the train station, on New Year’s Night.
Hundreds of women harassed.
Raped, one or two.
Many foreign men there at the train station.
Not enough police, or police doing nothing.
We should discuss this, one of us said.
We had been playing cards.
What is there to discuss, there ‘s not much in the news.
Maybe social networks did play a role.
I want to discuss this.
These refugees becoming a problem.
What is there to discuss, there’s not much in the news.
These refugees becoming a problem.
A discussion is stupid, without any facts.
So one of us went away in a huff.
Later I was away, I was in China.
In southern China, a poetry trip.
From southern China to Southeast Asia.
Self-organized.
The year before they went to Vietnam.
Wrote some good poetry.
Vietnam wars in the background,
including China attacking Vietnam.
And other stuff, daily life.
Morning routine.
This year I went with them through Southeast Asia.
Poets from all over China. 16 or 17.
One or two guides.
Guides of Chinese extraction.
Thailand, Singapore. And Malaysia.
Then back to Nanning, to southern China.
Poetry meetings, almost every night.
Sometimes more.
One time in the airport.
Plane was delayed, nothing better to do, call a poetry meeting.
Poems written there on the road.
Yi Sha has this dream, before every border.
Dreaming they won’t let him through.
Normally he writes down all his dreams.
Makes for good poetry.
But not this time, he was afraid.
Only when we were safe in Malaysia.
They had a crackdown, in Kuala Lumpur.
There was an attack in Indonesia.
Muslim majority in Malaysia, too.
If the father is Muslim, the child has to be Muslim.
Not Chinese or anything else.
It was not like this before.
At least according to our guide.
They have elections and a Sultan.
Or they call him a King, at least in Chinese.
It’s a beautiful country.
Tribes in the woods.
Our guide lived with a tribe for a week.
For a project at university.
She was very young, has a small child.
She speaks Fukien Chinese.
Mandarin with the tourists, of course.
Liked to talk about sex.
Malaysian men with many wives.
Just a few Muslims, who can afford it.
On February first, I came back to Austria.
Refugees still coming, though not so many.
News had been shifting.
Creating a climate against refugees.
We put a limit on loving our neighbours.
That was a poster.
The foreign minister, he’s very young.
The interior ministress.
She’s not there any more now, she’ll become governess.
Governor of Lower Austria.
And the candidate.
Their candidate for Federal President.
President is just a figurehead here.
Like in Germany.
In Germany, he is elected in parliament.
So he is from the majority party.
He or she.
In Austria, everyone votes for the President.
Everyone should.
Everyone is automatically registered, every citizen.
Nowadays you can vote in advance.
Local district office.
Ballot per mail, or there at the office.
That guy for limits on loving your neighbour won’t make it.
He’s trailing far behind in the polls.
But his policies are federal policy.
They let that happen, the Social Democrats.
They are the majority.
But they let it happen, they are just like the rightists.
News had been shifting.
These refugees becoming a problem.
Some Social Democrats work with the Rightists.
Those other Rightists.
That Freedom Party.
Some Neo-Nazis.
Some Neo-Nazis cling to this party.
Some were just Liberals.
In the 1980s they were for joining the European Community.
Anyway now they are shameless Rightists.
Austria should not be ashamed, they proclaim.
Including old Nazis, including SS.
And Social Democrats think they should work with them.
But they are trailing, the Social Democrats.
Maybe their candidate will fall behind,
though not as far as the one with the limits.
They are far behind, both of them.
Three candidates are in front.
Front-runner is from the Green Party.
They always were for refugees.
And there is a woman.
Not from a party.
A former judge.
Liberal views, for the economy.
Definitely not from the Left.
Those two were leading.
But Freedom Party candidate is closing up.
No, he doesn’t say we are all Germans.
Though he says many things.
Austrians first, don’t be ashamed.
Don’t be ashamed of anything.
Works better than just talk about limits.
So I’ve voted already, ten days in advance.
I’m afraid.
That Freedom guy is worse than Trump.
Similar causes why they are so popular.
Austria is very small.
President is just a figurehead.
But I’m afraid.
Austria becomes Hungary.
Headline in Switzerland, two days ago.
Rightist government, fences.
Italy protesting, not only Greece.
Against Austria, in the EU.
EU has been weak.
Rightist reactions in Eastern Europe.
Rightist rhetoric against refugees.
From Social Democrats, some of them.
EU is weak, was very weak in the Yugoslav wars.
Mid-April sun is shining outside.
Spring is a beautiful season,
trees spilling their green.
Some are cut, some are planted.
Downstairs across they are planting a park.
Martin Winter
April 15, 2016
*Schutzbefohlene means people placed under protection. It is the title of a play by Elfriede Jelinek, the Austrian author who won the Nobel prize for literature in 2004. She wrote the play in 2013. It was performed, by refugees, at University of Vienna on April 14, 2016, when a group of rightists stormed the stage. They sprayed red paint and reportedly injured performers, including children. I wrote the long poem above on Friday morning, April 15. I had not been at the performance and knew nothing about the incident before my text was finished. But I think my text works as background reading, at least.
hatte er einen glorreichen tod?
zog er in den kampf
für frieden und freiheit?
im ersten weltkrieg
im zweiten weltkrieg
im bürgerkrieg
wahrscheinlich hatte er
keine wahl.
1966
ließ der premier von malaysia
eine gemeinsame anlage errichten.
es gab schon ein denkmal vom ersten weltkrieg,
das steht gleich am eingang.
europäische namen, ein paar aus indien.
ein denkmal zu machen für alle landsleute
für alle die gingen und nicht wieder kamen
mit ein paar statuen, mit einem garten
im jahr 1966
in dem ich geboren bin.
vielleicht
eine gute idee.
2016
HEROES’ MONUMENT OF MALAYSIA
Was it a glorious thing when they died?
Did they go to war
for peace and freedom?
In World War I
In World War II
In civil war
they hardly had any choice.
In 1966
Malaysia’s prime minister had them erected
a park of monuments.
They already had one from World War I.
With names from Europe, also from India.
Probably officers.
To make this park for all those who died,
all those who gave their lives in the wars.
In 1966.
I was born in that year.
Maybe this monument
was a good idea.
feigmann ist ein solidarischer mensch
genau wie die zeitung
genau wie das fernsehen
die herrinnen bundesminister
hoch die internationale feigheit
wir haben die balkan-route verstopft
jetzt stopfen wir die italien-route
wir sind ja mittendrin
wir sind österreich-ungarn
MW März 2016
AUSTRIAN FEDERAL CHANCELLOR CHICKEN
chancellor chicken is all solidarity
he loves the papers
he loves the tv
he loves his fellow interior ministers
hail international cowardice!
we have blocked the balkan route
now let us seal the italian corridor
let us block ourselves all over europe
first and foremost
austro-hungary!
MW March 2016
unsere dichtertour
kommt nach amerika
kommt bis nach tucson in arizona
dort wohnt meine schwester
die leute machen sightseeing
nur jiang tao und ich
wir sind bei meiner schwester daheim
kochen mit ihr zusammen
jeder zeigt was er kann
zwei, drei gerichte
draußen sonnenuntergang
goldene strahlen auf den kakteen
in meinen träumen in letzter zeit
bin ich die ganze zeit in malaysia
im hochland-casino kenting
jetzt bin ich am klo und uriniere
pan xichen kommt herein
stellt sich gleich neben mich
ich frag “bruder, wieso bist du hier?”
“du hast doch im internet mobilisiert,
alle spieler unter den dichtern
sollen zu dir kommen und mit dir spielen
ich hab mich sofort ins flugzeug gesetzt …”
wir verlassen das klo
und merken erst jetzt
es war keine männertoilette
auch keine damentoilette
sondern eine transentoilette
ich reite auf einem
elefanten in thailand
ich hab eine riesige drachenmondlanze
wie im roman der “drei reiche”
und meine eigene kampfmethode
ich und mein kriegselefant
wir töten ganz viele feinde
keine rüstung ist vor uns sicher
Februar 2016
Übers. v. MW im März 2016
《梦(632)》
我骑在一头
泰国战象上
手执青龙偃月刀
使出了我独创的
一套刀法
杀得敌人
片甲不留
Yi Sha 《梦(633)》 TRAUM 633
Ich schreite aus wie ein Komet
auf einer Straße der 70er Jahre
In Xi’an im Süden die Xingqing Road
wenige Menschen, fast keine Wagen
am Horizont sind die Berge
ganz ganz deutlich
mit Tusche gezeichnet
ich bin wieder in singapur
gesetze sind noch viel schärfer geworden
jeder muss englisch reden
inklusive touristen
wer nicht englisch spricht
wird am mund ausgepeitscht
es gibt einen aufstand
ich gehe auch zu den guerillas
unsere basis
liegt im malaysischen dschungel
ich bin immer noch in südostasien
wieder in vietnam
ein kleines dorf im norden
ein kokosnussbaum
dort oben sitz ich im hinterhalt
und wart auf die amis
aber ich schieße nicht mit kokosnüssen
sondern mit durians (die fürchterlich stinken)
in nanning
hat martin durchfall gehabt
das war sicher von seiner reise
20 stunden und mehr
am zweiten tag war es schon besser
hat martin in bangkok durchfall gehabt?
hat er in pattaya durchfall gehabt?
hat er in singapur dünnschiss gehabt?
hat er in malakka dünnschiss gehabt?
oder in kuala lumpur?
ich glaub überhaupt nicht
im hochland-casino-hotel von kenting
hat martin sicher durchfall gehabt
er hat nämlich gefehlt
beim abendlichen dichtergefecht
das war von durian und bier zusammen
also praktisch arsen
zurück in nanning war sicher kein durchfall
da hat er gewonnen, zum dritten mal
und den gesamtweltcup geholt
hat er dann auf der rückreise durchfall gehabt
in shanghai oder vielleicht in paris
oder bei der ankunft in wien?
er hat nichts gesagt
im traum hab ich alles genau aufgezählt
unser einziger nicht-chinese
auf unserer tour durch südostasien
sein gesundheitszustand
von vorne bis hinten
und aufgeschrieben
wieder hock ich im hinterhalt
auf einem baum
es ist ein banyan-baum
ich will jemanden töten
einen mann namens “iran”
aber es kommen nur lauter dichter
aus guangxi
auf unserer reise durch südostasien
hat uns jemand in eine falle gelockt
ein klassisches komplott
wie vor 2000 jahren in china
ich und frau chen
unsere starke malaysische reiseführerin
wir haben alles durchschaut
verschanzen uns auf der toilette
jeder von uns hat eine pistole
ich flüstere ihr zu:
“bitte geben sie den befehl
dann stürmen wir los
und retten die gruppe …”
im zweiten weltkrieg
bin ich in paris
ein spion für die allierten
ich habe viel glück und überlebe
mein geheimnis ist
jede zehnte information
an die ich herankomme
verkauf ich auch an die deutschen
immer die wertloseste information
durch die niemand sterben muss
unter dem siamesischen mond
kommt eine verführerische
brillenschlange daher
sie schießt sich selbst in den fluss
den chao phraya river
sie landet auf einem rücken
eines krokodils
und beisst sofort zu
aber das krokodil
frisst am ende die schlange
Second world war,
I am in Paris.
A spy for the allies,
a lucky survivor.
My secret is,
from every ten bits of intelligence
I sell one to the Germans.
The most worthless one,
the one that doesn’t get people killed.
the sun needs a little time
I have always loved you
I shouted and cursed
fog and frost
everything hidden in fog in the morning
kids are in school
my bicycle’s gone
my mother’s bicycle, blue, rather old
my father’s bike disappeared also
when I was small you brought me on your bike
I haven’t written much about you
my father my mother
I am a writer
I wrote many poems
most of the time
we could not stand each other
I and my father most of the time
I rode a bicycle
austria taiwan china the cities
sometimes the mountains
along the danube when I was small
with my father
it was very good
in romania I drove a car
it was a vw looked rather broken
like an old bicycle ran rather well
the sun needs a while
I should be translating
should be writing letters
call one or two people
take care go on working
chongqing has fog every day
no-one rides a bicycle
there are lots of stairs
nowadays there are highways
nato bombed serbia
it was on tv
the land and the roofs
I come from austria
I loved yugoslavia as a small child
I watched and I cried
then I rode my bicycle
up and down chongqing
nato bombed the chinese embassy
no-one knew why
you can try to explain
maybe if they had bombed them in bosnia
the yugoslav army not the chinese
no srebrenica no war in kosovo
I only knew this is where I come from
and now there is war
you can try to explain
come you masters of war
I hope I can write a little more
the sun needs a while
MW December 2015
DIE SONNE BRAUCHT EIN BISSCHEN ZEIT
die sonne braucht ein bisschen zeit
ich hab dich immer geliebt
ich hab dich beschimpft und angeschrien
raureif und nebel
in der früh liegt alles im nebel
die kinder sind in der schule
mein fahrrad ist weg
das blaue fahrrad von meiner mutter
auch das fahrrad von meinem vater
auf dem blauen fahrrad bin ich als kind
warum hab ich nicht von euch geschrieben
von meinem vater von meiner mutter
ich kann doch schreiben
ich hab so viele gedichte geschrieben
ich hab mich nicht vertragen
mit meinem vater
fast immer haben wir uns nicht vertragen
ich bin viel rad gefahren
in österreich in taiwan in china
in rumänien mit einem wagen
der wagen sah aus wie ein altes fahrrad
es war ein vw sie ist gut gefahren
autos sind weiblich in vielen sprachen
die sonne braucht ein bisschen zeit
ich sollt übersetzen
sollt korrespondieren
sollt leute anrufen
sollt mich kümmern
in chongqing ist immer viel nebel
fast niemand hat in chongqing ein fahrrad
es gibt viele stufen
jetzt gibt es auch viele stadtautobahnen
die nato hat serbien bombardiert
ich hab es im fernsehen gesehen
das land und die dächer
ich komme aus österreich
und war als kind in jugoslawien
ich hab geweint
dann bin ich mit dem fahrrad
in den straßen gefahren
hinauf und hinunter
die nato hat die chinesische botschaft
niemand wusste warum
ausländer waren auf einmal verdächtig
man kann versuchen den krieg zu erklären
vielleicht hätten bomben zur rechten zeit
srebrenica verhindert
und damit auch den kosovokrieg
man kann versuchen den krieg zu erklären
es gibt viele erklärungen über die jahre
ich wusste nur ich komm von dort
dort ist jetzt krieg
come you masters of war
ich hoffe ich kann noch etwas schreiben
die sonne braucht ein bisschen zeit
österreich liegt im tiefsten frieden
paris war im krieg gestern abend
und taumelt noch
die flüchtlinge sind zu uns gekommen
man merkt es nicht überall
manche engagieren sich sehr
es hat sich etwas großes verändert
mit offenen grenzen
es gibt ein gefühl der hilflosigkeit
es gibt einen namen für dieses gefühl
T-I-N-A, so hat es die thatcher genannt
“There Is No Alternative”
aber es hat sich etwas getan
man kann etwas tun gegen thatcher und orban
und ihre gehilfen
gegen pinochet gegen
die furcht rechts und links
die herrschaft der furcht
ss-trach, furcht und schrecken
aber es hat sich etwas getan
es ist etwas offen
wer weiß wie lange noch
wer will dass die welt so bleibt wie sie war
wie es die innenminister und innen
glauben wollen zu müssen
der will dass nichts offen bleibt
keine chance
keine chancen für uns
für die welt
MW 14. November 2015
There is everything wrong with a flag as a symbol of nationalism. Every time I see a fucking rightist with an Austrian flag I want to do something against them. But this is because I do identify with Austria, even though I feel ashamed of my country almost every day. France has a bloody colonial history. Were and are the massacres after the fall of the Paris Commune and the massacre against Algerians in Paris in 1961 connected with the tri-color flag? I don’t know. It’s good to bring up history. I don’t know much about any flag. Is the Union Jack more of a symbol of empire than the French tricolore, as one commentator suggested? I don’t know. When I see the British flag, I think of Mods and The Who. The flag of China represents a one-party dictatorship, even if it has more than one star on it. But if something that awful happened in Beijing or in Xi’an, maybe I would find nothing wrong with using the current flag of China to show solidarity. Yes, there were massacres in Kenya and in Beirut and people dying from state terror in Xinjiang in China, as far as I’ve heard, and people dying from some sort of terror in Colombia or other places around the world and so on. Yes, Facebook is not all that multicultural in origin, and it’s not always a tool of social change. Big surprise. Anyway, more discussion and more awareness are always good. And more solidarity.
how much do I know to talk out of turn
er war die nato-nachrüstung
ich hab gegen ihn demonstriert
1984 vor 30 jahren
oder war es der kohl
es war auch schon egal
ein verlässlicher partner von reagan
jetzt kondoliert ein massenmörder
die zeit ist ein triefendes schmierblatt
er hat das massaker in peking verharmlost
mir kann er egal sein
und vielen deutschen wahrscheinlich auch
minister kurz
kurz means short
like short-term-memory
nickelsdorf worked rather well
the border with hungary
at least that’s what they say
as long as putin still let them through
or was it erdogan
some politician with christian values
anyway on the styrian border
austria and slovenia
we need a fence
let more people break down
don’t give them warmth and food all at once
we all need a fence
the whole government says
and a folder with values
and glory to god in the highest
and on earth peace, goodwill to men.
MW November 2015
EUROPÄISCHE WERTE
herr minister kurz
heisst eigentlich kurzzeitgedächtnis
nickelsdorf hat funktioniert
relativ jedenfalls
herr schützenkönig klingt überfordert
spielberg geht nicht so gut
man braucht einen zaun
dass noch mehr kollabieren
bevor sie wärme kriegen und essen
das sagt auf einmal die ganze regierung
und einen wertvollen folder dazu
und friede auf erden den menschen
die guten willens sind
you don’t have money
but you’ve got to buy an apartment
in the end you choose a unit
next to an army factory
national territory
should be a good deal
and rather safe
when you move in you realize
they have test explosions
every day at irregular intervals
it’s like you’re in a war zone
first you hear the roar
then your family members
start screaming
they keep shooting until
one day
artillery shells shatter your windows
your aluminum ceiling panels
your furniture
then they hit you
lying in hospital
you’re a real casualty
funny thing is
you don’t get a medal
and you can’t leave the army
am wahltag schauen sie ein bisschen traurig
die kandidatinnen
es sind junge frauen mit gutem gebiss
sie haben sich alle sehr viel bemüht
die partei ist ok
es sind die grünen
der zettel der roten war ziemlich gut
für diesen bezirk und für diese gegend
das schlimme an dieser wahl sind die blauen
sie haben meine tochter verstört
wir wohnen neben dem hauptbahnhof
dort sind viele flüchtlinge
meine tochter hat oft mit den kindern gespielt
ich bin froh dass sie da sind
obama hat ihn nicht bombardiert
den assad vor zwei jahren
und mit putin verhandelt
was wäre wenn
tunesien hat den friedensnobelpreis
besser als für obama und für die eu
und die chemiewaffen sind auch noch da
was wäre wenn
jedenfalls sind die flüchtlinge am hauptbahnhof
österreich ist besser als ungarn
die ganze eu ist durchgebeutelt
vom kapitalismus
oder wie man das nennen mag
thatcher und reagan wurden gewählt
was haben die nicht alles zerstört
the world is still reeling
am wahltag schauen wir ein bisschen traurig
MW 11. Oktober 2015
ELECTION DAY
they look rather sad on election day
candidates on their posters
their teeth are ok they are young women
they have tried their best
it’s a nice party
the greens are the nicest party in town
the reds in this district and on the new streets
they had a leaflet talking to us
the blue meanies are evil
they are not even funny
we live in new houses next to the station
our daughter likes playing with refugee kids
she was disturbed by the blue meanies
all over europe people are helping
some are disturbing
everything’s on the move
at least more than before
we are trying our best
at least some of us
I am the one who can vote in our family
I met some new people
we had a good time at the polling station
getting acquainted
at least some of us
have looked rather sad on election day
ich finde den adler nicht schön
nur den schatten des adlers
in der kapelle für katyn
gegenüber vom platz der aufständischen
es war ein tapferer aufstand
sie haben auch gewonnen zuerst
die rote armee stand bereit
auf der anderen seite des flusses
aber die rote armee hat gewartet
und die deutschen kamen zurück
sie haben die stadt abgerissen
die rote armee hat gewartet
das war 1944
der aufstand im ghetto war vorher
auf dem platz wo das ghetto war
steht stalins kulturpalast
das ghetto war noch viel größer
katyn
das war 1940
zehntausende polnische offiziere
vom geheimdienst getötet
vom sowjetischen geheimdienst
auch ukrainische offiziere
in der kapelle für katyn
gegenüber vom platz der aufständischen
zehntausende namen
und ein schöner adler
so steht es geschrieben
ich mag seinen schatten
Now I have no address
I am going to fight in the street
On that street never covered in snow
Now occupied by traces of boots
I have one wilted flower, it was for you
I hide it behind my back
I am going to fight in the street
Now I have no address
Every day is the night
every night is afar
in a warehouse back room, in an orchestra pit,
in the classified ads
I am going to write down a challenge, information, intelligence
my cuffs are all covered with spit from my sleep
and with ants
I want to lie down before the bulldozers
I want to sing outside the slaughterhouse
I want to take back passports and all kinds of currency from the border
to give it to those who have never heard of Du Fu or Vivaldi
those who know only earthquakes and fall
I want to give a stray dog to a child who is covered with scars
I want to dress up as a girl to comfort demented old people
I am going to stand on a roof in a cape to give you an illusion of hope
Write letters to me and send them to any McDonalds
that I’m going to rob
send them to any bank
I’m going to use them to light a fuse
maybe I will hide in my old lover’s
staircase, hear the cling-clang of forks and spoons
maybe I’ll go through the glass in the end, ask a cool polite youth
to repair my glasses
but I have no address
just write your own
maybe I am reading this verse in your eyes
even after tian’anmen
tian’anmen wasn’t always oppressive
you could fly a kite
then came the tanks
in 2009
for the 50th anniversary
of the liberation
this year they celebrate into september
beating the japanese
at least getting rid of them
I’m sure there will be
perfect command
of dancing children
no kites and no pigeons
at least for a while
the eagle is not beautiful
the shadow of the eagle is
they have a chapel for Katyn
across from uprising square
the uprising was very brave
they won at first
the Red Army was there
just across the river
but the Red Army waited
then the Germans came back
they razed Warsaw City
the Red Army waited
that was in 1944
before that was the Ghetto
the Ghetto uprising
Stalin’ s culture palace stands in its place
in the place of the Ghetto
Katyn
was in 1940
tens of thousands of Polish officers
killed by Soviet intelligence
Ukrainians too
they have a chapel for Katyn
across from Uprising Square
tens of thousands of names
and a beautiful eagle
they say
I like its shadow
MW July 2015
SUNSHINE IN WARSAW
Jacqueline Winter
A beautiful summer morning. Biking through the historical center. The bike return station is next to the monument of the 1944 uprising against the Nazis. HOW many dead and wounded, while the Red Army literally stood by on the outskirts of town? And the city dynamited and emptied of its population…you would never think it, looking at it now.
Across the street, inside a church, a simple and gut- wrenching memorial to the Katyn massacre victims. With a side memorial for the Smolensk plane crash of 2010, which I fail to understand. Must ask a local where they see the connection- if they do.
And what a tough people: exiled, murdered, bombed, map redrawn…yet they rebuilt splendidly from the rubble while still dirt- poor and were the first to put up meaningful nonviolent resistance to the Soviets back in 1980. And had free elections as soon as they could.
Swinoujscie – Swinemünde had public exhibits around town about their common history with Germany, bilingual. A strongly German city which was bombed flat 55% for being a naval base. No mention of the pre-war German population in Warsaw, though…
The Warsaw “Stalin cake” / Palace of Culture and Science is still on the grounds of the Jewish ghetto. That uprising was in 1943. A few meters of markings on the ground to show where its outer wall once stood. That is all.
ATTITUDE, EMPATHY AND SO ON
Martin Winter
People are trying to get by everywhere. First World vs. Third World (or Second World) creates issues of privilege. Just like different kinds of background, experience, heritage make for issues of disconnect within a common country or region. Why are people stupid enough to vote for or even work with racist rightist arseholes in Hitler-spawning Austria? Austria-Hungary-Germany whatever? My friends in China try to get by. Like people everywhere. Some get to express how they detest the state they are in. Some more than others. Like people anywhere, more or less. Some have their audience, as famous poets or fiction writers. Yes, things have improved very much in Taiwan, and in China there is the same repression going on in some ways. Yes, everyone is taking part more or less, including foreigners. All in all, foreign media is a good influence. Most of it. Everywhere probably, in every country, reporting from any outsider’s stance or background can be very refreshing. I was privileged in Taiwan and in China, in Eastern Europe, even in America. On the other hand, I am in between. Every day I talk and work with people and texts from different worlds. It’s a great life, all in all.
they have a free ferry in świnoujście
one of the best things in this town
don’t know how much you have to pay
if you bring your car
guess there are monthly passes
or some permanent card
everyone needs to cross
at the mouth of the river świna
there is no bridge
the seaside is a little like latvia
except for the trees
we didn’t see any blueberries either
but the baltic sea and the sand
and the sun in summer are much the same
and also the rain
the wind is strong
the park is beautiful
they destroyed more than half of this town
in world war two
there is a church tower
without a church
a café in the tower
there is one central square
with some old houses
a fountain for kids
streets are named after national heroes
from solidarity and from before
train station is on the other side
the ferry is one of the best things in town
er ist zoologe
zuerst war er soldat
mit 15 log er über sein alter, kam in die armee der republik
bis heute ist sein alter ein rätsel
er kämpfte in vietnam gegen franzosen
damals gab es die ganze zeit krieg
durch die kanonen bei dien bien phu
hörte er nichts mehr, obwohl sie dann siegten
später wurde er forscher
durchs qinling-gebirge, auf die hochebene
erforschte die yaks und moschushirsche der republik
durchquerte alaska mit amerikanischen imperialisten
obwohl er jetzt nicht mehr weiß ob der nordpol im meer ist
im alter betrogen ihn die betrüger der republik um den familienbesitz
leider zweifelt er noch an der polizei
sounds of bombs
falling
from the west
along
the fields
still without crops
coming
to the city
a tiny tremble
very tiny
no-one feels it
except
a baby
who cannot sleep
am muttertag
wird
beim eintritt
in die
russische raumfähre
der befreiung
die außer
vor 70 jahren
kontrolle
atmosphäre
von mauthausen
gedacht
geratene
ist verglüht
zuerst hab ich gedacht
hillary hält sich die hand vor den mund
weil die navy seals
wehrlose töten
dann hab ich gelesen
der eine hubschrauber
ist beim landen gecrashed.
das war der moment
der gimpflich ausging.
MW April 2015
SITUATION ROOM
at first I thought
hillary puts her hand on her mouth
because the navy seals
are killing women
and unarmed men
around bin laden.
later I read in a book
a helicopter crashed
that was the moment
when no-one was hurt.
die erde bebt
als ob der himmel brennt
walter
du stehst am brückenkopf
hörst die kirchenglocken
ein schlag nach dem andern
unter den parteistandarten
die altstadt ein haufen ruinen
walter
du weißt was du gebrauchst
ist nicht mehr ein kennwort
was verteidigt werden muss
ist auch nicht nur
der boden
es ist der wind
ob er durchwehen kann
die gassen in feindeshand
zwischen verlassenen
häusern hindurch
auch wenn nur eine
eidechse überbleibt
spricht sie serbokroatisch
vielleicht bleiben nach einer explosion
nur noch kreisende mücken
aber du musst dich dennoch anzünden
walter walter
die erde bebt
als ob der himmel brennt
anyone who is for
masters of war
what should u do with them?
I’d rather not
give him a prize.
MW 2015/1
KUBIN
anyone who is for
the chinese government
against ai weiwei
anyone who pretends
no-one gets disappeared
there is justice in china
what should u do with them?
I’d start with naming one.
I say, there are some films and TV-series nowadays not bad at all,
like those hand-pulled demons.
Pulling those demons comes after the demons chop down people,
comes after they are still happy from having chopped down people.
Those Japanese demons come from across the sea,
they loose their souls anyway on the long journey.
Actually, I have only seen chicken ripped apart with bare hands,
they also have duck meat in handy bits, and then pulled beef, pork, dog legs.
“Pulled demons”, must be the will of the gods.
Pulled demons, that’s really not very easy.
If we see them one day, let us have some together!
IMAGINE
you might as well give up the ghost
of a chance for change in this land
change has been very fast in this land for a while
you won’t recognize a road or a house
or a street is gone that you knew very well
a decade ago or maybe a week.
sometimes the wind clears up the smog
and you can see the sky, or even the hills
and the ranges farther afield with the walls.
there are no wars. this land is peaceful.
the army is the largest by far. there are no tanks.
a tank was burnt and some soldiers were killed.
imagine there’s no heavenly peace
and no rulers above us.
there is only sky and a kite and the doves.
it’s easy if you try.
imagine all the people …
MW January 2014
er und sie
sind daheim
und sie streiten
deine mutter
nein die deine
fick deine mutter
du fick deine
du fick zuerst wenn du kannst
er beginnt dinge zu zerbrechen
sie bleibt ihm nichts schuldig
hebt etwas billiges auf und wirft es
am ende sind beide müde
keuchend
liegen sie da
einerseits schimpfend
andererseits fickend
bis es erlischt
das feuer des krieges
ein vogel sein
ein vogel im baum
im baum auf der mauer
auf der mauer am fluss
in der sonne im november
ein vogel sein
eine ente im fluss
ein schmetterling
ein löwenzahn
oder ein mann
oder ein großer glänzender baum
györ ist eine schöne stadt
das essen ist köstlich
die therme ist herrlich
es gibt ein wunderschönes konzerthaus
was du ererbt hast von deinen vätern
erwirb es um es zu besitzen
ein schönes konzerthaus
ererbt von den toten
eine große synagoge
ein modernes konzerthaus
fast so groß wie das in wien
nur ohne deutschtum an der fassade
vielleicht spielen sie auch wagner
in der schule an der seite
existiert eine kleine gemeinde
aus dieser kleinstadt
wurden 5000 in ausschwitz vergast
auch viele kinder
györ ist eine schöne stadt
es gibt ein theater mit vasarely
an der fassade vorne und hinten
von oben wirkt es wie eine schanze
vom turm des priesterseminars
eine chance für die kultur
wir sahen ein wunderschönes ballett
mendelssohns sommernachtstraum
sokrates sagte in politeia
es brauche eine gemeinde
eine stadt beschützt von den göttern
von etwas gutem
etwas gedacht als gütige gottheit
gott der gerechten
es gibt die kirchen
es gab auch märtyrer unter den priestern
der bischof beschützte frauen im keller
und wurde erschossen
sokrates sagte in politeia
dass ein einzelner gerecht sei
sei nicht begründet
in einzelnen menschen
sondern in der ganzen gemeinde
in einem gott der ganzen stadt
was du ererbt hast von deinen vätern
erwirb es um es zu besitzen
ererbt von den toten
trebic und györ
mikulov und kosice
friedhof altstadt synagoge
viele juden fielen im weltkrieg
im ersten weltkrieg
für österreich-ungarn
oder für deutschland
was 1944 geschah
deportation und dann die bomben
das leben danach
in kleinen städten ist es recht deutlich
györ ist eine schöne stadt
das essen ist köstlich
die therme ist herrlich
es gibt ein wunderschönes konzerthaus
AERGER
aerger noch aerger noch aerger noch aerger rauch aerger noch aerger noch aerger jedes jahr fuer jahrzehnte aerger organisation gegen organisation alle machen mit es gibt endlich nach 70 jahren am 8. mai in wien am heldenplatz einen sieg mit musik mit dem heer mit ueberlebenden mit einer freude von beethoven strauss einem tanz einem stolz
One call
One pine
One snowy path
The wind in the pine
The pines on the square
The crows in the air
The snow all around
The monument. To end the war.
As futile as easter.
Quite lasting, you know.
The sun from afar.
Thank you, 20th century
We all grew up some time with you
I was born and grew up too
In your arms I feel at home
In your last year
You are generous
To set me free
One hundred years
Two world wars
Cold war east-west
Countless other wars and conflicts
I don’t have much experience
I carried my gun
Two years military service
Thank heavens
I stayed alive
One hundred years
One economic depression
America’s streets full of beggars
Some nations went hungry
Russia and China adopted
Communism
I have only shallow experience
When I was small
There was no rice
But there were dried sweet potatoes
Thank you
I didn’t stay hungry
Although malnourished
There was political tragedy
Military dictators
Even governing through terror
Countless people
Went to jail
Wailing was heard on
The earth’s every corner
I have limited experience
Held and carried
Flags and banners
Walked in streets
Of silent protests
There was art in various ways
Dadaists and surrealists
Stream of consciousness, expressionism
Existentialism, postmodernism
Baffling and shouting, collapsing
Suicide and going crazy
I don’t have much experience
Still at my desk
With simple words
Writing my poems
I went to Grandpa’s grave
One hundred years of graves and mounds
Thousands and millions
Buried simply
Left in the 20th century
Wrongs and grievances abroad
I don’t know much and beg your pardon
I went through this time
And stayed alive
20th century
I don’t count as your victim
Listen, century
I’m not qualified
To raise my voice
In blame
But begging your pardon
At night when the Milky Way blazes
Raising my head
I often think of
Flying away
Tr. Martin Winter, Jan. 2013
With help from Khinhuann Li 李勤岸
warum drucken sie, verbreiten sie alle,
was legitim ist und waffenverkaeufen
begegnet, die fragwuerdig sind?
nichts anderes tut grass. mit einem gedicht
gegen die tatsache, dass deutschland
u-boote an israel liefert,
die fuer atomraketen gebaut sind.
sollte deutschland das tun?
viele, die aufwuchsen
unter raketen
mit vaetern,
als kinder gebrannt
von verbrechen bekannter
und oder verschollener vaeter;
manche, die aufwachsen unter raketen
die immer noch da sind
verstehen wahrscheinlich
dass jemand angst hat.
ob israel anlagen im iran
aus denen atomwaffen kommen koennten
bombardieren sollte
hat grass nicht gesagt.
er wollte kontrolle
iranischer atomanlagen,
israelischer bomben.
das ist legitim.
koennen gedichte
so etwas bewirken?
aufmerksamkeit
ist jedenfalls da.
MW Ostermontag, 9. April 2012
“Was gesagt werden muss” von Günter Grass hat mich inspiriert, es war in der Zeitung, zu Ostern, am Ostersonntag in Österreich, ein bisschen später als in Deutschland. Ich habe die Silben gezählt, die meisten Zeilen haben ungefähr zehn. Ich höre immer auf einen Rhythmus.
Mich erinnert dieser Text von Grass an die Friedensbewegung, also an die 80er Jahre, ungefähr 1984, da war ich 18. Da hab ich an meiner ersten Demo teilgenommen, mit meiner Russischlehrerin. Vielleicht war es zu Ostern, es gab die Ostermärsche der Friedensbewegung, gegen die neuerliche Aufrüstung mit Atomraketen. Auf der Seite der Rechten, also nicht nur bei den Republikanern in Amerika, sondern auch bei den Leuten, die in Deutschland, Frankreich etc. an der Macht sind- hoffentlich ändert sich das bald, hoppauf, Holland! – auf der Seite der Rechten hatte Reagan recht, der habe mit diesen Pershing-Raketen (Petting statt Pershing, ein Slogan von damals) Gorbatschow besiegt. In Wirklichkeit war Gorbatschow der Gute, und Reagan der Böse. Relativ halt. Russisch war ein Wahlpflichtfach in meiner Mittelschule. Realgymnasium, Schwerpunkt Mathematik. Leider. Latein wär besser gewesen, weiss man nachher. Russisch war gut. Aus Ungarn, die Lehrerin. Frau Professor Elisabeth Waldmann, unterrichtet noch dort, soviel ich weiss. Deutsch, hauptsächlich. Hatte sie studiert, in Ungarn. Unlängst war ein Interview im Radio, mit György Dalos, Romancier und Gorbatschow-Biograph. Dass die Auflösung des Warschauer Pakts und die Desintegration der Sowjetunion relativ unblutig waren – im Vergleich zu den Jugoslawienkriegen der 90er Jahre- , dafür müsse man Gorbatschow danken. Klang recht schlüssig. Dalos war damals sehr aktiv, als Oppositioneller in Ungarn in den 80er Jahren, mit vielen Kontakten in die DDR. Und jetzt kann er wahrscheinlich recht gut einschätzen, wieviel schöner es für Ungarn wäre, jemanden wie den jetzigen BRD-Präsidenten Gauck an der Spitze zu haben, als jemanden, der seine Doktorarbeit abgeschrieben hat und auch deshalb als schwaches Aushängeschild der rechtspopulistischen Regierung angesehen wird.
Grass regt zum Nachdenken an. Und zwar sehr viele. Das ist schon nicht wenig. Er hat halt Angst vor Atomraketen und vermisst die Ostermärsche der Friedensbewegung. Glaubt er, dass Israel den Weltfrieden bedroht? Klingt absurd, wahrscheinlich auch für ihn. Atomraketen sind böse, generell. Raketen überall, ausser auf dem Mond, vielleicht. Aber, aber ….
Nix aber. Grass hat halt Angst. Und erinnert (sich) an die 80er Jahre. Pessach und Ostern und Frieden sind halt verknüpft. Das ist nicht seine Schuld. Ausser, dass er halt im Krieg war, als Deutscher. Auf der falschen Seite, das sagt er eh. Aber er hat halt was Arges verschwiegen, und war derweil sehr viel politisch aktiv.
Und mir ist halt die Sprache wichtig, deshalb derweil. Wie bei Robert Schindel. Ciao derweil.
Upstairs in the Pinkas Synagogue at the Old Jewish Cemetery of Prague, they have a collection of children’s art works from Theresienstadt (Terezin), where the Jews from Bohemia, Moravia and other regions were imprisoned before further deportation. Very few children, about 100 of 50.000, survived. I don’t remember the exact numbers, please check the links in the pictures, there is a lot of information, and there are pictures of the synagogues in Prague, some of the children’s art works, and so on. At the other end of the Old Jewish cemetery, at the Klausen Synagogue, in a glass case somewhere among the explanations about Jewish holidays, customs and traditions, was a little poem that begins with “Jsem žid“, “I am Jewish”. It was written by František Bass, or Franz Bass, don’t know how they called him at home. Franz Bass sounds very much like Franz Kafka. Many Jews spoke German, or Jiddish, others spoke Czech, many spoke and wrote all three and more. František Bass was 11 years old. The poem is not very long, and rather conventional, as a patriotic poem. It is very forceful, very powerful, in the circumstances. So I wrote it down, in Czech, tried to copy all those letters and symbols exactly. There was an English translation next to the original poem. But although I don’t speak Czech, I could tell that the original was a real poem, there is economy in the words, there are very few words compared to the clumsy translation. I wrote it down, and a few days later I got around to Google the poem. So I found this paper online, a thesis or a dissertation at a Czech university, just a text file. The little poem by Franz Bass is quoted in full, and it is put in context with another poem by the 14-year-old Hanuš Hachenburg. Hanush Hachenburg asks, asks himself and the listener what he his, which country or nation he could belong to. He should be Czech, at least he writes in Czech. But no, Hachenburg is answered by Frantishek Bass, he can only say for certain that he’s Jewish. And you can be proud of being Jewish, says Frantishek Bass. That’s what his poem is about, so I’ve called it patriotic. I think it’s very powerful. Jsem žid a židem zůstanu, i když já hlady umírati budu, tak nepodám se národu. I am Jewish, I will stay Jewish, even if I die of hunger, I won’t give up my nation. Or I won’t give in to any other nation, it doesn’t really matter, you’ll see. Bojovat já vždy budu, za můj národ na mou čest, Nikdy se stydět nebudu, za můj národ na mou čest. I’ll always be fighting, for my nation, on my honor. I’ll never be ashamed of my nation, on my honor. Big words. I grew up in Austria, and I’ve lived in China for a long while, and there is ample reason in Austria and in China and in many other places to be suspicious of such words. But in this Czech Jewish poem, they are different words, their meaning is different. Pyšný já jsem na svůj národ, jakou má ten národ čest. I am proud of my nation, an honorful nation. Vždy já budu utlačený, Vždy já budu zase žít. I will always be oppressed and killed, and I’ll always live again.